Beat!Beat!Beat!

Beat!Beat!Beat! © Richard-Mohlmann-Records

Mit ihrer EP "Stars" lassen die vier Jungs aus Viersen momentan die deutschen Indie-Herzen höher schlagen. regioactive.de traf Beat!Beat!Beat! am 21. November vor ihrem Auftritt im Magnet Club in Berlin und sprach mit dem Bassisten Tim und dem Schlagzeuger Marius über ihre musikalische Entwicklung, ihre EP "Stars", über das Tourleben, Konzerte und was die selbst aus einem kleinen Ort stammende Band von der Förderung junger Nachwuchsmusiker hält.

{image}RA: Wie habt ihr euch kennengelernt?
Marius: Vor Beat!Beat!Beat! haben wir alle schon in anderen Bands gespielt, ich zum Beispiel zusammen mit Moritz, unserem Gitarristen. Damals habe ich gesungen, jetzt spiele ich ja Schlagzeug. Danach war ich mit Joshua in einem Bandprojekt und dann haben wir wieder alle in anderen Bands gespielt. Als wir dann Lust auf etwas Neues hatten, haben wir Beat!Beat!Beat! gegründet. Wir kannten uns damals alle schon halbwegs durch die Schule und anfangs hatten wir es eigentlich als Spaßprojekt angesehen. Dann haben wir uns aber einmal getroffen und Beat!Beat!Beat! wurde zu unserem Hauptprojekt.

Wie seid ihr allgemein mit Musik in Verbindung gekommen?

Tim: Ich bin eigentlich immer damit aufgewachsen, weil mein Vater Musiker ist. Irgendwie wurde es mir in die Wiege gelegt. Nur, dass er eben in einer ganz anderen Richtung Musik macht.

Was macht er?

Tim: Er spielt ein Blasinstrument, ist im Orchester und spielt auch noch in einer Jazzband.

Marius: Wir waren beide in einer Klasse und es gab eine Zeit, in der viele mit Instrumenten angefangen haben. Später waren wir dann in einer Band, die, glaube ich, sogar unsere erste Band war. Genauer gesagt war es eine Coverband, in der ich Schlagzeug gespielt habe, Tim Bass und andere aus der Klasse eben Gitarre. Das ist jetzt schon lange her. Aber das war wie so eine Welle, wo auf einmal alle mit Musik angefangen haben.

Tim: Das ging im Endeffekt von Hip Hop bis zur Popmusik.

{image}Euer Bandname lautet ja Beat!Beat!Beat! Wie kamt ihr auf diesen Namen? Entstand dieser vielleicht durch die gleichnamige Fernsehsendung aus den sechziger Jahren?

Marius: Nein. Eigentlich kamen wir nur auf den Namen, weil wir dachten, dass dieser Name einfach cool klingt. Deswegen gibt es dazu eigentlich keinen bestimmten Grund und keine Geschichte.

Tim: Den Namen fanden wir schön plakativ.

Marius: Ja, zu der Musik, die wir damals gemacht haben, hat es noch besser gepasst, weil wir noch ein bisschen elektronischere Musik gemacht haben. Da waren die Synthesizer nicht nur Begleitung, wir haben auch die Hauptmelodie auf die Synthesizer gelegt.

Tim: Es war damals einfach mehr Partymusik.

Marius: Und wir haben es damals nicht so ernst genommen. Natürlich wollten wir immer mehr Konzerte spielen, aber es war eben am Anfang nur ein Projekt, auf das wir Bock hatten. Und deswegen hat Beat!Beat!Beat! damals auch viel besser gepasst. Aber wir behielten den Bandnamen dennoch bis heute, weil uns bewusst ist, dass der Name  heraussticht. Es gibt im Moment so viele Bandnamen, an die man sich kurze Zeit später nicht mehr erinnern kann. Aber wenn man den Namen Beat!Beat!Beat! hört, dann glauben wir, dass man das behält.

Der Name soll sich also einhämmern. Wie ein Beat in der elektronischen Musik?

Marius: Genau! Das ganze Plakative passt ja auch irgendwie besser zur Elektro-Welt. Aber naja, wir haben den Namen dennoch behalten. Er klang und klingt einfach cool!

Eure neue EP heißt ja Stars. Glaubt ihr, dass ihr schon nach den Sternen greifen könnt?

