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Finn - "The best low-priced Heartbreakers you can own"

Mit seinem 3. Album "The best low-priced Heartbreakers you can own" kreierte Patrick Zimmer aka Finn ein Konzeptalbum in Form eines klassischen Dramas, das sich im Aufbau und der Songanordnung an Werken der Weltliteratur orientiert, so zum Beispiel an William Shakespeares Drama "The Tragedy of Julius Caesar". Wir trafen Finn für euch in virtuellen Welten auf eine kurze Fragerunde, bevor er im Oktober mit den Isländern Òlafur Arnalds und den Dänen Under Byen auf Tour verschwindet.

{image}Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zählte es zur gängigen Praxis, die jungen Sängerknaben zu kastrieren, um ihnen auch im Alter eine knabenhafte, reine und klangvolle Fistelstimme zu bewahren. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist der italienische Opernsänger und Kastrat Farinelli, dessen Lebensgeschichte auch verfilmt wurde. Heute ist solch eine Verstümmelung für einer Sängerkarriere, die sowieso nur die wenigsten der Kastraten erreichten, nicht mehr vostellbar. Heute wird fleissig geübt, um die Stimmlagen eines Countertenors zu erreichen. Die Stimme des Hamburger Musikers Patrick Zimmer alias Finn erinnert an eben eine solche, und sie ist naturgegeben. Die aktuelle Veröffentlichung The best low-priced Heartbreakers produzierte der Konzeptionist und Selbstgestalter Patrick Zimmer in einem Kirchengemäuer aus dem 14. Jahrhundert, unter den Straßen von St. Pauli. An Stelle der Midi-Files und Electrosounds der Vorgänger-Alben wurden die Künstlerin Ruth May und Rainer Sell engagiert, um im passenden Ambiente die klassischen Streicher und Posaunen einzuspielen. So führt Finn den Hörer durch ein imaginäres Theaterstück in 5 Akten, doch anders als gewöhnlich bei Tragödien, gibt es in diesem auch ein Happy End.

Hallo Patrick, vielen Dank für deine Bereitschaft zu diesem Interview. Lass uns über dein jüngst veröffentlichtes drittes Album sprechen.

Ich danke dir!

The Best Low-Priced Heartbreakers you can own beginnt mit einem Ausatmen. Kein Seufzer, sondern eher, als würde einer Person neues Leben eingehaucht. Wie verliefen die Aufnamen zu diesem Album? Eher geprägt von Seufzern oder von tiefem Ausatmen?

Sowohl als auch. Man muss sich bei Aufnahmen ja immer ein wenig selbst neu erfinden und überwinden, besonders wenn man so streng mit sich umgeht, wie ich das tue.

{image}Du führst deine Hörer durch ein musikalisches Theaterstück in 5 Akten mit  imaginären Darstellern. Wie kam es denn zu dieser ungewöhnlichen Idee?

Diese Idee enstand sehr prozessorientiert und als logische Konsequenz der sich inhaltlich und textlich abspielenden persönlichen Tragödie.

Was genau willst du beim Hörer mit dieser musikalischen, visuellen und literarischen Mischung erreichen?

Ich ziele eigentlich niemals auf eine bestimmte Wirkung beim Hörer. Der Hörer spielt bei meinem Schaffensprozess überhaupt keine Rolle.

Mir sind in meinen Fotos Emotionen und Menschlichkeit sehr wichtig. Auf was legst du besonderen Wert für deinen kreativen Ausdruck?

Pure Authenzität.

Der Titel des Albums klingt wie eine Mischung aus Groschenheft und zynischem Kommentar zu aktuellen Plattenverkäufen. Gibt es einen besonderen Hintergrund?

Ich weigere mich eigentlich prinzipiell immer gerne, meine Titel oder Texte zu deuten. Das finde ich unfair gegenüber jeder Phantasie des Deutenden.

Was liegt denn an Büchern derzeit auf deinem Nachttischschrank, die du unseren Lesern empfehlen würdest?

Walter Benjamins "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Repoduzierbarkeit".

Zwei Songs im 2. Akt sind mit Boy-cott und Girl-cott betitelt, wobei der Girl-cott eher dürftig ausfällt. Was verbirgt sich denn hinter diesem Wortspiel?

Als ich mich mit dem Wort Boycott etwas länger auseinandergesetzt hatte, fiel mir auf, dass es eine männliche Form "Boy" in sich trägt. Es erschien mir absurd, dass Boykottieren geschlechtlich gefärbt ist. Außerdem ist die Geschlechterthematik unglaublich interessant und dominant in unserem Leben. Somit also Girlcott...

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Die Videoclips zu Drew und Truncheon Sound sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen einer Person in einer Landschaftsszene. Die Clips bestehen aus einer Einstellung und sind somit sehr reduziert. Eine Reaktion auf die allgegenwärtige mediale Überreizung?

Diese Videos sind Teil einer kommenden 17ER Serie und stehen alle unter dem Konzept der "Tableaux Vivants" (Anm.d.Red.: aus dem frz. "lebende Bilder"; meint die Nachstellung von Werken der Kunst und Plastik durch lebende Personen).

Das Coverbild von The Best Low-Priced Heartbreakers you can own ziert wieder deine Comicfigur Finn, die einen hohen Wiedererkennungswert hat. Was steckt dahinter: konsequentes Marketing oder eine Comic-Affinität?

Finn wird für immer und ewig meine Cover schmücken. Er ist lebendig, er ist in mir und er verändert sich im Laufe meines Lebens mit mir mit. Marketing ist für mich nicht von Bedeutung bei diesem Konzept. Wobei sich ein gutes Konzept eben immer gut vermarkten lässt.

Demnächst wirst du dem Publikum dein Album live päsentieren. In der Vergangenheit wurde das durch Live-Visuals und 2 Mitglieder der Band Sometree umgesetzt. Was erwartet den Besucher auf der kommenden Tour?

Lasst euch überraschen!

Der 5. Akt besteht aus einer Widmung, For Mona. Wird es ein Happy End geben?

Es wird ein Happy End geben!

Danke für deine Zeit und die Antworten. Viel Erfolg auf Tour und mit dem neuen Album!

Vielen lieben Dank!

FINN – Truncheon Sound