Die Macher des Melt!-Festivals setzen sich nur ungern Grenzen. Schon ein kurzer Blick über das Line-Up verrät, dass schubladenhaftes Genre-Denken hier überhaupt keinen Platz hat. Indie-Rock trifft auf HipHop, während sich nur ein paar Meter weiter die Helden der Elektronik-Szene die Klinke in die Hand geben. Durchaus ein gewagtes Experiment, doch über die Jahre hat sich das Melt! zu einer der beliebtesten Veranstaltungen entwickelt und gezeigt: allzu künstlich abgesteckte musikalische Grenzen müssen nicht sein.

2007 feiert das Melt! seinen 10. Geburtstag und neben einem beachtenswerten Line-Up mit Bands wie Motorpsycho, Tocotronic, Dizzee Rascal, Dendemann und Autechre, gibt es auch noch ein paar Erneuerungen auf dem Gelände selbst. Was genau passiert also dieses Jahr in Ferropolis, der Stadt aus Eisen? Wir haben die Gunst der Stunde genutzt und dem Hauptbooker Stefan Lehmkuhl ein paar Fragen gestellt.

Hallo Stefan. Stell dich doch bitte erstmal vor. Wann wurdest du denn zum Melt!-Booker?

Also mein Name ist Stefan Lehmkuhl und ich bin seit 2004 für das Booking verantwortlich. Neben mir als Hauptbooker gibt es noch eine Reihe von Assistenten oder Nebenbookern, die sich ebenfalls dieser mehr oder weniger schwierigen Aufgabe annehmen. Grundsätzlich herrscht zwischen all denen, die hier involviert sind, eine gewisse Demokratie und wir versuchen am Ende auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Das Melt! feiert in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag. Wenn du so zurückblickst: Wie kam es dazu, solch ein Festival auf die Beine zu stellen und was hat sich im Laufe der Jahre für euch verändert?

Schon seit der Entstehung des Festivals sind wir unaufhörlich am wachsen. Angefangen haben wir mit einem „kleinen“ Floor, doch von Jahr zu Jahr kam immer wieder etwas neues dazu. Das betrifft nicht nur die Erweiterung der Floors und Clubs auf dem Gelände, sondern auch das ganze Gelände selbst. Da hätten wir zum Beispiel den in der Nähe gelegenen See, der mittlerweile so hoch angestiegen ist, dass er als Badesee taugt und bei Bedarf die nötige Abkühlung liefert. Sollte es nass werden, so haben wir für Festival-Verhältnisse einen super Boden, welcher sich nicht nach ein paar Minuten Regen in Schlamm verwandelt. Da bei diesem Wetter zur Zeit echt noch alles offen ist, haben wir natürlich auch hier weitgehend vorgesorgt: Bei Regen besteht die Möglichkeit in ein riesiges Zelt zu flüchten, das für 5000 Leute Platz bietet. Natürlich wird auch dort wird für die passende Beschallung gesorgt.

Wie sieht es denn bezüglich der Behörden aus? Es handelt sich ja um ein ziemlich untypisches Veranstaltungsgelände. Gab oder gibt es da irgendwelche Schwierigkeiten?

Eigentlich nicht, eher sogar im Gegenteil: Seit wir in „Ferropolis“ sind, ist es für uns sogar noch um einiges leichter geworden. Die Leute in Gräfenhainichen haben uns von Beginn an sehr gut aufgenommen und tun dies auch immer noch. Jedes Jahr aufs Neue werden wir super nett empfangen und die Organisation läuft in der Regel recht reibungslos ab.

Was beim Melt! besonders auffällt, ist die Fusion von Rock bzw. Indie-Rock Künstlern mit Vertretern der elektronischen Subkultur. Autechre (Anm. d. Red.: wird „Autekker“ gesprochen) treffen auf Motorpsycho... So etwas findet man auf Festivals, zumindest in Deutschland, leider noch viel zu selten.

Gerade da haben wir auch, wie ich finde, qualitativ noch mal richtig einen draufgepackt dieses Jahr. Neben großartigen Acts aus der Indie-Rock und Electronica-Kiste, haben wir auch viele gute Künstler aus der HipHop-Ecke am Start (Dizzy Rascal, Lady Sovereign und Kelis sind nur drei davon). Ich bin mir sicher, dass es viele Musikliebhaber gibt, die eben nicht nur Techno oder Indie-Rock hören möchten. Das Verständnis für Musik hat sich erweitert und jemand der sich für Indie-Rock begeistern kann, der will auch gern mal einen guten Electro-Künstler hören. Umgekehrt sieht das sicherlich nicht anders aus und wir möchten mit dem Melt!-Festival eben einen Platz für solche Leute schaffen.

Das Line-Up spricht dahingehend ja für sich. Auf welche Acts freut ihr euch dieses Jahr ganz besonders?

Ich selbst bin natürlich immer sehr beschäftigt, aber Abends werde ich dann versuchen ein paar Bands mitzunehmen. Letztes Jahr habe ich leider Hot Chip verpasst, die haben für mich die genialste Platte 2006 veröffentlicht und ich hoffe, dass es wenigstens in diesem Jahr klappt. Auf wen ich mich auch besonders freue sind The Notwist. Mit Autechre haben wir natürlich auch einen Act am Start, auf den sich sicher nicht nur wir selbst freuen.

Ihr habt neben den bereits bekannten Bühnen und dem Club auch neue Floors. Noch ein paar Worte darüber?

Die Anzahl der Floors hat sich, zumindest im Vergleich zum letzten Jahr, nicht wirklich verändert. Allerdings haben wir noch das „Coca-Cola Soundwave Discovery“-Zelt und einen „Red Bull Music Academy“-Floor. Das Coke-Zelt wird hauptsächlich von Newcomern wie Still Drift beschallt (die Gewinner der „Sound Discovery“-Tour in Leipzig), während der „Red Bull“-Floor Platz für Workshops und DJs bietet. Unter anderem wird dort Patrick Pulsinger einen Workshop über Modularsynthesizer anbieten. Ebenfalls neu ist die Melt!-Lounge im Carhartt’s Circus Maxximus – Dieses Jahr ist also einiges geboten...

Stefan, vielen Dank für dieses Interview!

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