Deftones (Highfield 2009)
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Deftones (Highfield 2009) Foto: Achim Casper punkrockpix © regioactive.de

Eine relaxte Atmosphäre, eine traumhafte, direkt am Stausee Hohenfelden gelegene Location und seit Jahren ein Line-Up, das sich gewaschen hat: Das Highfield-Festival ist das größte Indie-Rockfestival im Osten der Republik. 2009 gab es nun ein letztes Mal das Highfield in Hohenfelden. Es wurde ein gebürendes Abschiedsfest mit wiederum großartigem Line-Up, vielen Emotionen und Toiletten mit Spülung auf dem Campingplatz. Kann es denn ein attraktiveres Festival geben? Adé Thüringen!

{image}Auletta zeigten sich am Freitag als perfekter Opener für das Festival, machten den Raum vor der Bühne schnell erstaunlich voll und forderten perfekte Mitmachmanier ein. Sehr schön zu sehen, wie das Publikum auf die Musik reagierte und wie sehr sich die Jungs auf der Bühne über die Publikumreaktionen freuten. Wer in Hörweite war, der tanzte mit. Ernüchternd, direkt danach, der lahme Auftritt von Port O’Brien. Da war die Luft raus und die Melodie fehlte. Dafür rockten Samavayo im Soundwave-Zelt auf höchstem Niveau, leider aber spärlich besucht. Die wenigen Festivalgäste, die da waren, wussten die Band zu feiern. Spätestens bei dem außergewöhnlichen Balkan Rock’n'Roll der heißen Damen von Katzenjammer wurde gepresst, gehüpft, geschwitzt und das Zelt zeitweise wegen Überfüllung dicht gemacht.

Festivalgalerien zum Highfield 2009:

Wenn wir schon beim Thema Katzenjammer sind: Es gab ja auch noch Clueso. Da Clueso ein netter sympatischer Typ aus der Gegend um Erfurt ist, muss man ihn ja lieb haben. Musikalisch betrachtet brachte er zwar eine richtig gute Band mit, konnte im Vergleich zu den anderen Highlights des Festivals aber nicht auf ganzer Linie überzeugen. Glücklicherweise sorgte er durch den Heimvorteil für chillig launige Sommerstimmung. Bis auf die Sache mit dem Heimvorteil erging es Maximo Park sehr ähnlich, denn sie lieferten einen lauen Auftritt. Bei den Arctic Monkeys schieden sich die Geister, für die einen Huih, die anderen Pfui. Nennenswerte Bühnenaktionen gibt es jedoch nicht zu erwähnen. Einig war man sich widerum bei Dendemann, der in gewohnter Qualität brillierte und das Soundwave-Zelt zur überfüllten Sauna umfunktionierte.

{image}Das erste Highlight mit tanzbarer Musik waren am Samstag definitiv Riverboat Gamblers. Angekündigt mit "Die Liveshows der Riverboat Gamblers sind wie ein geplantes Zugunglück, dem man gerade zuschaut!". Diese Vorankündigung trifft es am besten, und als sich der Sänger zum letzten Lied aufs Publikum warf, war die Freude groß. Heiße Aktion, heiße Typen, und dann auch noch mit richtig guter Musik. Hingehen! Mitmachen! Immer wieder großartig sind Panteón Rococó. Jeder, der sich noch bewegen konnte – ja, Festivalbesuche sind eine körperliche Höchstleistung – der tanzte und machte mit allen beweglichen Körperteilen einfach mal mit zu dem Sound dieser Band, die mit jedem Ton Lebensfreude ausspuckt. Tränen trieb der Auftritt von Vampire Weekend in die Augen, aber leider keine Freudentränen. Vielmehr entsetzte dieser schwache Auftritt. Was die CDs versprechen, konnte live leider nicht gehalten werden. Kein Mix aus Indiepop, Punk oder New Wave wabbelte von der Bühne, sondern vielmehr pures Grauen für den Gehörgang. Bleibt nur die Hoffnung, dass dieser versemmelte Auftritt ein Ausrutscher war. Zwischendrin gab es noch den Gig von Tomte. Sie feierten mit ihren Fans, und die werden ihnen auch bleiben, wenn Thees noch weniger Töne trifft, als bei diesem Festival.

{image}Das Farin Urlaub Racing Team konnte alle begeistern, sogar jene, die für Die Ärzte eher wenig übrig haben. Die Damen des Herrn Urlaub sind mehr als nett anzusehen. Da macht es dann auch deutlich weniger aus, wenn mal ein Ton daneben geht. Am Ende ist man ja auch nicht deshalb da, sondern wegen der Show, die sich im Falle des FURT ohne Schnickschnack und dennoch gigantisch zeigte. Bis hinaus auf den Zeltplatz wurde mitgesungen. In den ersten Reihen ging es wüst zu, weswegen mehr als ein Festivalbesucher sein Bändchen abgerissen bekam, T-Shirts zu Schaden gingen und die ersten Körperteile anfingen zu bluten. Das Ganze wurde ganz klar durch The Offspring noch gesteigert, die dem Massenbesuch nach zu urteilen das eigentliche Highlight des Tages waren. Da kippten dann auch beinahe die Dixies um. Die Herren auf der Bühne sind zwar gealtert, aber damit auch sehr reif und weise, was natürlich nur als Synonym für genial steht. Aus Überlebensgründen verzogen sich danach viel zu viele Besucher zurück auf den Zeltplatz. Wer sich derart vor weiterer Kehlen- und Muskulaturbelastung rettete, verpasste eins der weiteren Highlights des Festivals: Faith No More. Mike Patton ist so etwas wie ein Gott und Faith No More sind der Olymp – dafür rentiert es sich, einige Leiden in Kauf zu nehmen. So oft sieht man Faith No More nämlich nicht, und wer weiß schon, wie lange es sie diesmal gibt.