Marius: Naja, selbst wenn auf unsere Clubkonzerte immer mehr Leute kommen, ist das noch lange kein Riesenerfolg. Wir sind jetzt vor allem erst einmal froh, dass wir in Clubs spielen können. Ich wäre zur Zeit in jedem Fall schon damit zufrieden, wenn es auf diesem Status weitergeht. Denn wir haben nicht unbedingt den Ansporn, riesengroß zu werden. Es muss sich vielmehr erst einmal alles finanzieren lassen, so dass wir aufnehmen und touren und weiterhin Spaß an der Sache haben können. Das stand und steht bei uns im Vordergrund. Eine Band aus Deutschland, die touren und ihre Alben aufnehmen kann, gilt als etabliert. Das möchten wir gerne sein.

Wie kann man sich denn die Aufnahmen eurer Songs vorstellen? Experimentiert ihr viel oder arbeitet ihr mehr mit dem Computer?

Marius: Die Stars EP haben wir im Proberaum alleine aufgenommen. Ohne irgendwelche Produzenten oder andere Personen. Das hat uns gefallen, weil wir so genug Zeit hatten, Sachen auszuprobieren. Ich finde es nicht gut, wenn man ins Studio geht, seine Songs hat und diese dann einfach runter spielt und beim Aufnehmen kein Prozess vom Songschreiben mehr da ist. Klar, eine Basis muss da sein, aber es war angenehm, dass wir rumspielen konnten, wie wir wollten und es dann beim Aufnehmen anhören und gucken konnten, welche Effekte wir auf die Musik legen.

Tim: Wir hatten keine Termine oder eine Deadline. Wir konnten uns so viel Zeit lassen, wie wir wollten. Und so konnten wir in jeden Song so viel Zeit investieren, wie wir wollten, bis er fertig war.

Marius: Gerade wenn man nur ein Wochenende im Studio hat, stelle ich es mir ultra stressig vor, dass man ganz genau weiß, man muss zu einem bestimmten Tag alles fertig haben, hat dafür aber nur drei Tage Zeit.

Tim: Wir mussten keine Kompromisse eingehen. Das hat uns gefallen.

Auf eurer EP gibt es auch zwei Remixe. Einer davon stammt von der britischen Band The Cinematics. Wie kam es dazu?

Marius: Unser Manager ist der Tour-Manager von The Cinematics und da ich mal auf einer Holland-Tournee Gitarrentechniker von ihnen war, kannte ich die Bandmitglieder alle schon ein bisschen. Dann haben wir uns öfter gesehen und spielen nun im Februar und März nächsten Jahres als Support von ihnen auf einer Mini-Holland-Tour. Wir verstehen uns alle ziemlich gut. Nur den schottischen Akzent müssen wir noch ein bisschen besser verstehen lernen...

Wenn man eure Musik beschreibt, dann fallen oft die Begriffe Wave, Indie, Shoegaze usw. Was haltet ihr von solchen Kategorisierungen?

Marius: Wir würden uns nie selbst als irgendetwas bezeichnen, aber wenn andere Spaß daran haben. Wenn ich eine Band höre, mache ich es ja genauso. Deswegen nehmen wir es keinem übel, wenn er sagt, dass es so oder so klingt. Irgendwie muss man solche Kategorisierungen ja vornehmen. Keiner wird sagen, dass man unsere Musik noch nie gehört habe und dass dies etwas Neues wäre, wir haben ja auch unsere Einflüsse. Unsere Musik ist nichts Revolutionäres. Wir wollen einfach nur eine coole Band sein! Wir haben nicht den Anspruch, etwas zu machen, was noch nie dagewesen ist. Denn selbst die Bands, die man jetzt als Referenz nimmt: Als die angefangen haben, hat sie auch jeder eingeordnet. Man macht das eben immer und von daher sind diese Kategorisierungen vollkommen ok.

Tim: Ich finde das nur ziemlich schwierig bei Bands, die ihren Sound stark wandeln. Wir haben das ja jetzt genauso gemacht und was du gerade eben mit Wave gesagt hast: Du kannst ja noch nicht einmal die alten und neuen Songs in eine Schublade stecken. Und die Songs unter sich unterscheiden sich ja auch schon.

{image}Könntet ihr oder wie würdet ihr eure Musik denn in eigenen Worten beschreiben?

Tim: Ich würde sie einfach als tanzbare Popmusik beschreiben.

