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© Peach Mallow Burners

Während Grizzly Bear mit einer abwechslungsreichen Veröffentlichung nur knapp an unserer Bestwertung vorbeischrammen, ist bei Hi-Tek von Vielseitigkeit nur wenig zu spüren und theRain bleiben zu unauffällig, um voll zu begeistern. Aber man kann ja flüchten in gute Erinnerungen an Seachange, oder mit dem erfrischenden Aufleben des Grunge bei Jackson Analogue einfach gediegen abrocken. Aufgelegt haben wir auch 2 Entdeckungen aus unserem Artist-Pool: Demos von Metrophon und den Peach Mallow Burners.

Grizzly Bear - Friend (EP) | Label: Warp Records

Manchmal fehlen einem echt die Worte. Das ist allerdings keine gute Ausgangsposition für eine CD-Rezension. Aber bei der vorliegenden EP von Grizzly Bear kann man die Gefühle und Eindrücke nur schlecht in Worte fassen. Ein kleiner Versuch liegt nun hier vor: Ganz leise und unscheinbar schleicht sich Alligator ins Ohr, um dann orchestral zu explodieren. Es schwankt zwischen Folk- und Film-Musik und lebt vor allem auch durch seine einzigartigen Chor-Passagen. Unterstützung kommt von Zach Cordon (Beirut) und den Dirty Projectors. Alles in allem besteht die EP größtenteils aus Coverversionen. Entweder covern sich Ed Droste, Christopher Bear, Daniel Rossen und Chris Taylor selbst, oder sie lassen sich von Bands wie CSS oder Band of Horses covern, wobei ein ungewöhnlicher Mix aus Folk, Electro und Pop-Musik ensteht. Auf Alligator folgt ein Crystals-Cover (He Hit Me), das durch seine Instrumentierung und das ausgeprägte Echo auf dem Gesang sehr sphärisch wird und das Original getrost in den Schatten stellt. Gefolgt wird dieses Cover von zwei Eigenkompositionen (Little Brother, Shift), die es ebenfalls auf dem Debüt Yellow House zu bewundern gibt. Auf der Friends EP scheinen sie allerdings noch einmal eine andere Ebene zu erreichen und sind mehr als gelungen. Vor allem Shift besticht durch das einprägsame Riff zu beginn der Stückes, was durch eine wunderschöne Melodielinie umspielt wird.

Ob die nachfolgenden Stücke noch von Belang sind, darüber lässt sich sicherlich streiten. Nach einem kurzen elektronischen Intermezzo von Terrible vs. Nonhorse, erwartet den Hörer Granny Diner. Ein Stück, dass zu 90 Prozent aus instrumentalem Geplänkel besteht, welches erst in den letzten 45 Sekunden mit einem leichten Gesang ausklingt. Ein besonderes Highlight im zweiten Teil ist sicherlich das CSS-Cover von Knife, das sich so sehr vom Original unterscheidet, dass neben den verwendeten Textfragmenten keinerlei Gemeinsamkeiten mehr bestehen. Das Stück ist ganz in CSS-Manier elektonisch umgestaltet worden und bekommt so, im Gegensatz zum Original, eher eine fröhliche Note. Und auch Band of Horses lassen sich nicht lumpen. Mit ihrer Version von Plans mit Banjo, einer typischen Country-Basslinie und dem größtenteils dreistimmigen Gesang entsteht ein starker Kontrast zum Vorgängersong. Das folgende Cover von Atlas Sound geht allerdings – an dieser Stelle platziert – etwas unter, obwohl es musikalisch sehr schön gelöst wurde. Hier ist zum ersten Mal richtig zu merken, dass es sich mehr um eine Stückesammlung als um ein Album-Konzept handelt. Auch das letzte Stück Deep Blue Sea geht leider etwas unter, das Ende ist abgehackt. Die vorherigen Stücke übertrafen die letzten beiden vor allem in ihrer Intensität. Schade eigentlich. Zum Glück wird dieses Loch durch einen sehr intensiven Hiddentrack wieder auf das gewohnte Niveau an Intensität gehoben, was einen für die zwei schwächeren Tracks mehr als entschuldigt. Trompeten, Schlagzeug, Gitarre… ganz wie aus einem Latinowestern entsprungen. Alles in allem sicherlich eine sehr gelungene EP, die mit ein bisschen mehr Liebe zum Konzept eventuell das Top-Album des Monats hätte werden können.