Festivalgalerien zum Highfield 2009:

{image}"Der letzte Tag des Highfield" klingt irgendwie mehrdeutig. Denn es war bekanntermaßen ebenfalls der letzte Tag des Festivals an seiner gewohnten Stätte in Hohenfelden – man wird Thüringen verlassen. Was die Zukunft bringt? Der Name bleibt, und so steht für das Highfield 2010 ein Locationwechsel an. Im Moment wird offenbar zwischen drei potentiellen Standorten geschwankt, einer davon bei Leipzig.

Am Sonntag galt es jedoch, noch einen tollen Tag mitzunehmen, der mit viel Sonne und einem wunderbaren Abschiedsgeschenke-Line-Up lockte. Den Anfang am Sonntag machte die Band Wir, die mit ihrem wunderbaren deutschen Rock zahlreiche Zeltbewohner vor die Bühne lockte. Den noch recht jungen Musikern merkt man ihre enorme Bühnenerfahrung an und so schafften sie es, direkt am frühen Morgen gute Laune zu verbreiten und für Tanzen zu sorgen. Sehr schöne Sache!

{image}Turbostaat zeigten sich am angebrochenen Nachmittag ebenfalls auf der Mainstage. Für eine so geniale Live-Band eigentlich viel zu früh, was aber niemandem so richtig auffiel. Es wurde gepogt, mitgebrüllt und die Turbojugend schubste sich im Rhythmus zu Harm Roducheln fast einen Wolf. Möge es Turbostaat ewig geben! Weiter ging es mit Selig, die beim Publikum den richtigen Ton trafen, ob ohne dich oder sie hat geschrien, das Altvolk sang mit und das Jungvolk freute sich. Schöner handgemachter Rock, der nicht zuletzt dank Jan Plewkas heiserer Stimme zum Grunge deklariert werden kann. Selig sind endlich wieder auf den deutschen Bühnen daheim, erfolgreicher denn je und nach diesem Festivalsommer weiß man einfach, dass sie da auch erst einmal bleiben werden. Ein bisschen enttäuschend waren dagegen AFI. Die Technik war nicht unbedingt auf der Seite der Amerikaner. Dank der katastrophalen Abmische sorgte der Auftritt lediglich für Ohrenweh und für Heimweh nach der häuslichen Stereoanlage mit anständigem Dolby Suround.

{image}Doch noch war nicht aller Tage Abend und Apocalyptica präsentierten ihre Musik in vollendeter Präzision. Den Finnen wurde die Sonne zuteil und lockte auch die letzten käsebleichen Festivalbesucher vor die Bühne. Haare wurden geschüttelt und Apocalyptica zu Recht gefeiert. Alles was danach noch kam, passierte in den ersten beiden Reihen. Deftones zeigten sich als große Live-Götter, bei denen gehüpft werden durfte. Bei Rise Against war die Stimmung groß und das Geschubse wütete. Wer bei Tim Mcllrath und Co. noch nicht in der zweiten bis fünften Reihe stand, kann gar nicht wissen, wie sich eine Presswurst anfühlt. Pogo war gestern, heutzutage schiebt man wild in alle Richtungen, rennt wild im Kreis und ist glücklich, wenn man ein 1.90m großer, 130kg schwerer Kerl ist. Ist dem nicht so, bleiben einem immer noch die Securities, die nach und nach einen nach dem andern aus der Masse zogen: Wohlgemerkt zogen sie auch zu Hauf stramme Kerle raus. Geprellte Körperteile gehören auch irgendwie dazu. Augenfällig und sehr gut angenommen wurde bis dahin das CrowdSurfing-Verbot. Wer auf Menschen getragen werden wollte, musste teuer bezahlen. Bändchen abgeschnitten und erst einmal Geländepause wurde in diesen Fällen angeordnet, und tatsächlich hielt sich die feiernde Masse selbst noch beim vorletzten Act dran.

{image}Letztlich wollte ja dann doch niemand Die Toten Hosen verpassen. Selbst für eingefleischte Fans war das ein Auftritt der Superlative. Besser hätte das Festival nicht zu Ende gehen können. Die Hosen zogen alle Register, sangen Lieder wie bis zum bitteren Ende, Sascha, Bayern, 10 kleine Jägermeister... schlichtweg irgendwie alles, was man mitsingen kann. Zu Paradies gab es wieder einen Zuschauer auf der Bühne und alle Anwesenden tobten. Das Gelände war gerappelt voll und noch zur zweiten Zugabe rannten Einzelne nach vorne, um irgendwie mitmachen zu können. Wie Campino es nun mal so macht, warf er sich auch diesmal wieder aufs Publikum. Überraschenderweise fehlte das Lied nur zu Besuch, aber so ist das, wenn man fast nur Lieder geschrieben hat, die jeder mitsingen kann: Von wegen Besuch, wer einmal von den Hosen gefangen wurde, der bleibt für immer!

Dem bleibt nichts mehr hinzuzufügen und man darf gespannt sein, was 2010 bringt. Das 2009er Highfield war jedenfalls Gold wert.

Festivalgalerien zum Highfield 2009: