Patrick Watson

Patrick Watson © www.patrickwatson.net (Media Kit)

Zuletzt war die Band Patrick Watson Ende 2007 in Deutschland unterwegs, als Support für die Cold War Kids. Sie überzeugte mit ihrem intensiven, klanglich vielfältigen und dichten Sound. Nun sind sie auf einer eigenen Tour unterwegs und machten dabei auch im Studio des Admiralspalast Station, in dem sie auch wieder ihre Live-Qualitäten unter Beweis stellen wollten. Das gelang sichtlich: Stehende Ovationen waren das Ergebnis eines Konzerts fern der Realität.

{image}Den Bandnamen Patrick Watson kann man leicht missverstehen. Denn nicht ein einzelner Songwriter, sondern ein vierköpfiges Quartett um eben diesen Patrick Watson bestimmt das Geschehen der Band. Jedoch ist er es, der das Projekt anfangs startet und für seinen Job als Sänger und Pianist die besten Voraussetzungen mitbringt. Denn der Kanadier beginnt seine Gesangskarriere nicht nur als Chorknabe, sondern genießt zusätzlich dazu wenig später auch eine professionelle Ausbildung zum Pianisten. Banderfahrung sammelt er mit der Ska-Jazz-Band Gangster Politics, wo er den Gitarristen Simon Angell kennenlernt. Mit ihm sowie dem Schlagzeuger Robbie Kuster und Bassist Mishka Stein gründet er 2001 die Band Patrick Watson. Dabei kommen alle Mitglieder aus ganz verschiedenen Musikrichtungen. Während Patrick Watson selbst, wie oben beschrieben, eine klassische Ausbildung genießt, kommt der Gitarrist aus der Rockmusik, der Bassist aus der Led-Zeppelin-Schule und der Schlagzeuger aus dem Jazz. All diese Strömungen wirken sich auf den Sound der Band aus, der mit seinen träumerischen Melodien wie ein kleiner filmischer Soundtrack wirkt und den Hörer aus der Realität reißt. Passend dazu betiteln sie nach dem rein instrumentalen Debütalbum Waterproof9 und dem Zweitling Just another ordinary day ihr neustes Album dann auch Close to paradise. Trotz diesen drei Alben entdeckt das Haldern-Pop-Festival die Band erst 2007 für den deutschen Markt. Darauffolgend durften sie Ende letztes Jahres eine erfolgreiche Supporttour für die Cold War Kids absolvieren und überzeugten schon bei dieser Gelegenheit mit außergewöhnlichen Live-Qualitäten.

Dementsprechend gespannt ist das Publikum an diesem Abend in dem mit einer Sitztribüne ausgestatteten, bestuhlten Studio des Admiralspalasts in Berlin. Und die hohen Erwartungen werden nicht enttäuscht.

{image}Patrick Watson erscheint zusammen mit seiner Band in T-Shirt und mit einer Kappe, die im Laufe des Abends noch so ihre eigenen Bedeutungen zugesprochen bekommt. Kaum sind die ersten Takte verklungen, beschleicht den Zuschauer aufgrund der Stimme des Sängers sofort wieder ein Gefühl, welches schon einigen Hörern in den letzten Jahren gekommen ist: Klingt diese Stimme nicht Jeff Buckley verdammt ähnlich? Dies muss man mit einem eindeutigen Nicken beantworten. Es ist diese weiche, aber auch diese manchmal hochschraubende, fast sirenenhafte Stimme, die diese Analogie zulässt. Und auch was die Leidenschaft angeht, Emotionen zu übermitteln, scheint Patrick Watson von Jeff Buckley geerbt zu haben. Denn wie er sich immer wieder in seinen wippenden, ekstatischen Bewegungen am Klavier in seine Musik und seine kleinen Geschichten vergisst, da hat er etwas von einem Tagträumer, der immer wieder mit laut hörbaren Freudenschreien und frohem Lachen seine Glückseligkeit auf den Zuschauer überträgt.