Marius: Popmusik, die durchaus auch auf Partys spielbar ist. So, wie wir es auch auf unserer Tour vesuchen. Aber Tanzmusik, die dennoch immer auch um Ecken gedacht und gespielt wird. Es soll nie zu platt sein, aber auch nicht zu verkopft. Die Musik soll immer schön nach vorne gehen. Es soll Pop sein, der durch verschiedene Effekte angereichert wird.

Ihr seid mit eurer EP ja schon seit mehreren Wochen auf Tour. Was gefällt euch beim Touren am meisten?

Marius: Eigentlich hatten wir ja gerade fast einen Monat Pause gehabt. Den großen Block hatten wir im Oktober und das jetzt zählt noch als Zugabe. Aber schon im Oktober war es cool, jeden Abend etwas Neues zu erleben. So haben wir jeden Abend nette Leute kennengelernt, hatten einen coolen Sound und dann hatten wir auch noch den Luxus, dass sich ständig Leute um uns gekümmert haben. Natürlich haben wir auch gemerkt, dass es total anstrengend sein kann. So gab es viele Momente, wo wir dachten: "Jetzt nicht schon wieder der gleiche Tagesablauf!". Denn du musst wissen, dass das Touren und die Konzerte  einfach total anstrengend sind, auch wenn man sich vornimmt, dass man keine Party macht. Denn eigentlich trinkt man fast immer seine Biere oder macht andee Dinge.

Tim: Aber obwohl man jeden Abend das Gleiche macht, ist jeder Abend dennoch anders. Es geht immer wieder in eine andere Richtung und es gibt immer wieder was Neues zu erleben.

Marius: Und gerade bevor man was anderes aufnimmt, wie wir das bald jetzt mit einem Album tun, ist es meiner Meinung nach wichtig, wenn man sich auf Tour musikalisch noch besser kennenlernt und routinierter wird, was das Zusammenspiel angeht.

Und was war für euch bisher der schönste Moment auf Tour und als Band?

Marius: Ein Highlight war auf jeden Fall das Konzert auf dem Dockville Festival vor 2000 Leuten und unter herrlichem Sonnenschein.

Tim: Naja, ich finde, man muss immer unterscheiden zwischen Festivals und Clubgigs.

Marius: Ja, aber ich finde, das Dockville Festival war auf jeden Fall ein Moment, der richtig gut war. Und ansonsten gab es auf der Tour auch noch einige coole Partykonzerte. Wobei das damit natürlich immer so eine Sache ist. In München haben wir zum Beispiel eine Headliner-Show gespielt, wo über hundert Leute kamen, die alle nur für uns den Eintritt bezahlt haben. Wenn man weiß, dass sie für einen da sind und nicht nur Party machen, sondern unsere Musik hören wollen, ist das natürlich großartig. Aber Partygigs können andererseits genauso geil sein, wenn man um 1 Uhr nachts auf die Bühne geht und alle Zuschauer schon total betrunken sind.

Tim: Ich glaube, wir sind immer ziemlich abhängig vom Publikum. Das ist wie ein Spiegel. Wenn das Publikum gut drauf ist, dann sind wir es oft auch.

Marius: Das stimmt! Wenn die Stimmung im Publikum nicht gut ist und die Leute außenrum stehen, dann spielen wir meistens auch schlecht. Das ist wirklich so! Wenn dagegen volles Haus ist, dann sind wir alleine deswegen schon voller Endorphine. Man ist dann so aufgeregt, dass man weiß, dass es jetzt gleich drauf ankommt. Dann verspielt man sich meistens auch nicht. Aber wenn dann andererseits kaum Zuschauer auf dem Konzert sind, dann hat man selbst auch nicht so viel Lust. Das haben wir zum Beispiel in Nürnberg gemerkt. Da haben wir am Tag zuvor auf einem riesengroßen Partygig in Hannover gespielt und am nächsten Tag in Nürnberg, wo nur nur 30-40 Leute da waren. Im Prinzip ist das ja nicht mal so schlecht, weil so kleine Gigs einfach dazugehören und wir nicht sagen, dass wir nur noch vor Dutzenden von Menschen spielen wollen, aber da hat man gemerkt, dass wir dann selbst nicht so enthusiastisch waren.

Tim: Es war nicht nur die Tatsache, dass  in Nürnberg weniger Leute waren. Es war auch ein ganz anderes Publikum. Die waren zwar interessiert und wollten sich die Musik mal anhören, aber sie sind jetzt nicht von Anfang an mitgegangen. Dann ist es für uns immer schwieriger.

Spielt ihr also lieber auf Festivals vor vielen Menschen oder eher Konzerte in kleinen Clubs?

