Motörhead

Motörhead © MLK

Das Jahr geht zu Ende und Motörhead sind wieder auf Tour - Pünktlich wie ein Uhrwerk ziehen die drei älteren Herren aus England, Wales und Schweden von Bühne zu Bühne und haben diesmal Danko Jones und das Heavy-Metal-Urgestein Saxon im Gepäck. Neben weiteren Städten in Deutschland machten Motörhead Anfang dieser Woche auch in Offenbach Station und sorgten dort für gute Stimmung sowie das übliche Pfeifen in den Ohren. Von Beginn an war klar, wen das Publikum hier sehen wollte.

{image}Sobald Motörhead die deutsche Grenze übertritt geht in jedem Jahr der gleiche Zirkus los: Langweilige Interviews, in denen Ian "Lemmy" Kilmister wiedermal nach seinen Trinkgewohnheiten und Groupies befragt wird und Feuilleton-Texte, die verwundert feststellen, dass Heavy Metal langsam aber sicher alt geworden ist. Von den Anspielungen auf Lemmys fortgeschrittenes Alter ganz zu schweigen. Trotz alledem ist der ganzen Geschichte aber abzuringen, dass man die Drei wieder live zu sehen bekommt. In diesem besonderen Fall in Offenbach, besser gesagt in der Stadthalle Offenbach, die durch atmosphärischen Turnhallencharme überzeugen kann. Dies tut der Sache aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Dreckiger und lauter Rock braucht kein schickes Ambiente, er braucht nur sich selbst.

{image}Los geht der Reigen mit Danko Jones, die gerade mal von einem Bruchteil der Menschen, die eigentlich anwesend sein sollten, gehört werden. Der Rest ist entweder draußen vor der Tür und bereitet sich erstmal auf das Folgende vor, oder steht zwei Kilometer vor Offenbach im Stau und beißt ins Lenkrad. Der nette Herr Jones mit seiner gleichnamigen Band wird durch diese Tatsache jedoch kaum gestört und zieht sein Programm durch, das sonst aber kaum erwähnenswert ist. Wie eine volle Halle aussieht darf er später noch erleben, dazu dann aber an passender Stelle mehr. Nach diesen drei Jungspunden kommt die Metal-Legende Saxon auf die Bühne und überrascht erstmal mit einem Schlagzeug, das jedes Lied zu Soundbrei zermalmt. Entweder wollen die alten Herren ihre Musik etwas aufpolieren oder der Tontechniker hat geschlafen, auf jeden Fall ist die Bassdrum viel zu laut und übertönt alle anderen Instrumente. Das Publikum ist trotzdem von der Band begeistert, obwohl sich Frontmann Biff Byford nicht mehr ganz so locker wie früher zur Musik bewegen kann, was wohl an der engen Hose gepaart mit fortgeschrittenem Alter liegt. Neben alten Hits wie Wheels of Steel oder Denim and Leather wird auch die neue Single Live to Rock live gespielt, die immer noch ganz nach Saxon klingt.

Insgesamt stehen so vor dem Beginn des Hauptacts zwei solide Auftritte, die aber auch nicht mehr sind. Dann kommt Motörhead. Der Sound wird lauter, ganz getreu der Motörhead-Devise "Everything Louder than Everyone Else", nimmt aber auch etwas an Qualität ab. Das ist aber nichts neues, das Trio war noch nie für ausufernde Soundchecks bekannt, und daher sollte man hier auch nichts anderes erwarten: Rock'n'Roll eben. Ansonsten geht es gleich knackig los, Stücke wie Stay Clean oder Metropolis verwandeln die Stadthalle in einen brodelnden Kessel.

{image}Irgendwann haut Phillip "Wizzö" Campbell dann sein Gitarrensolo raus, das aber alles andere als beeindruckt. Schnulz in Perfektion, sozusagen – auch hier gönnt man sich ja sonst nichts. Nach diesem kleinen Zwischenspiel geht es musikalisch mit Größen wie Another Perfect Day oder Killed by Death weiter, bei dem Danko Jones nochmal die Bühne stürmt und mitsingen darf. Leider hört man ihn nicht, weil seinem Mikro wohl die Lautstärke weggenommen wurde, die man Saxons großer Trommel gab. So bleibt ihm nichts weiter übrig, als ordentlich zu posieren und das Publikum anzuheizen. Hat auch mal was. Kurz danach zuckelt dann In the Name of Tragedy durch die Boxen und überlässt Mikkey Dee die Aufmerksamkeit, der ein großartiges Schlagzeugsolo spielt. Dem "besten Drummer der Welt", wie ihn Lemmy immer vorstellt, können wirklich nur wenige das Wasser reichen.

{image}Aber auch sonst ist Mikkey wie immer der Mittelpunkt der Bühne und heizt das Publikum ein. Die anderen beiden mit ihren Saiteninstrumenten sind da hingegen nicht so beweglich. Nicht umsonst sind die Kameras, die das Bühnebild auf zwei große Monitore packen, fest justiert. Nach der obligatorischen Kunstpause schlägt der Whorehouse Blues ganz andere Töne an. Akustik-Gitarre, Mundharmonika und Kleinst-Schlagzeug sind immer wieder beeindruckend bei Motörhead. Man muss Lemmy für dieses Lied wirklich Respekt zollen, weil es zum einen aus dem klassischen Motörhead-Sound ausbricht und zum anderen einfach großartig ist. Am Schluss kommen dann noch die Klassiker Ace of Spades und Overkill und entlassen schließlich das Publikum nach einem tollen Abend in die Nacht. Draußen vor der Tür stehen zwei weiße Limousinen und holen ein paar der Zuschauer ab. Offenbach eben.

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