The xPlode

The xPlode

Im beschaulichen Esslingen fand vergangenen Samstag das große Finale des "Play Live"-Bandwettbewerbs statt. Play Live ist der größte Newcomercontest des Landes Baden-Württemberg und sorgt alle Jahre wieder für spannende Szenen, nervöse Nachwuchstalente und unerhört gute Musik. Play Live zeichnet sich durch seinen Fokus auf die effektive Förderung und Entdeckung neuer, junger Bands aus, und wird von hochkarätigen Partnern und Juroren aus dem Musikbusiness unterstützt.

{image}Seit 1992 wird in Baden-Württemberg einmal im Jahr der "Play Live"-Bandcontest ausgetragen, der deutschlandweit zu einem der beliebtesten und bekanntesten seiner Art gehört. Weder werden Bands hier durch Teilnahmegebühren abgezockt, noch sind irgendwelche zwielichtigen Veranstalter hinter verschlossenem Vorhang am Werk. Feedback, Fairness und Transparenz stehen dabei im Mittelpunkt und sollen jede Entscheidung der Jury für die Bands nachvollziehbar machen. Das Konzept überzeugt jedes Jahr aufs Neue, und so haben sich auch für den Play Live 2008 wieder hunderte Bands beworben, von denen 60 ausgewählt wurden, um im Laufe mehrere Vorrunden gegeneinander anzutreten. Am Ende standen Moorange, The xPlode, Jolly Japlin und Luis und Laserpower im Finale, das im Esslinger Jugendhaus KOMMA stattfand.

{image}Durch den Abend führte der junge SWR-Moderator Philip Ost, der die per Losverfahren auf den ersten Startplatz gezogene Band Moorange ankündigte. Diese tat sich sichtlich schwer damit, vor dem anfangs nur spärlich vorhandenem Publikum zu spielen. Technisch einwandfrei dargeboten, fehlte beim Gesamteindruck aber sowohl der Eigencharakter, als auch die nötige Reife für eine überzeugende Bühnenperformance. Die Musiker agierten isoliert voneinander und vertan auch die Chance, die Refrains ihrer Songs durch zweite Stimmen aufzuwerten, was den rockigen und teilweise bluesigen Nummern, die stark an Wolfmother erinnerten, gut getan hätte.

{image}Die zweite Band des Abends hört auf den Namen Luis und Laserpower und kommt aus Mannheim. Die vier Musiker haben sich als Studenten an der Popakadamie kennengelernt und sind seit knapp einem Jahr zusammen unterwegs. Dass sie in diesem Jahr zu einer extrem starken Liveband gewachsen sind, sieht und hört man sofort. Die musikalisch brilliante Band bringt im Zusammenspiel mit einer perfekt abgestimmten Show eine geballte Ladung an Energie auf die Bühne und überzeugt mit ihrer Mischung aus hartem Rock, Popanklängen und Sprechgesang. Selbst der schlecht abgemischte PA-Sound, der den Text des Rappers untergehen und die funkigen Gitarrenlicks nur erahnen ließ, konnte den Gesamteindruck nicht stören. Auch das Publikum ist nach wenigen Sekunden eingenommen und tanzt zur Musik, die – wenn überhaupt vergleichbar – einem Bastard aus Rage Against the Machine, H-Blockx, Beastie Boys und Deichkind entspricht. Trotz einer extatischen Bühnenshow des Frontmannes Luis Baltes, einer absolut makelosen Performance, die sich durch Zusammenspiel, Interaktion, gute Ansagen und nahtlose Übergänge auszeichnet, gibt es auch hier Kritikpunkte: Die technischen Klangschwierigkeiten gab's nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne und führten dazu, dass Luis sich gesanglich an der einen oder anderen Stelle überschlug. Das dann hörbare Metal-Grunzen ist zwar als ironisches Stilmittel witzig, zum Ende des Auftrittes hin war die Überbeanspruchung aber deutlich hörbar. 

{image}Nach diesem ersten Höhepunkt des Abends räumten Luis und Laserpower die Bühne für The xPlode. Dass diese überhaupt spielen konnten, verdankten sie einem knappem Zufall: Die Gewinner des Halbfinales waren eigentlich Lingua Loca, diese konnten aber aus Termingründen nicht teilnehmen und überließen ihren Platz somit den Zweitplatzierten – ein zusätzlicher Ansporn für The xPlode, die sich mit ihrem Auftritt der Teilnahme am Finale würdig erweisen mussten. Den Erwartungsdruck baute die Band schnell und entspannt ab, und trotz des jungen Alters von durchschnittlich nur 18 Jahren lieferte die Gruppe solide gespielten und melodiösen Rock. Was jedoch fehlte war ein Spannungsbogen oder Höhepunkt des Auftrittes, ein Ausbruch aus der Gleichförmigkeit der Masse tausend anderer, vergleichbarer Rockbands, und auch im Zusammenspiel – sprich beim Timing – gab es ein paar kleine Patzer. 

