Tagespoeten

Tagespoeten

An den großen Publikumszuspruch in den vergangenen Jahren mit jeweils 800 Besuchern in der Centralstation wurde auch 2009 nahtlos angeknüpft. Wieder ein volles Haus in der Centralstation! Doch so knapp wie diesmal war die Entscheidung darüber, welche Bands einen der 3 Preise mit nach Hause nehmen können, ganz sicher noch nicht so oft.

{image}Fünf Bands nutzen am vergangenen Freitag ihre jeweils 25 Minuten Spielzeit, um sich beim Entega-Neukommer 2009 sowohl dem Publikum, als auch der Jury von ihrer besten Seite zu zeigen. Mr. Virgin & His Love Army, Soundition, The Fountains, Tagespoeten und Skaya gaben alles und machten den Abend in der Centralstation zu einem großen Fest sowie das Wettbewerbsfieber beinahe völlig vergessen. Neben der Chance, durch ihren Auftritt neue Fans zu gewinnen, hofften natürlich alle Bands auf einen der attraktiven Preise: Jeweils mit 500€ dotiert sind beim Neukommer-Contest sowohl der Publikums-, als auch der Jurypreis. Obendrauf wird jährlich noch ein Sonderpreis vergeben: Ein Auftritt beim Schlossgrabenfest. Als die Vorjahresgewinner Sir Toby als letzte Band des Abends die Bühne der Centralstation rockten, hatte das Publikum sein Urteil im Form von donnerndem Applaus bereits gefällt. Für die Jury galt es zu diesem Zeitpunkt, sich zur intensiven Beratung zurückzuziehen. Als die Juroren sich wieder blicken ließen, konnte das Ergebnis verkündet werden: Skaya nahmen den Publikumspreis in Empfang, The Fountains durften sich über den Jurypreis freuen, und Mr. Virgin & His Love Army fiebern dem hessischen Festivalsommer 2010 bestimmt schon entgegen. Doch so deutlich, wie sich ein solches Ergebnis in schwarz auf weiß liest, verlief das Konzert auf keinen Fall.

{image}Mit einem erfrischenden Sound begrüßten die Tagespoeten als ausgeloster Opener des Abends das Publikum. Selten darf man eine Band bewundern, die in so jungen Jahren und mit einer vergleichsweise kleinen Besetzung aus Gitarre, Bass und Drums einen solch variablen Sound, tolle Arrangements, eingängige Melodien und unpeinliche deutsche Texte präsentiert. Besonders beeindruckend der Gesang von Sänger Lukas, der mit einer kraftvollen Stimme und viel Rhythmus im Blut glänzte. Doch wer sich beim diesjährigen Entega-Neukommer früh auf Favoriten festlegen wollte, der sollte durch den nächsten Auftritt direkt gewarnt werden: Very british und very Indie ging es nach dem gerade gehörten funky HipHop-Pop-Mix nun mit The Fountains weiter. Und auch hier: Der Sänger verdient ein großes Lob. Zwar bleibt der Eindruck bestehen man wisse als Hörer, wie er am liebsten klingen würde, und stellt fest, dass er dies nicht zu hundert Prozent erreicht, aber über all solchen Spekulationen steht seine Show. Hier lebt ein Sänger innerhalb des Sounduniversums, das die übrige Band um ihn herum erzeugt und in das er sich ab und an mittels einiger Samples selbst einmischt – und das ist kein stilles Universum. Hier kracht es, vorangetrieben durch geladene Drums, die jedem chirurgischen Messer in Sachen Präzision den Schneid abkaufen würden. Ein kleines Manko ist die Vorhersehbarkeit der Musik: Von Bloc Party bis TV on the Radio wandern einige weitere Kollegen dieses Genres mit durchs Ohr des Hörers. Doch wer sich auf die Melodien der Fountains einlässt, der wird gepackt und nicht mehr losgelassen.

{image}Was dem Abend bis dato noch fehlte, obwohl man längst glauben musste es sei bereits geschehen, nämlich der allerletze auf das Publikum überspringende Funke, das hatten Soundition im Gepäck: Es gibt kaum neues zu berichten zur mitreißenden Live-Perfomance dieser Ska-Band, die in den letzten Monaten zahlreiche Newcomer-Preise abgeräumt hatte und für regioactive.de die Schillertage zum Tanzen brachte. Doch wie diese Truppe ihr Publikum, und das meint nicht nur die angestammte Weinheimer Ska-Possy, im Griff hat, es in die Show einbezieht, jede Forderung von Sitzlaola bis wildem Arme schwenken mühelos durchsetzt, das ist in dieser Form schon etwas wirklich besonderes.

{image}Auch wenn dem Publikum mit Mr. Virgin & His Love Army nun eine wirklich drastische musikalische Kehrtwende ins Haus stand, nämlich zurück zum guten alten Schweinerock, der Boden zum Weiterfeiern war damit bereitet. Von leichtem Soundpech geplagt gelang es der Band aus Worms dennoch, eine einwandfreie Rock-Show hinzulegen, die so manche (nicht nur pyrotechnische) Überraschung beinhaltete und die Hörer zu härteren Tanzstilen verleitete. Eine Revolution des althergebrachten Pfalzrock scheint das Programm der Love Army zu sein, was ihnen nicht nur musikalisch, sondern insbesondere auch optisch spielend gelingt.

{image}Wie gerufen, um jetzt noch das allerletzte Quentchen Brodeln, Feiern, Schreien und Tanzen aus der Centralstation herauszupressen, war der anschließende Auftrit der Lokalmatadoren Skaya, der zweiten Ska- und gleichzeitig der jüngsten Band im Teilnehmerfeld des Neukommer. Die Stimmung im Saal schwappt spätestens dann auf den Status "unbeschreiblich", als Skaya mit Darmstadt ihrer Homebase huldigen. Da stehen auch die Sounditions nicht still und tanzen gemeinsam mit den feiernden Neukommer-Gästen, die Skaya bei der Abstimmung nach der Lautstärke des Beifalls und Jubels durch einen Höllenlärm schließlich zum Publikumsieger erklären.

Erneut bewies sich das Entega-Neukommer als hervorragendes Live-Pflaster für junge und aufstrebende Bands, von denen an diesem Abend keine völlig leer ausgegangen ist. Über neue Fans darf sich jeder der Finalisten freuen – so wie wir auf das Neukommer 2010!