Wertung: + + + + (Sarina Pfiffi)

Hi-Tek - Hi-teknology Vol.3: Underground | Label: Babygrande

Tony Cottrell alias Hi-Tek ist als ambivalenter HipHop-Produzent mit Vorsicht zu genießen. So etwa könnte die Quintessenz des neuen Albums lauten. Seine Produktionen prägten früher einerseits den urtypischen Neunziger Sound von Rawkus Records, mit denen es ihm gelang, Talib Kweli für Reflection Eternal alles Erdenkliche an Skills abzuverlangen. Des Weiteren kreierte Tek 2000 die Beats für das Black Star-Duo Mos Def und Kweli, woraus ein Meilenstein des Conscious-Rap entstand. Bedingt durch den Wechsel in das Aftermath-Lager von Dr. Dre zeichnete sich Tek in jüngster Vergangenheit andererseits mehr durch chartorientierte Westcoast-Fanfaren für Interscope Rapper wie Young Buck, 50 Cent und The Game aus. Mit dem Producer-Album Hi-teknology Vol.2: The chip gelang Hi-Tek schließlich die Verträglichkeit der breit gefächerten Rap-Genres und die Kritiker waren erstaunt. Nun erscheint der dritte Teil der Teknology-Serie namens Underground, bei dem Tek Newcomer wie Estelle, Riz und Push Montana einspannt und nur wenig Platz für alte Freunde lässt. Bis auf ganz wenige Ausnahmen designt Hi-Tek mit seinem neusten Werk den x-ten Soundtrack für jeden tiefer gelegten Chevy des Golden State. Lasches R’n’B, das durch klatschende Bässe minimal nach vorne gepeitscht wird. Auch inhaltlich bleibt der Anspruch über größte Strecken schuldig. Das eine Stück hangelt sich träge zum nächsten, innovative Höhepunkte sind Fehlanzeige. Hi-Teks Klanginspiration scheint eine völlig neue zu sein. Der traurige Höhepunkt ist schließlich mit Back On The Grind erreicht, für den Hi-Tek den 17-jährigen Sean Kingston – ja, richtig, der mit der Leiernummer Beautiful Girl – ans Mikro lässt. Selbst Little Brother und Talib Kweli bleiben im Endeffekt unter ihren Möglichkeiten. Pluspunkte des Albums machen eindeutig die energiegeladenen Rapparts von Raekwon und Ghostface Killah aus. Produktionstechnisch knüpft Hi-Tek an seine für die G-Unit gefertigten Beats an, von Vielseitigkeit ist insgesamt wenig zu verspüren. Damit hat sich das Zielpublikum in der Teknology-Serie von eins bis drei um 180° gewendet. Fans der älteren Hi-Tek Produktionen kommen leider nicht auf ihre Kosten, Freunde der G-Unit bekommen ein solides Werk ohne besondere Höhen verabreicht.

Wertung: + + (Andreas Margara)

Seachange - Disband in Bonn | Label: Glitterhouse

Es ist immer traurig, wenn Freundschaften auseinander gehen. Vor allem aber, wenn die Freundschaft musikalisch solche Früchte getragen hat, wie es bei Seachange der Fall war. Acht Jahre lang beehrten uns die Briten mit ihrer Musik, waren dabei niemals angepasst und hatte ihren ganz eigenen Sound kreiert. Der Abschluss ihrer Karriere fand im Rahmen eines Abschiedkonzerts in Bonn statt und wurde vom "WDR Rockpalast" festgehalten. Dieses bewegende Konzert ist nun auf CD erhältlich und dokumentiert das musikalische Schaffen der Briten. Kraftvoll und intensiv erlebt man dieses Konzert, selbst, wenn sie – wie in diesem Fall – aus der Konserve kommt. In der Komplexität der Songs fühlt man sich bald wie eine Mücke in einem Spinnennetz. Man kommt einfach nicht mehr heraus. Und das möchte man eigentlich ja auch gar nicht. Die Jungs aus Nottingham haben ihr Werk mit einem Konzert gekrönt, das seinesgleichen sucht. Nicht nur "altes" Material findet sich auf Disband in Bonn 2007 wieder. Zwei bisher unveröffentlichte Tracks (Half As Love und Personal Assistant) bilden den krönenden Abschluss einer viel zu kurzen Karriere. "I’m not leaving, but I won’t stay" (Midsummer Fires) oder die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Hoffnung, dass die verbleibenden Musiker von Seachange die Musik nicht ganz aufgeben und ihre Musik weiterlebt. Ein Projekt soll es schon geben, allerdings wird über Namen und Stil noch wild spekuliert.

