Beray am Schlagzeug

Beray am Schlagzeug

Kein gutes Album ohne Schweiß und Anstrengung: Wir haben The Bonny Situation für euch exklusiv bei den Aufnahmen zu ihrer neuen CD begleitet. Dafür ist die Band nicht in ein Studio gegangen, sondern hat einen anderen Weg gewählt und mit eigenem Equipment die Aufnahmen selbst in die Hand genommen. Was heute im Home-Recording alles möglich ist, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Bericht über die Bonnies in der "Studio Situation".

{image}Wenn sich eine Band heute dazu entscheidet, ihre Musik für die Nachwelt festzuhalten und eine CD aufzunehmen, dann führt das nach wie vor in eine Zeit tage- oder wochenlanger Entbehrungen, verbunden mit Stress, Schlafmangel und ungesundem Essen, aber eben nicht mehr zwangsläufig in ein Studio. Der Weg zum fertigen Album hat sich in den letzten Jahren radikal gewandelt: Schnelle Computer und neue Programme ermöglichen heute auch außerhalb der Studiowände mit geringstem Aufwand akzeptable Ergebnisse. Bedeutete Homerecording früher, sich im dunklen Hobbykeller mit Bandmaschine und Casio-Keyboard einzubunkern, ist die Produktion in den eigenen vier Wänden heute vor allem für kleine Bands eine echte Alternative geworden. Für diesen Weg haben sich auch The Bonny Situation entschieden. Wir haben sie für euch bei den Aufnahmen zu ihrem neuen Album Music for A&Rs begleitet.

Wenn man eine Produktion selbst in die Hand nimmt, braucht man neben der nötigen Technik vor allem eines: Erfahrung. Diese hat im Falle der Bonnies Beray Habip, der Schlagzeuger der Band, der für das neue Album auch die Rolle des Produzenten übernimmt.

{image}Ganz bewusst entschied er sich dafür, die Aufnahmen an neutralen Orten zu machen, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Denn ganz gleich wo aufgenommen wird, eine Produktion bedeutet für jeden Musiker eine körperliche und psychische Belastung. Während Technik eingerichtet wird, muss man als Musiker ständige Bereitschaft und Konzentration aufrecht halten um dann, wenn es zur Aufnahme kommt, eine fehlerfreie Kür abzuliefern: "...so Orte wie Studio und Proberaum beeinflussen meiner Meinung nach das Spiel im negativen Sinn. Wenn man die Instrumente allerdings in Wohnzimmeratmosphäre neben Internet, Computer und Küche aufnimmt, wird alles gleich viel entspannter", so Beray im Gespräch mit uns. Einzig das Schlagzeug wurde im Laufe einer Woche in einer Aula aufgenommen. Dadurch wurde ein authentischer Sound eingefangen, der Weite und Raumklang hörbar macht. Das Schlagzeug dient, wie bei einer modernen Produktion üblich, zusammen mit dem Bass als Grundgerüst für die anderen Instrumente.

{image}Nach den Schlagzeugaufnahmen war also dementsprechend Hendry Moto an der Reihe, der bei The Bonny Situation den Bass bedient. Auch er schöpfte die Möglichkeiten des Homerecording voll aus und wählte mit Berays Garten einen ungewöhnlichen Ort für seine Aufnahmen. Innerhalb von nur einer weiteren Woche waren auch hier alle Aufnahmen im Kasten. Dafür, dass alles so reibungslos vonstatten ging, hat Hendry eine gute Erklärung: "Grund für diese neue Kreativität war wahrscheinlich dieser Flair, keine Wände um sich herum zu haben – eine völlig neue Arbeitsweise. Trotzdem sahen wir am Ende ungefähr so aus wie der besoffene Spongebob nach seiner Eisorgie mit Patrick."

Trotz Sonnenwetter und Gartenflair gibt es natürlich stressige Situationen,  was zum einen am eigenem, spielerischen Anspruch liegt, zum anderen aber auch daran, dass selbst in diesem Rahmen laufende Verpflichtungen einen Zeitdruck aufbauen. In der Studiozeit kann man weder live spielen, noch Geld zum Leben verdienen und nicht nur Fans, vor allem auch Manager oder Vertragspartner warten auf das pünktliche Erscheinen des neuen Albums. Damit während der Aufnahmen die Organisation nicht brach liegt, übernahm Benjamin Peters, der Sänger der Band, die geschäftlichen Angelegenheiten. Mit Ausnahme von Pilotspuren ist der Gesang immer der letzte Teil einer Produktion, der erst dann aufgenommen wird, wenn bereits alle Instrumente "im Kasten sind". So kümmert sich Benjamin in der Zwischenzeit um Finanzierung, Presswerk, Planung einer Releaseparty, Werbung und laufende Promotion, während die anderen weiter fleißig am Album werkeln. Außen vor ist er bei der Produktion natürlich nicht: "Zwischendurch bekomme ich von Meister Beray immer die allerneusten Mixe per Email zugeschickt, um mich zu Sounds und Lautstärkeverhältnissen zu äußern."

