Bands On Board 5.0
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Bands On Board 5.0 Fotos: Manuela Hall © regioactive.de

Zwei Mal Bands on Board innerhalb eines Sommers, der niemals richtig da war. Konnte das gutgehen für die angeheuerten Matrosen, die Bands und die Crew von regioactive.de? Oder ist das Konzept, handverlesene Bands in der einmaligen Atmosphäre auf einem Boot zu präsentieren, damit überstrapaziert? Wir schauen kritisch zurück auf eine Veranstaltung, die unter dem Strich jedoch als Erfolg verbucht werden muss.

Der Fluch des Deltas, der das vierte Bands on Board begleitet hatte, war endgültig verzogen und so stellte sich die regioactive.de-Crew mit BoB5.0 dieses Jahr schon zum zweiten Mal auf, um mit der geballten Kraft der Musikszene und dem sagenumwobenen Team von emotion-music die Segel zu setzen. Die Bands Thorn Eleven und Plus sowie DJ Udo unterstützen die Mannschaft. Aller guten Dinge sind 5, mag man sich an dieser Stelle denken. Doch diesmal wurden auch kritische Töne gegenüber der Veranstaltung geäussert (vgl. z.B. den Artikel im MM).

Auslöser einer Debatte im Laufe des Abends waren die Toilettengänge der Matrosen. Was sich erstmal komisch anhört, hat einen handfesten Hintergrund. Die Bühne für die Bands befindet sich auf dem Piratenkreuzer "Kurpfalz" nämlich im Mitteldeck. Dort ist ein Raum, der Band und Publikum ein gemütliches Plätzchen für die Gigs bietet - doch direkt dahinter liegen die Toiletten des Schiffes. So muss der von Hopfen und Malz getriebene Gast quasi mitten durch die Bühne durch, um sich seiner Notdurft zu erleichtern. Dass dies insbsondere während der Auftritte für die Bands ausgesprochen ungewöhnlich ist, liegt auf der Hand. Es bleiben genau genommen nur 2 Optionen. a: nimm's locker und lass' dich nicht irritieren. b: es stört so sehr, dass man nicht darüber hinwegsehen mag.

Aber fangen wir kurz von vorne an. Kaum war der Kahn geentert, begann DJ Udo damit, die versammelte Mannschaft mit einem Programm aus dem besten von Indie und Alternative aufzuwärmen. Das war nötig, denn das Wetter drohte den Stapellauf zu einer Fahrt auf hoher See werden zu lassen. Doch zum Glück heizte Udo gekonnt ein und auch der höllische Wind auf den Oberdecks verschwand nach wenigen Minuten Fahrt.

Zeit also für die Band Plus aus Mainz, die Kampfstellung zwischen Publikum und Klo zu beziehen. Zuerst jedoch begann das Set mit einem technischen Problem - der Bassverstärker war ausgefallen - welches allerdings schnell gelöst werden konnte. Thorn Eleven stellten ihr Equipment zur Verfügung. So konnte die Band um den 23jährigen Singer/Songwriter Oliver Burghardt loslegen. Und das taten sie auch: Ihr Mix aus Indie- bis Folk-Rock war an diesem Abend das Forscher U-Boot, das bis hinunter an die Wurzeln des Urpsrungs dieser Musiken zu tauchen wusste. Die folkigen Songs des Quintetts sind immer nah am Text. Wie in der Eigenbeschreibung zu lesen ist, finden sich keine leeren Schnulz-Phrasen, kein Pop-Geschleime und keine Lücken im Arrangement. Synthie, Bass, zwei Gitarren, Trompete und Schlagzeug werfen die Musiker dafür in die Waagschale und diese schlägt aus in Richtung "großartiges Set". Mittendrin und ganz zentral agiert der Kopf der Gruppe und begeistert durch seine markante Stimme und ein Gitarrenspiel, das von gefühlvoll bis schraddelig alle Facetten aufzubieten hat und das der Sänger und Gitarrist durch geschicktes Spiel mit dem Kapodaster jederzeit noch weiter variiert. Von der ungewöhnlichen Location lassen sich Plus kaum irriteren und nehmen den Publikumsverkehr eher locker. Klare Wahl: Die Mainzer hatten sich für Option a entschieden.

Ganz anders empfanden dies die nach eineinhalb Jahren Pause zurückgekehrten Thorn Eleven aus Heidelberg. Darum sollte eine Bitte an das Matrosenvolk dem Treiben im Mitteldeck ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen: Alle 4 Songs wollte man eine Pause einbauen und den an Harndruck leidenden den Durchlass gewähren. Ein guter Plan, der allerdings übersah, dass zum Zeitpunkt des Gigs ein Großteil der 120 Anwesenden bereits der zügellosen Partylaune verfallen war und den Seemanns-Brausen kräftig zusprach. Das führte dazu, dass der Vorschlag der Band nicht wirklich angenommen wurde. Doch nicht nur davon wurden Thorn Eleven ausgesprochen irritert: Auch ihnen wurde ein technischer Defekt zum Verhängnis, in diesem Fall der des Gitarrenverstärkers. Lead-Sänger und Gitarrist David Becker verzichtete prompt auf sein Gitarrenspiel und konzentrierte sich fortan ausschließlich auf den Gesang. Ein meisterhafter Plan B an dieser Stelle - Souveränität, die man sich im Umgang mit der "Toilettenfrage" ebenfalls gewünscht hätte. Der musikalischen Qualität von Thorn Eleven tat weder das eine noch das andere einen Abbruch. Ihren Mix aus Power-Rock und Metal servierten sie voller Kraft, Würze und Präzision. Ganz besonders lobenswert: Der neue Drummer Kai Bergerin holte wirklich alles aus seinem Kit.

Vielleicht war es also letztendlich das durch die lange Pause ausgelöste Zurückgeworfensein auf solche kleinen Gigs, das Thorn Eleven irritiert hatte und das durch die scheinbare Respektlosigkeit der Toilettengänger gegenüber der Musik symbolisiert wurde. Immerhin war man bereits 1999 z.B. auf der VISIONS-Bühne im Rahmen des "Bizarre"-Festivals unterwegs. Aber hier handeln sich die Musiker ein Mißverständnis ein: Die Zuhörer wurden Zeugen eines verdammt guten Auftritts und waren ihrerseits eher betrübt, dass die beiden eigentlich eingeplanten Zugaben wohl aufgrund der Frustration ausfallen mussten. Aber sie werden die Augen und Ohren offenhalten nach den weiteren Dates dieses Acts.

Und genau deshalb, also weil es trotz der teilweise widrigen Umstände an Bord des Dampfers dennoch 2 so außergewöhnlich tolle Bands zu hören gab, weil auf dem Unterdeck DJ Udos Alternative-Party zündete und weil am Ende doch alle Reibereien beiseite gelegt waren - genau deshalb kann man kaum davon sprechen, dass das fünfte Bands on Board nicht ebenso erfolgreich gewesen sein sollte wie die Ausgaben zuvor. Wir sind uns sicher, dass die Fans guter Livemusik auch diesmal auf ihre Kosten gekommen waren und die Tour an Bord der Kurpfalz genossen haben. Für die Bands überlegen wir uns für das nächste Ablegen aus dem Heimathafen eine bessere Lösung.

Ein herzlicher Dank geht an unsere Sponsoren Volksbank Rhein-Neckar, Weldebräu und Metropolregion Rhein-Neckar sowie das Cruise-Café.

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