Marius: Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Ich mag eigentlich beides sehr gerne, denn beides hat seine Vorteile. Auf Festivals sind eben total viele Leute, die die Musik noch nie gehört haben, aber man hat trotzdem seine 20-30 Leute vorne, die jeden Song kennen. Aber andererseits sind darunter auch total viele Menschen, die einfach nur dastehen. Das ist aber gleichzeitig auch das Gute an Festivals, weil viele Leute die Musik neu kennenlernen können. Aber im Club ist die Stimmung eben gerade zum Ende des Sets so, wie sie es auf Festivals nie werden wird. Von daher ist eigentlich beides cool. Und Festivalgigs im Clubrahmen gibt es ja auch noch. Wenn man zum Beispiel beim Haldern im Spiegelzelt spielt. Dann ist es dort fast schon clubmäßig und beide Arten des Auftritts überschneiden sich. Ich finde, eigentlich machen alle Gigs Spaß, auf die Leute kommen, die die Musik anhören wollen. Festivals sind dann im Sommer natürlich nochmal etwas ganz Besonderes.

Ihr stammt ja aus dem Dorf Viersen. Wie war das Gefühl, als ihr das erste Mal dort raus seid und durch die große, weite Welt getourt seid?

Marius: Das kam eigentlich gar nicht mal so plötzlich, sondern wurde stetig mehr. Ich weiß noch, wie wir im März/April 2008 unsere ersten Gigs hatten. Ich glaube, die ersten beiden Gigs in Großstädten waren zuerst in München und dann in Hamburg. Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir darauf wirklich einen Monat lang hin gefiebert haben und uns auf diese Tage gefreut haben. Das wurde dann immer regelmäßiger, dass wir in große Städte gingen. Es ist auf jeden Fall immer ein Erlebnis. Wenn man wie wir gerade wieder einen Monat zu Hause war und dort runterkommen konnte und dann plötzlich wieder gestern nach Hamburg, heute nach Berlin und am Montag nach Köln fährt und damit durch die drei größten Konzertstädte Deutschlands reist, ist das einfach ein Glücksgefühl. Gerade weil wir aus einem Dorf kommen, ist das ein besonderes Erlebnis. Ich glaube, wenn wir Großstadtkinder wären, dann würde es uns nicht so stark beeindrucken.

{image}Wie genau unterscheidet sich das Leben auf dem Dorf vom Leben auf Tour?

Marius: Ich weiß nicht. Ich habe das schon gestern in einem Interview angesprochen, dass, als ich noch in der Schule war – ich und Tim haben im letzten Jahr Abi gemacht – es eigentlich immer ganz angenehm war, dass man da nicht so der Typ im Mittelpunkt war. In unserer Stufe wussten das mit der Musik sowieso nicht so viele Leute. Auch wenn es natürlich cool war und ist, am Wochenende bei den Auftritten auf der Bühne zu stehen. Ich finde es eigentlich total angenehm, in Viersen ein normales Leben zu haben.

Tim: Auf jeden Fall ist das gut für das Ego.

Marius: Ich glaube, wenn wir jetzt in Berlin, wie ein paar andere Bands, eine Bandwohnung hätten und immer nur auf Musik fixiert und unterwegs wären, dann würden wir schnell den Überblick verlieren.

Wollt ihr dennoch irgendwann nach Berlin ziehen?

Marius: Für Joshua, unserem Sänger in der Band, war es eigentlich klar, aber wir haben den Plan dann aus verschiedenen Gründen doch aufgegeben. Weil wir erstens gerade einen neuen Proberaum außerhalb von Viersen bekommen haben und zweitens nicht wissen, wo Tim und ich vielleicht irgendwo hinziehen werden, wenn das nächste Semester im Oktober anfängt. Bis dahin werden wir auf jeden Fall noch in Viersen bleiben. Und danach schauen wir mal. Vielleicht werden wir umziehen, vielleicht aber auch bleiben. Das weiß ich noch nicht.

Und was bedeuten für euch Konzerte so ganz allgemein?

Marius: Ich denke, wenn wir im Proberaum sind und die Songs für uns spielen, dann ist das natürlich ein Wahnsinnsgefühl, wenn man das anderen Leuten präsentieren kann. Denn man ist auf das, was man geschaffen hat, einfach stolz und dann ist man eben auch auf Konzerten ziemlich stolz, wenn da nur ein Lied ist, das die Zuschauer richtig mögen. Und wenn da ein ganzer Club oder ein Festivalpublikum dir zuhört, ist das natürlich noch besser.