Wertung: + + + + (Sarina Pfiffi)

Jackson Analogue - and then...nothing | GAP/grooveattack

Jackson Analogue haben sich aus einem Major-Vertrag herausgekämpft, um ihr Albumdebüt bei Groove Attack veröffentlichen zu können. Die Band von der Isle of Wight hat die Songs in einem alten Wasserturm aufgenommen und dieses Ambiente passt sehr gut zu der Musik: auf and then...nothing gibt es vornehmlich unverfälschten (Blues)-Rock zu hören, der seine Wurzeln bei Helden wie The Who, Led Zeppelin, Creedence Clearwater Revival oder Muddy Waters nicht verleugnet. Gleichzeitig gibt es hier und da auch immer wieder ein kurzfristiges Abdriften zum Grunge der 90er Jahre zu vernehmen. "Wir wuchsen mit den alten, verkratzten Akustik-Blues-Platten unseres Vaters auf, aber wir sind auch Kinder der Grunge-Ära, also waren Pearl Jam und Soundgarden gleichermaßen Teil unserer musikalischen Erziehung", erklärt Jim Homes, der die Band mit seinem Bruder Rob im Sommer 2004 aus den Trümmern diverser lokaler Bands heraus formierte. Die 5 Musiker verpacken dies alles in 11 abwechslungsreiche Tracks, aus denen besonders das mit Akustikgitarren gespielte mid-Tempo-Lied Concrete Hands heraussticht. Zwischen Ballade und sanftem Rocker präsentieren Jackson Analogue hier ein wirklich ausgefeiltes und fesselndes Songwriting. Festzuhalten bleibt dennoch, dass in der Musik insgesamt nur wenig innovative Elemente zu finden sind. Zu sehr hängt man auch vom Sound her an den eigenen Vorbildern fest. Aber genau dies setzen sie mit allergrößter Leidenschaft um, und so kann man diese Platte allen ans Herz legen, die wieder etwas erdiges in ihrer Plattensammlung aufnehmen wollen. Das Info zur Platte wirft die Frage auf: "Die perfekte analoge Musik für das digitale Zeitalter?" Für Rock- und Grunge-Fans ganz gewiss!

Wertung: + + +  (Markus Biedermann)

Peach Mallow Burners – Salute to a tree | (ohne Label)

Aus Hamm erreichte uns ein ungewöhnlich gutes 3-Track-Demo. Schon das (selbst gestaltete) Cover zieht ausreichend Aufmerksamkeit auf sich. Doch auch auf die Scheibe selbst haben die erst seit Anfang 2007 in dieser Besetzung spielenden Peach Mallow Burners beachtliches gebannt: Ihr Demo Salute to a tree offenbart beim ersten Durchhören eine Perle (The Grime) zum sofortigen Mitgröhlen, nach drei Durchgängen haften bereits alle Songs im Ohr. Dabei ist das Rezept auf den ersten Blick denkbar einfach: Die vier Jungs platzieren sich breitbeinig zwischen frühem New Wave und 90er-Indie, mixen das Ganze mit einer gehörigen Portion authentischer Frische auf und legen somit eine Punktlandung in 2007 hin. Wo viele Bands, die einen musikalischen Blick zurück in die Poast-Punk, New Wave und Indie-Szene der 80er und Anfang der 90er Jahre werfen, dunkel, leicht verwegen und letzten Endes dann eher blass bleiben, kommen die Peach Mallow Burners mit dem Schraddel-Charme der ersten Cure-Platte daher und pfropfen Melodien über ihre bestechenden Drums, Gitarren und Keyboard-Einwürfe, die einem vor Freude eine Gänsehaut über den Körper rasen lassen – nicht nur an den mitreißenden Stellen mit mehrstimmigem Gesang, da aber ganz besonders. Sicher, die gesangliche Leistung des Sängers ist – rein technisch gesehen – ausbaufähig, die Produktion des Demos ist erkennbar eine "bessere Proberaumaufnahme" (sowohl Aufnahme als auch Mastering haben die Musiker dort selbst übernommen). Doch eines passt hier zum anderen und fügt sich zusammen zu einem viel versprechenden Demo. Veranstalter: Bucht diese Jungs! 500 CDs zu Promo-Zwecken sind zu haben.