Der Zuschauer wird bei dieser Musik schnell aus der Realität herausgerissen und es entsteht das Verlangen, nicht mehr aus dieser Traumwelt verschwinden zu müssen. Die träumerische Stimme Watsons und die durch Glockenspiel, singender Säge, Xylophon und weitere zusätzliche Instrumente unterstützte Musik, verzaubert einfach. Das unterstützen auch die ganz ruhigen, sensiblen Momente, in denen das Schlagzeug nur noch wie eine Schlange leise zischt und die Gitarre zirpt, aber auch psychedelische Momente, in denen die Synthesizergeräusche die Musik in diese doch so andere Traumwelt treiben. Dabei wird die Gitarre des Öfteren mal mit einem Stab wie eine Geige benutzt. Diese Intensität mit einer großen Fülle an Klangfarben ist das Beeindruckende an der Musik von Patrick Watson. Zwar würde wahrscheinlich auch ohne die Stimme Watsons der Sound gut in einem Filmsoundtrack passen. Aber mit ebendieser bekommt der klangliche Sound nochmal seine eigene Persönlichkeit. Watson wechselt dabei oft zwischen seinem Synthesizer und dem Piano. Dabei amüsiert den Autor auch immer wieder die etwas ungeschickten Versuche des Sängers, das Mikrofon in die richtige Position zu bringen. Leichte Knackgeräusche sind die Folge.

{image}Das Publikum feiert die Band um Patrick Watson frenetisch und darf sich dann sogar einen Songtitel selbst auswählen. Dabei fallen einem jungen Briten, der zuvor schon Watsons Kappe mit den Worten "nice hat" gelobt hatte (wodurch ein längeres Gespräch zwischen dem Künstler und dem Fan entstanden war) verschiedene amüsante Einfälle ein, wie "funny hat" auf Anspielung auf die Kappe sowie das Wort "Winsor". Warum er jedoch immer wieder die Kappe ins Gespräch bringt, muss man ihn wohl selbst fragen. Aber auch sonst möchte Watson eine Verbindung zum Publikum herstellen. So darf dieses bei dem großartigen, verzerrten Stück The storm ab einem bestimmten Zeitpunkt laut losschreien und damit den Sturm symbolisieren. Weniger zum Mitmachen, dafür aber mit fast schon erdrückender Intensität kommt The great escape daher, welches in einer völlig abgedunkelten Bühne nur durch die Stimme Watsons zu beeindrucken weiß und sich außerdem durch eine wunderbare, klare Pianobegleitung auszeichnet. Absoluter Höhepunkt ist jedoch die Performance des wärmenden Man under the sea. Watson verlässt hier mit seiner Band die Bühne, schreitet die Treppen der Sitztribüne hinauf und singt – ohne Mikrofon – in dieser besonders intimem Atmosphäre die Zeilen "Just me/ fish and the sea", die vom Publikum aufgenommen werden. Dabei bildet sich aus dem Saal zeitweise ein großer Chor. Dezente Begleitung kommt von der Akustikgitarre und dem immer mal wieder hinein kreischenden Gitarristen sowie dem Schlagzeuger, der mit einer Handtrommel bewaffnet ist und mit auf dem Boden stampfenden Bewegungen den Takt vorausgibt. Patrick Watson beendet dieses Highlight dann in entzückenden Tönen und Freudenschreien auf einer extra für den Song bereitgestellte Orgel. Es folgen noch mehrere Zugaben, bevor Patrick Watson zusammen mit seiner Band nach fast zwei Stunden unter stehenden Ovationen die Bühne verlässt.

Patrick Watson muss gewusst haben, wie der Sound und die Konzerte auf das Publikum wirken. Weshalb sonst benannte er wohl sein Album Close to paradise? Denn das war es: ein paradiesisches Erlebnis.

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