Manchmal überrascht es, dass junge Bands schon so viel von Technik verstehen und recht abgeklärt sind, was die Medien und das Musikbusiness angeht. Wie oder von wem habt ihr das gelernt?

Marius: Wir haben da mit Mikey (Michael Macdonald), unserem Tour-Manager, Glück gehabt. Ich weiß noch, wie wir einen Gig in Köln hatten und ihn dort kennenlernten. Da stand nämlich gerade aus, ob wir zu einer Booking-Agentur gehen, die direkt zwanzig Prozent genommen hätte. Da hat Mikey von Anfang an zu uns gesagt, dass wir das nicht machen sollen, sondern er uns zeigen würde, wie das geht und dass er erst einmal umsonst für uns das Booking machen würde und uns in alles langsam reinführen könnte. Das war auf jeden Fall eine große Hilfe, denn ich glaube, sonst hätteen wir das mit der Booking-Agentur auf jeden Fall gemacht.

Tim: Auf jeden Fall wären wir sonst in alles blind hineingelaufen, denn wir haben eigentlich in solchen Sachen immer noch nicht die große Ahnung. Langsam kommt es aber.

Marius: Und gerade deswegen oder fast nur deswegen ist eine solche Hilfe sinnvoll. Vor allem weil Mikey schon seit mehreren Jahren im Geschäft ist und wenn er irgendeinen Namen hört oft sofort weiß, dass wir das machen oder bleiben lassen sollen. Er weiß, was gut und nicht gut für die Band ist. Und da geht es überhaupt nicht darum, groß zu werden. So war Mikey gar nicht mal selbst so sehr für den Manager-Deal letztes Jahr. Wir hatten ja Kontakt zu Universal, aber daraus ist nichts geworden, weil von beiden Seiten dann doch nicht mehr so ein starkes Interesse vorhanden war. Er will einfach nur, dass wir in einem guten Umfeld arbeiten können. Und dafür ist es perfekt, ein solches Management zu haben. Denn bei Universal sitzen zwar die A&Rs in ihrer Abteilung und versuchen ständig, junge Bands heranzuziehen. Doch man sieht an einer befreundeten Band, die schon vor 2 Jahren etwas mit Universal ausgehandelt hat und dort dann auch unterschrieben hat, aber jetzt erst so langsam anfängt, Supportgigs zu spielen, dass dort viel versprochen, aber nicht viel eingehalten wird. Das haben wir eben selbst gemerkt und waren davon deswegen auch relativ schnell davon nicht mehr so begeistert. Zum Glück sind wir jetzt bei Richard-Mohlmann-Records. Das ist ein Label vom Muff-Potter-Gitarristen mit Bands wie Ghost Of Tom Joad und vier, fünf weiteren Gruppen. Dort ist es einfach super! Denn man merkt einfach, dass da jemand ist, der sich um einen kümmert und dem es erst einmal nicht unbedingt so auf das Geld ankommt, sondern uns zunächst weiterbringen will. Deswegen ist ein Indie-Label für uns oder eine Band unserer Größe im Moment auf jeden Fall viel besser, als ein Major Label. Wir sind mit unserem Label im Moment sehr zufrieden. Deshalb möchten wir das Album im März/April dann auch mit ihnen zusammen aufnehmen.

Habt ihr denn auch schon neue Songs geschrieben?

Marius: Wir haben zwei neue Songs, die allerdings noch nicht aufgenommen sind sowie ein paar weitere Ideen, die wir zu Hause aufgenommen haben. Wir werden auf jeden Fall intensiv an der Platte arbeiten. Deswegen haben wir im Januar und Februar auch keine Gigs oder werden nur vereinzelt spielen, damit wir unser Equipment wirklich im Proberaum haben und gut arbeiten können. Denn Gigs waren in der Vergangenheit manchmal auch ein Fluch, durch welche wir nicht weitergekommen sind. So haben wir Woche für Woche Gigs gespielt und jede Probe war praktisch eine Generalprobe für den nächsten Auftritt, weswegen man dann wiederum nicht richtig zum Songschreiben kam. Ich finde, man braucht einfach Ruhe und muss wissen, dass man jetzt zwei Monate Zeit hat und keine Deadline vorgesetzt bekommt. Und deswegen haben wir uns jetzt erst einmal ein bisschen frei genommen. So brauchten wir auch im Sommer, als wir die EP aufgenommen und die Songs Stars und We Are Waves geschrieben haben, ein oder zwei Monate Zeit, um erst einmal die Gedanken als Band richtig frei zu haben.

