No Age

No Age © Sub Pop

Eigentlich sollte jeder dieses Duo aus Los Angeles kennen, denn so ziemlich alle Musikmagazine gehen jetzt schon davon aus, dass No Age mit "Nouns" eines der bisher besten Alben des Jahres 2008 abliefern konnten - vielleicht sogar das Beste. Auf der einen Seite wirkt es undurchdringlich, nervös und dreckig, doch darüber schwebt ein verzaubernder Pop-Mantel, der zuletzt bei My Bloody Valentines "Loveless" so perfekt funktionierte. Wir wollten uns aber auch live überzeugen.

{image}Eindeutig inspiriert von Alben des Black Flag Labels SST und älteren Sonic Youth-Brocken, taumeln sie in einem tiefen Dunst aus Noise-Wolken – verlieren darin aber nie den Faden. Das hat auch der TV-Sender ARTE erkannt, denn der wollte sich das einzige Deutschlandkonzert von No Age auch nicht entgehen lassen und produzierte ein Spezial für "Tracks" direkt vor Ort im "Zum Teufel" in Heidelberg. Sie hatten sich den idealen Termin ausgesucht, denn Hand aufs Herz: wann erlebt man noch Konzerte, bei denen die Schweißdrüsen unaufhaltsam glühen und das gesammelte Publikum vollständig in Raserei verfällt, während das musikalische Niveau gleichzeitig nicht nur über dem des geliebten Jugendzentrums liegt, sondern ungeahnte Höhen erreicht? Äußert selten. Macht aber nichts, denn umso intensiver wirkte dieser Abend, an dem alles zu passen schien: Sei es der Club "Zum Teufel" in Heidelberg, der an dieser Stelle für sein Ambiente gelobt werden muss, oder eben das Publikum, das sicher den ein oder anderen blauen Fleck einstecken musste und ausnahmslos alles gegeben hat.

{image}Diskretion, Abstände oder Berührungsängste zwischen Band und Publikum gab es nicht, stattdessen wurde die typische Konzertsituation regelrecht auf den Kopf gestellt.

Randy Randall hatte keine Angst davor, mit seiner Gitarre durch das Publikum zu laufen, während die Feiernden die Bühne betraten und wieder einmal wurde deutlich, was so ein Duo letztendlich ausmacht, nämlich bedingungslose Interaktion und unbändige Energie. Während viele Bands sich vorab damit auseinander setzen müssen, wie sie den oft zu glatt produzierten Klang ihrer Platte live adäquat umsetzen können, verzichten No Age auf jegliche Form von Star-Allüren und genossen ausgiebig, was da vor ihnen gerade passierte. Da auch Nouns im Lo-Fi Sound unaufhaltsam nach vorne marschiert, wurde eine gewisse Erwartungshaltung an den Sound sowieso zu Hause gelassen, was dem Ganzen aber keinen Abbruch einbrachte.

{image}Lediglich der mitreißende Gesang von Schlagzeuger Dean Spunt wirkte manchmal etwas verloren, doch die Intelligenz dieser Texte lässt sich sowieso nur von Platte komplett erfassen. "Wait for the foreman now get paid / wait and see the list of shit you made / gotta see my hearts a darker place / gotta be my soul's the one who pays" lautet es auf Eraser, dem eigentlichen Hit des Albums. Spätestens mit diesem Song wurde der Teufel zum brodelnden Hexenkessel. Auf diesem Level sollte es dann auch bleiben und gespielt wurden natürlich auch alle anderen Bretter, darunter z.B. Cappo und Sleeper Hold (Anm.d.Red.: zu diesem Zeitpunkt schlug sich unser Autor unfreiwillig den Kopf an die Monitorbox und zog sich eine kleine Platzwunde zu).

Auch an alle älteren Punk- und Hardcore-Fans: wer das letzte Mal so richtig zu Big Takeover von den Bad Brains seinen Kopf schütteln konnte, hat nun endlich wieder eine Alternative und kann die alten Platten ruhig mal im Keller lassen. No Age müssen einfach gehört werden. Denkt man sich all die kratzigen Noise-Elemente weg, handelt es sich dabei aber auch um die tollste Pop-Band des Jahres. Was will man da eigentlich noch mehr?

LINKS:

Blog: www.noagela.blogspot.com

Homepage: www.myspace.com/nonoage

MP3: Eraser (via Sub Pop)

NO AGE – Eraser (Live at Juans Basement)