{image}Den Abschluss des Wettbewerbs bildete die Band Jolly Japlin, die zunächst einmal durch den schüchternen Frontsänger auffällt, der sichtlich aufgeregt eine erste Ansage zur Begrüßung versuchte. Dann aber der Donnerschlag: Im völligen Kontrast zum ersten Eindruck legte die Band plötzlich los, ließ diverse Münder offen stehen und der gerade noch schüchterne Frontsänger metamorphosierte zum extrovertierten Bühnenhelden. Wild und ausdrucksstark spiegelten seine Bewegungen förmlich jeden einzelnen Ton wider, und was bei der Ansage noch nach dünnem Stimmchen klang, war jetzt beim Gesang nicht wiederzuerkennen. Der Gesang war über jeden Zweifel erhaben, oft mehrstimmig und immer glasklar, texturiert und perfekt intoniert. Jolly Japlin zündeten ein Feuerwerk fehlerfrei gespielten und inszenierten West-Coast-Studenten-Rocks ab, der von der Qualität her ganz problemlos neben Namen wie Weezer konkurrieren kann. Eine Band, zusammen wie eine Ziegelsteinwand und doch durchzogen von musikalischen Brüchen, zum Beispiel kleinen Einwürfen wie kurzen Jazzriffs auf der Gitarre, nur um danach wieder mit voller Kraft zusammen nach vorne zu preschen. Beeindruckend und zurecht vom Publikum in bester Manier "abgefeiert".

{image}Damit war der Reigen der Kandidaten abgeschlossen und der Headliner des Abends, die regionale bekannte Band Benzin, verzückte vor allem den jüngeren Teil des Publikums mit eingängiem Teenie-Pop-Rock, der zum Mitsingen und Tanzen animierte – diesmal leider nur als Pausenfüller bis zur Bekanntgabe der Juryentscheidung. Nach einer guten halben Stunde verabschiedeten sich Benzin.

Nach einer kurzen Verzögerung war es dann soweit: Philip Ost verkündete die Juryentscheidung. Wer im Finale des Play Live steht, ist unbestreitbar gut und hat sich gegen viele andere, ebenfalls gute Konkurrenten durchgesetzt. So ergibt hier vor allem die Summe kleinerer Fehler die Entscheidung, die Moorange und The xPlode an diesem Abend leer ausgehen lassen. Dass sich der erste Platz zwischen Luis und Laserpower und Jolly Japlin entscheidet, war bereits abzusehen. Vor der endgültigen Verkündung des Siegers stand aber noch die Vergabe des Publikumspreises auf dem Programm. Dieses hatte die Möglichkeit per Stimmzettel ihren Favoriten zu wählen und ihrem Liebling damit immerhin 500 Euro in die Bandkasse zu spülen. Über diese dürfen sich Jolly Japlin freuen, die mit ihrem energischen Indierock und dem charismatischen Frontsänger bei der Mehrheit der Zuschauer den größten Eindruck hinterlassen haben. Im Nachfeld wurde uns bestätigt, dass der Publikumsentscheid ebenso denkbar knapp ausfiel, wie das Votum der Jury selbst. Kurze Spannungspause, dann die Bekanntgabe: Der Sieger des Play Live 2008 heißt Luis und Laserpower.

{image}Fassungslose Gesichter bei den Gewinnern, die ganz offensichtlich nicht mit ihrem Sieg gerechnet hatten, dann bricht ekstatischer Jubel auf der Bühne aus – und auch das Publikum feiert den verdienten Sieg der Überflieger mit frenetischem Beifall. Direkt nachdem die Band von der Bühne zurück in den Backstage stolperte, waren wir zur Stelle und haben die O-Töne der Band eingefangen: Bassistin Judith berichtet mit dem Strahlen eines Kindes in den Augen vom Funkenregen auf der Bühne und Schlagzeuger Hendrik gesteht auf Nachfrage, dass mit dem Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro erstmal alle Schulden abbezahlt werden. Gitarrist Sebastian wird dann doch noch kurz ernst und fasst die Reaktion der Band auf den Sieg in knappen Worten passend zusammen: "Wir haben wirklich nicht damit gerechnet zu gewinnen, die anderen Bands waren eine sehr harte Konkurrenz und haben unglaublich gespielt. Richtig gecheckt haben wir es noch nicht, aber es ist verdammt nochmal großartig."

Wir gratulieren den Gewinnern des Abends und empfehlen allen Lesern im voraus  jetzt schon einmal das Play Live 2009.

Klickt euch durch den Abend in unserer Fotogalerie mit Pics aller Acts!