Apropos Sommer! Die EP scheint mir ja auch sehr sommerbetont!

Marius: Ja, das stimmt! Den Gesang haben wir zum Beispiel draußen aufgenommen, nachdem wir die Instrumente aufgenommen haben. Man sollte spüren, dass alles mit Spaß im Sommer aufgenommen worden ist. Gerade beim Chor von Fireworks zeigt sich das. Da haben wir eine Proberaum-Party veranstaltet und allen gesagt, dass wir jetzt hier den Chor für Fireworks einsingen wollen. Aber vielleicht taten wir es auch nur, weil wir wussten, dass jetzt ein Album kommt, das komplett im Studio aufgenommen wird. Da wollten wir hier nochmal mit Freunden die Vorteile von einer Proberaum-Aufnahme ausnutzen.

{image}Nun zu einem anderem Thema: Mit welcher Band würdet ihr gerne einmal touren?

Marius: Ich glaube, es müsste keine große Band sein, sondern es sollten eher so Bands wie Tokyo Police Club sein. Also eher mit kleinen Indie-Bands, die wir selber richtig cool finden.

Tim: Am besten mit einer Band, mit der wir uns gut verstehen und auch Spaß untereinander haben.

Marius: Ich weiß nicht, aber ich glaube, die Kilians haben jetzt Coldplay supportet. Das wäre nichts für uns, so ein riesengroßes Stadion zu bespielen. Denn wenn wir uns steigern wollen, dann langsam. Wir müssen nicht plötzlich ein riesengroßer Support sein. Es reicht, wenn es mit dem Indie-Label langsam nach oben geht.

Habt ihr denn auch Vorbilder, die euch richtig geprägt haben?

Marius: Es gibt viele Bands, auf die wir stehen. The Strokes, Tokyo Police Club, Bombay Bicycle Club, aber es fällt mir jetzt schwer, Vorbilder zu nennen. Es ist eben auch ein bisschen unterschiedlich bei uns. Ich glaube, wir finden zwar die Bands, die ich gerade genannt habe, alle cool, aber jeder hat noch einmal seinen Bereich, in dem er sich besser auskennt. Bei mir sind es zum Beispiel mehr elektronische Sachen und Minimal und so.

Das passt ja auch zum Elektro, mit dem ihr begonnen habt..

Tim: Ich glaube, weil wir es alle damals cool fanden. Aber jeder hat da noch einmal seine Ecke und das, was wir machen, ist ein Mix aus all den Sachen, die wir alle mögen. Aber ein konkretes Vorbild, das wir alle haben, kann man eigentlich nicht nennen.

Gut, dann möchte ich jetzt gern zu einem weiteren Thema wechseln und zwar: Was haltet ihr von der deutschen Musikszene?

Marius: Leider ist es damit ein bisschen wenig geworden in der letzten Zeit. Ich weiß nicht, aber man sieht nicht mehr so viele junge Bands. Ich bin ein großer Fan von der Hamburger Schule. Damals war da einiges los und ich glaube, so eine Szene wird es so schnell in Deutschland nicht mehr geben. Zumindest was deutsche Bands angeht. In Viersen merkt man das auch ein bisschen. Da gibt es diese Metal- und Ska-Bands, aber der Anschluss von kleineren Städten zu Großstädten ist leider nicht gegeben. Deswegen freuen wir uns auch umso mehr, dass wir aus Viersen ein bisschen rausgekommen sind. Vor allem die Situation mit den Proberäumen ist dabei wirklich nicht gut in diesen Städten. Wir hatten Glück, dass wir jetzt noch etwas gefunden haben, weil es in Mönchengladbach wirklich im Moment schwer für junge Bands ist, dort größer zu werden. Das weiß ich von Joshua, der mal dort gewohnt hat. Und ansonsten gibt es leider auch viel Pseudo-Erfolg. So gewinnt man dann zwar mal einen Bandcontest und deine Eltern sagen sofort, dass du auf jeden Fall einen Plattenvertrag bekommen wirst, aber letztendlich war der Bandcontest dann doch nicht so bedeutend. Man findet schwer eine Kurve zum richtigen Erfolg. Das ist eigentlich ein bisschen schade, weil es so viele Bandcontests gibt, wo Leute gewinnen, die dennoch nicht vorankommen. Da steht dann oft noch eine Schranke dazwischen. So richtig durchkommen, das gelingt nur ganz wenigen Bands.