{image}Erst durch solch geschickte Aufteilung der Arbeit und das große Engagement der einzelnen Mitglieder ist es für die Bonnies überhaupt möglich, das Album in Eigenregie aufzunehmen und dabei im Zeitplan zu bleiben: Nach nur zwei Wochen sind die Aufnahmen für Schlagzeug und Bass abgeschlossen und das Keyboard ist an der Reihe. Patrick Schroer ist hier gefragt und muss sich mit guten Sounds, sowie allerlei schwarzen und weißen Tasten auseinandersetzen. Auch hier liegen natürlich ab und an die Nerven blank und so kommt es zu einer gefürchteten Situation in Form einer Kreativblockade: "Neben Problemen mit dem Computer fehlte bei dem Song After All einfach der richtige Groove, so dass sich Benny (das blöde Instrumentenmultitalent) an die Tasten setzte. Aber auch er scheiterte", so Patrick hinterher. Selbst mit Computerbeistand wollte die Aufnahme nicht recht gelingen und man war schon kurz davor, den Tag unvollendeter Dinge abzuhaken, als schließlich Beray mit frischem Wind an die Tasten wirbelte und einen überraschenden Take einspielt. Bombenstimmung bei allen Beteiligten: "Und da will mir noch mal einer sagen, dass Drummer keine Musiker wären!" Die restlichen Aufnahmen gingen dann mit gewohnter Professionalität voran und auch Patrick nutzte die Möglichkeit, einige Takes von zuhause aus einzuspielen, um sie dann per Mail an Beray weiterzuleiten. An allen Ecken wurde gleichzeitig gearbeitet, um alles fertig zu bekommen.

{image}Das galt auch für die Sechssaiter, sprich, die Gitarren. Die Songs wurden unter den beiden Gitarristen Alexander Schroer und Andreas Klees aufgeteilt, um fokussiert und konzentriert an verschiedenen Songs gleichzeitig arbeiten zu können. Der Weg des digitalen Homerecordings wurde dabei auch hier kompromisslos beschritten: Die Gitarre wurde ganz ohne Verstärker aufgenommen, indem ihr Signal direkt abgenommen wurde. "Im Gegensatz zu anderen Produktionen benutzen wir dieses Mal keinen echten Verstärker, was uns auf der Soundsuche uneingeschränkte Möglichkeiten bietet. Wir haben uns da was richtig Feines zusammengebaut", erklärt uns Bassist Hendry die Herangehensweise, die tatsächlich ein schnelles Arbeiten mit erweiterten Soundmöglichkeiten bietet. Andererseits sehen viele Produzenten und Musiker den Einsatz virtueller Amps aber nach wie vor kritisch, da ein virtuelles Programm eben doch anders klingt als ein echter Verstärker. Das wissen auch die Bonnies und entscheiden sich trotzdem für Sound aus dem Computer: "Ein Klick ersetzt die Mikrofonierung, ungesunde Lautstärke ist ebenso passé wie häßliche Rauschfahnen und Autobahnen an Instrumentenkabeln." Gesundes Selbstbewußtsein und gefühlter Vorteil überwiegen und so rutscht den Gitarristen bei Beray in kaminfeuererwärmter Wohnzimmeratmosphäre ein Song nach dem anderen über das Griffbrett.

{image}Die Aufnahmen werden zur Freude aller tatsächlich fristgerecht eingespielt und warten jetzt als Rohmaterial darauf, von Beray zu fertigen Songs abgemischt zu werden. Die bisher vollbrachte Leistung hat Beray uns zum Abschluss noch einmal nett zusammengefasst: "Zack, Zeugs aus dem heimischen Studio mitnehmen, Zack, stimmen, Zack, aufbauen, Zack, einspielen. Mittendrin noch Peng, Computer kaputt, danach aber Juhuu, Computer wieder heile. Am Ende tolle Aufnahmen."  Vom wirklichen Endergebnis könnt ihr euch spätestens bei der offiziellen Releaseparty am 5. Dezember in Duisburg überzeugen. Wir bleiben für euch bis dahin natürlich auch weiterhin am Ball und werden das Album schon bald in aller Ausführlichkeit vorstellen. Soviel sei aber schon einmal verraten: Euch erwarten 10 neue Stücke, sowie eine Neuauflage des Songs Pistolero, der auf letzten Veröffentlichung Two Lazy Apes EP als akustische Version zu hören war. Man darf gespannt sein auf das neue Album: Music for A&Rs.