Huss und Hodn

Huss und Hodn

Deutscher HipHop lebt! Ein junges Rapper-Team um den engagierten Chef-Reimer Kurt Hustle konnte den bereits seit Jahren für Tod erklärten Patienten überraschend wiederbeleben. Eine Intensivbehandlung über fast drei Stunden mit Infusionen aus Hulk Hodns Instrumental-Koffer beschleunigten die Genesung von Deutsch-Rap in Weinheim, nahe dem Geburtsort Heidelberg.

{image}Während die deutsche Nationalelf an diesem Abend einen müden Kick gegen Wales runterspielte, lud das Cafe Central in Weinheim zu einem aktionsreichen Rap-Programm der Sonderklasse. Geladen war das komplette Entourage Business-Label aus Köln mit seinen Künstlern: Sylabil Spill, Stef der Crashtest, Noyland, Aru Akksion und natürlich Kurt Hustle & Hulk Hodn. Dazu reisten die ebenfalls in Cool-Cologne ansässigen O-Flow und Pütz Money mit an, um bereits kurz nach Neun den Abend musikalisch einzuleiten.

{image}Vor der Bühnenkulisse aus Regenschirmen, die abgestimmt zur "Der Stoff aus dem die Regenschirme sind“-Tour aufgespannt wurden, vollbrachte der kleinwüchsige O-Flow Großtaten am Mic. Schon 1998 trat der Freestyle-MC auf dem mittlerweile legendären Deutschrap-Sampler Flowzirkus mit seinem beachtlichen Stück Mach mich locker in Erscheinung und sorgte wenig später zusammen mit Pütz und Gadget in der Konstellation 4 Mille für Furore. Eher unerwartet räumten Pütz Money und O-Flow an diesem Abend auch ihrem alten Partybanger Ja Ja Platz ein. Im Wechsel stellte auch Stef der Crashtest Stücke aus seinem neuen Album Der Anfang vom Anfang und Noy Riches seine Single Drauf geschissen! vor. Ein Geschoss jagte das nächste im Entourage-Cypher, ehe mit dem Underground-Hit Köln Süd bereits das erste Highlight geboten wurde.

Das Entourage-Team erschien heute mit der Unverbrauchtheit des Berliner M.O.R.-Kollektivs aus seinen besten Royal Bunker-Tagen und gleichzeitig in Tradition von Deutschrap-Voreitern wie STF, Stieber Twins und Torch, was die perfekte Live-Mischung ausmachte. Etwas neben sich stand dann allerdings Der Beleidiger Sylabil Spill, dem in seiner hektischen Performance häufiger Lines entglitten. Wie ein Ei oder Warteschild, zusammen mit dem selbsternannten "Retrogott" Kurt Hustle, entschädigten aber am Ende doch noch.

{image}Das Ruder wurde danach auch gleich vom bestechend souverän agierenden Kurt übernommen, der als logische Konsequenz seiner denkwürdigen Performance einfach zum derzeit besten MC Deutschlands gekürt werden muss. Immer wieder legte er sich nach belieben Raptracks seiner Idole wie Big L oder MF Doom auf und rappte als leidenschaftlicher Rapfan geradewegs die Passagen als Back-up mit ins Mikrofon. Dazu drehte nicht nur die Menge im bis zum Anschlag gefüllten Cafe Central durch, sondern auch Kurts Energietanks schienen sich dadurch immer wieder aufzufüllen.

Der gesamte Abend war von einer magischen Stimmung und Euphorie geprägt, wie sie bei deutschem Live-Rap zuletzt Ende der 1990er Jahre aufkam. Fast alle Texte wurden von dem überwiegend jungen Publikum mitgerappt und ohne Ende abgefeiert. So auch die Hommage von Huss & Hodn an MF Doom, bei der sich Hulk Hodn passend an dem vom Maskenmann für John Robinson produzierten Sorcerers bedient hat. Grüße vom retrogott an Twit One gingen anschließend für Es muss so sein raus.

Mit MC’s act like they don’t know von KRS-One und Bring Da Ruckus aus dem Hause Wu-Tang war danach wieder Energieaufladen angesagt, ehe Hodn mit dem Inspectah Deck-Verse “Rip it hardcore like porno flick bitches” aus selbigem Stück direkt zum gecutteten Chorus von Pornofilmkäse überleitete. Besonderes Plus des Abends war der ungewohnt klare und saubere Boom-Bap Klang, der dennoch dreckig laut aus den Boxen der Soundanlage dröhnte. Ein Blick auf die Uhr offenbarte dabei zugleich, dass Entourage im gesamten bereits die zwei Stunden Marke geknackt hatten. Nach Jesus und Hurensohnologie und jeder Menge hochkarätiger Freestyles sollte der absolute Kracher aber erst noch Folgen.

{image}Für die Stieber Twins-Hommage Radiowecker, hatte sich nämlich bereits der vom Auftritt mitgerissene und vollends begeisterte Mr.Mar auf die Bühne geschmuggelt, um sich spontan als Duettpartner und Textekicker anzubieten. Allerspätestens jetzt war das Central am Kochen und die Entourage-Crew sichtlich begeistert und geehrt. Nachdem MagMar zwei bis drei Tracks von Fenster zum Hof zum Besten gegeben hatte, deklarierten beide Generationen auf der Bühne einen gelungenen Abend mit Ausnahmecharakter und Weinheim als „The shit!“ - weiterhin war kein Ende in Sicht.

Weiter ging die Sonderschicht an diesem Mittwoch (!) mit Der Erste, Florida / Miami und Yo Kurt. Zwischenzeitlich ließ Kurt es sich nicht nehmen (den alten) MC Rene abzufeiern, indem er das komplette Spüre diesen Groove abreimte. Als schließlich jedes Huss & Hodn Lied gespielt war und auch Sylabil Spill nochmals Tracks von Negative Energie performte, endete die drei Stunden Entourage-Session mit dem Allstar-Abschluss Der Zug endet hier.

Mit freshen Lyrics und boombastigen Oldschool-Beats zelebrierten Huss & Hodn ein außergewöhnlich gutes Rap-Spektakel in Weinheim. Somit war es kein Wunder, dass am Ende alle Alben am Merchandise-Stand vergriffen waren.   

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