Wie könnte man junge Bands denn stärker fördern?

Marius: Es gibt viele Programme, wie zum Beispiel die Volkswagen Sound Foundation. Vielleicht könnte man den Bands einen Bus finanzieren, damit diese eine Tour machen können. Ich finde, sowas ist ziemlich wichtig, denn wir hatten auch mal das Problem, dass wir keinen Bus hatten. Oder wenn eine Band noch kleiner ist, dann sollte man die Situation mit den Proberäumen verbessern.

Tim: Viele denken einfach immer daran, so ein Sound- oder Bandcontest zu machen und glauben, dadurch bekannter oder erfolgreicher zu werden, aber das Problem liegt vielmehr in den Grundlagen, was Proberäume angeht, das ganze restliche Drumherum und wie man dies auf die Beine bekommt.

Marius: Es muss in den Kleinstädten einfach auch mehr Konzertmöglichkeiten geben. Wie zum Beispiel monatliche Konzerte mit fünf Bands oder sowas. Das ist sehr wenig geworden, obwohl sowas eigentlich sehr wichtig ist. Und allgemein finde ich, dass es viel mehr anerkannt werden muss, dass junge Bands auch die Kultur fördern. So bekommen die Bands in England zum Beispiel staatliche Unterstützung. Eine junge Rockband darf nicht mehr als Störfaktor angesehen werden. Das ist in Deutschland ja leider ein bisschen verpönt. Es muss vielmehr anerkannt werden und zur Kultur gehören. Denn wenn deutsche Bands groß sind, dann ist das auch ein gutes Aushängeschild für Deutschland. Es muss ein Programm zur Förderung junger Bands geben. Denn es fehlt und scheitert oft am Finanziellen. Und wenn das dann richtig eingesetzt werden würde, dann könnte hier mit Sicherheit einiges gehen. Man müsste zum Beispiel auch die Aufnahmemöglichkeiten der Bands unterstützen. Denn ich weiß nicht, von wie vielen Bands ich schon gehört habe, dass sie zwar aufnehmen wollen, aber es einfach nicht hinbekommen, weil das Studio zum Beispiel 200 Euro pro Tag kostet. Es ist deshalb auch der falsche Weg, dass in der wirtschaftlichen Lage, in der wir uns gerade befinden, versucht wird, die Finanzierung von Kunst und Kultur zu verringern. Ich finde, daran darf man nicht sparen!

Da gebe ich dir völlig Recht! Dann kommen wir jetzt noch zu einer Frage, die sich wieder direkt auf euch bezieht und zwar: Was sind denn eure aktuellen Lieblingskünstler und Lieblingsplatten?

Marius: Einmal gibt es eine Band aus Belgien namens The Hickey Underworld. Die haben gerade ihr Debütalbum aufgenommen und das läuft eigentlich im Moment ständig.

Tim: Ich glaube, da muss ich mich anschließen. Er hat mich da ein bisschen angesteckt. Zumindest jetzt die ganze letzte Woche.

Marius: Ich finde, es macht immer Spaß, neue Bands zu finden. Denn wenn man die ganze Zeit  zusammensitzt, dann vergleicht man die neu entdeckte Musik natürlich sofort untereinander und wenn man dann was ganz Neues hört, wo man die Stimme noch nie gehört hat, dann ist das einfach etwas ganz Besonderes. Und deren Album ist auf jeden Fall richtig überzeugend. Aber ich glaube, sie sind noch recht unbekannt. So gab es auch noch keinen richtigen Hype. Sie hatten in der Intro zwar ihre Plattenkritik, aber so richtig losgegangen ist es für sie noch nicht. Aber ich finde, genau das macht eine Band sympathisch, wenn man diese für sich entdeckt und sie noch nicht so ausgelaugt ist.

Tim: The XX ist auch noch gut.

Marius: Ja, The XX ist auf jeden Fall auch sehr angenehm. Das ist mal nicht dieses Standard-Tanz-Indie-Ding, sondern sie haben einfach mal ein etwas ruhigeres Album aufgenommen. Es ist nicht nur eine Zusammenstellung von Songs, sondern das ganze Album hat eine eigene Stimmung.

Tim: Ich finde bei ihnen ziemlich beeindruckend, wie reif das Ganze schon klingt. Die sind ja genauso alt wie wir. Das ist für mich schon fast unglaublich bei denen!