Wertung: + + + +  (Markus Biedermann)

Metrophon – Demo | (ohne Label)

Metrophon geben in ihrer Bandinfo ein bestechend einfaches Ziel aus: "Nicht aufhören bis die Bude brennt und auch die letzte Reihe tanzt." Wenn man keine Gelegenheit hat, eines der Konzerte der vier Jungs aus Düsseldorf zu besuchen, dann bleibt derzeit zumindest und glücklicherweise die aktuelle Demo-CD als Option (bei der Band zu Promo-Zwecken zu haben für einen schlappen Euro). Sie ist als wachsendes Werk angelegt. Die Stücke werden selbst produziert und momentan finden sich 3 Tracks auf der Scheibe. Vollständig ihr Ziel erreichen Metrophon mit der Nummer Wo du warst, die gleich auf mehreren Ebenen zu überzeugen vermag: Rotzige Gitarren und groovende Drums bilden den Start, dann gesellt sich noch der treibende Bass und die kraftvolle Stimme hinzu, der deutsche Text und eingängige Chorus ziehen zusätzlich in den Bann. Powerpop, Indierock und Britpop nennen Metrophon als Wegweiser. Kann man alles nur unterstreichen, den Player auf "repeat" stellen und schleunigst damit anfangen zu tanzen.

Wertung: + + + +  (Markus Biedermann)

theRain - EP | Manta Ray Rec./grooveattack

Eines muss man theRain sofort attestieren: Sie zögern nicht damit, das zu tun, was ihrer Ansicht nach für den Erfolg der Band vonnöten ist. Ganz oben auf der Liste: Umzüge. 2 Member kennen sich aus gemeinsamen Schultagen in Köln, wo beide in der Schul-Jazz-Band spielten. Anlässlich des englischen Releases von Involver zog man kurzerhand ein Jahr lang nach London. Sie nutzten alle Möglichkeiten, die das britische Pop-Mekka zu bieten hat. theRain spielten mehr als vierzig Gigs allein in London, u.a. traten sie in Barfly, Cuckoo Club und der Proud Gallery auf. Dazu tourten sie ausgiebig durch England, Schottland und Wales. Für die deutsche Veröffentlichung von Involver (März 2008 auf Manta Ray Rec./grooveattack) zogen Sänger/Gitarrist Lorenz Theuer und Basser Carlos Bruck nach Berlin. Hatten sie sich in England noch mit wechselnden Trommlern beholfen, fanden sie hier mit Daniel Schröteler ein festes Mitglied für die Drums. Mit einer EP im Rücken tourten sie im Oktober und November durch zahlreiche Städte und versuchen nun, auch in ihrer Heimat Deutschland einen festen Stand zu bekommen. Allerdings ist ihr Mix aus Brit-Pop, Grunge und Alternative zwar gefällig, weiss aber dennoch nicht so recht, diesen Hörer vom Hocker zu hauen. Es rockt, geht gut vorwärts, alles ist anständig produziert und technisch bestens eingespielt, an den Melodien gibt es nix auszusetzen. Leider fallen theRain insgesamt dennoch zu wenig aus dem (britisch beeinflussten) Rahmen, mit dem sich heute so viele weitere Künstler einzurren. Der ein oder andere Ausbruch aus dem musikalisch engen Korsett würde dieser Band die letzte Würze geben … in jedem Fall aber darf man sich auf das Album freuen. Involver wird mehr Tracks und damit mehr Gelegenheit als die EP bieten, die unfraglich interessanten Facetten der Band zu erforschen.

Wertung: + + +  (Markus Biedermann)

So werten wir:

+
schnell auf ebay damit, bevor es jemand merkt
++
hier mangelt es an so einigen Ecken und Enden
+++
das kann sich wirklich hören lassen
++++
ein TOP-Album
+++++
das hier kann dir die große Liebe ersetzen

 

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