Marius: Ach, und eine andere Band, die ich in letzter Zeit noch höre, heißt Japandroids. Auch die haben dieses Jahr ein Debütalbum veröffentlicht. Ich habe über diese Band letztens ein wenig nachgedacht und ich muss sagen, sie klingen etwas ähnlich wie The Hickey Underworld, aber diese verzerrten Gitarren und das bisschen Dreckige klingt nach Proberaum. Das gefällt mir!

{image}Gut, dann komme ich nun noch zu einer abschließenden Frage, die ihr wohl bei jedem Interview beantworten müsst: Was habt ihr nun demnächst für Pläne?

Marius: Erst einmal wollen wir natürlich das Album aufnehmen und im nächsten Jahr eigentlich genau das machen, was wir dieses Jahr auch schon gemacht haben. Touren. Natürlich hoffentlich mit noch volleren Clubs!

Tim: Wir wollen quasi einfach das, was wir jetzt gemacht haben, machen. Nur diesmal nicht in EP-Format, sondern stattdessen in Album-Format. Es wäre natürlich schön, wenn alles dann hoffentlich noch ein bisschen größer werden würde.

Marius: Um konkret zu werden: Etwa im Mai bringen wir das Album heraus und gehen im gleichen Monat dann auf eine kleine Mini-Tour durch die deutschen Großstädte, weil wir im Mai wegen der Schule von Joshua noch nicht richtig auf Tour gehen können. Es ging im Moment eben immer nur in den Ferien. So waren wir jetzt auch die kompletten Herbstferien auf Tour. Und ansonsten können wir eben noch an Wochenenden oder verlängerten Wochenenden touren. Die müssen wir uns dann frei nehmen. Die Holland-Tour wird nächstes Jahr zum Beispiel von Mittwoch bis Sonntag gehen. Und so werden wir also im Mai auf die Mini-Tour gehen, dann im Sommer wieder die Festivals abklappern, die ja bekanntlich auch am Wochenende sind und im Oktober in den Herbstferien werden wir dann ebenfalls wieder zwei Wochen auf Tour gehen. Und während der Sommerferien kann man dann eben auch noch andere Sachen als Festivals spielen. Allerdings werden es wahrscheinlich dennoch hauptsächlich Festivals sein, da Clubgigs im Juli und August ja oft zurückgestellt sind und alles auf Festivals konzentriert ist. Da versuchen wir auf jeden Fall gute Auftritte zu bekommen. Und dann gelingt es uns hoffentlich auch, mit neuem Material längere Sets anzubieten. Denn im Moment spielen wir ja immer nur so 45 Minuten, weil wir im Moment eben nur die EP und die Demo-EP haben. Aber nächstes Jahr würde ich auf der Clubtour dann schon sehr gerne ein 90-Minuten-Set haben.

Tim: Da müssen wir nur körperlich noch etwas trainieren.

Marius: (lacht) Ja, ich kann nach 40 Minuten fast überhaupt nicht mehr!

Tim: (schmunzelnd) Du siehst das vielleicht nicht, aber wenn wir in den Backstage-Bereich gehen, dann legt er sich immer auf den Boden und ist erst einmal zehn Minuten abwesend.

Marius: Ja, normalerweise spielen wir immer noch eine Zugabe und gehen vorher von der Bühne und ich denke schon immer während des letzten, noch nicht gespielten Songs, dass ich jetzt nicht noch ein Song spielen kann.

{image}Das kenne ich von sportlichen Aktivtäten ganz gut. Eigentlich hat man keine Kraft mehr, aber man joggt oder rennt dennoch weiter. Habt ihr denn auch schon einmal  überlegt, auf eure Zugabe zu verzichten und stattdessen die Zugabe schon vorher im Set einzubauen?

Marius: Ja, das haben wir schon einmal gemacht. Gerade wenn es weniger Leute sind, obwohl dann das Risiko besteht, wenn man einfach so von der Bühne geht, dass die Zuschauer nach einer Zugabe schreien. Aber wir sprechen das sowieso immer auf der Bühne ab und wenn die Stimmung gut ist, kann man das so machen. Aber wir machen das auch ein bisschen wegen der Show, wenn wir von der Bühne gehen, die Zuschauer nach einer Zugabe schreien und wir wieder auf die Bühne zurückkehren.

Ok, super! Dann vielen Dank für dieses ausführliche Interview!

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