Das Bojan Vukelic Quartett bei Jazz im Busch. Fotostrecke starten

Das Bojan Vukelic Quartett bei Jazz im Busch. © Markus Biedermann, 2005

Seit 2004 veranstaltet Steffen Rosskopf im Mannheimer Jungbusch die Reihe Jazz im Busch, die sowohl was das musikalische Programm angeht, als auch deshalb für Aufsehen sorgt, weil sie in einer ungewöhnlichen Location stattfindet und sich hauptsächlich durch Spenden finanziert. Der Eintritt ist trotz dem erstklassigen Programm frei. Höchste Zeit, sich mal mit dem Veranstalter dieser Konzerte im Laboratorio17 zusammen zu setzen und nachzufragen, wie es zu Jazz im Busch kam und was noch kommen wird.

RA: Du bist ja hier in der Region als zwischen verschiedensten Genres wandelnder Musiker bekannt und seit geraumer Zeit nun auch als Veranstalter von Jazz im Busch. Wie kam es denn eigentlich zu deinem breiten Interesse an Musik – wie fing das bei dir an?

SR: Mit sechs Jahren habe ich angefangen Gitarre zu spielen, aber mit elf Jahren schon wieder aufgehört, denn mein Interesse für Feld-, Wald- und Wiesengitarre war damals halt noch begrenzt. Mit 14 hat dann aber ein Freund von mir ein Schlagzeug geschenkt bekommen und schon waren wir eine Band! Am Anfang spielte ich viel Blues-Rock und so Zeug in der Art. Später folgte dann mehr so Grunge, Indie, Punkrock und Hardcore.

Musikrichtungen, die man ja eigentlich nicht wirklich „studiert“, sondern einfach damit loslegt. Dennoch taucht in deiner Vita ein Jazz-Studium auf.

Mit der Jack Daniels Memorial Jazz Band hatte ich vor vielen Jahren erste Erfahrungen mit Jazz gemacht, und nach Einblicken in verschiedenste Studien – z.B. Latein und Nachrichtentechnik, begleitet von Jobs als Tellerwäscher und auf dem Bau – habe ich mich entschlossen, Musik zu studieren.

Wo hast du studiert?

In Mainz und in Graz. Jazz-Gitarre!

In welchen Bands spielst du heute als Gitarrist?

Ich habe verschiedene Bands, die eigene Sachen spielen.; z.B. Feromon, die Spacebolz und das Trio 3x2.

Du machst ja durchaus noch mehr, Filmmusik zum Beispiel.

Ja, und ich gebe auch Unterricht. An der IGMH leite ich außerdem die Schulband; die Kids da sind echt cool.

Das klingt doch danach, als hättest du genug zu tun. Wie kamst du dann auf die Idee darüber hinaus noch eine eigene Jazz-Reihe zu starten?

Ich habe das gar nicht selbst gestartet, sondern von Johannes Repka übernommen. Das war 2004, da lief Jazz im Busch bereits seit einem Jahr, allerdings mit einem anderen Konzept.

Was war damals das Konzept und wie sieht deines heute aus?

Nun, Johannes Konzept war, dass er dort fast immer selbst gespielt hat. Ich hingegen wollte eine Reihe aufbauen, die wirklich ganz verschiedene Leute auf die Bühne bringt. Verschiedene Bands, Projekte, Musiker – alles was man im weitesten Sinne unter Jazz verstehen kann. Was ja ziemlich viel ist.

Hast du da einen ganz bestimmten Bedarf gesehen, eine bisher unausgefüllte Lücke im Mannheimer Eventkalender?

Den Bedarf sehe ich prinzipiell immer. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es zu viel Live-Musik gibt. Zumindest sind wir hier davon noch weit entfernt. Mit dem Laboratorio17 war es einfach so, dass ich selbst schon dort gespielt hatte und mir war schnell klar, dass ich Jazz im Busch machen will, als sich die Möglichkeit bot. Mir geht es vor allem um folgendes - und das ist eine wichtige Motivation für mich bei Jazz im Busch: Ich will Leuten die Möglichkeit geben, Musik zu live zu hören, mit der sie sonst keinen Kontakt haben, also eben nicht nur das eingefleischte Jazzpublikum anzusprechen. Und, vielleicht noch wichtiger: Es geht darum, den Leuten zu zeigen, dass es etwas anderes ist, sich eine Band live anzuhören, nicht vergleichbar damit, zuhause eine Platte aufzulegen, was wahrscheinlich auch die wenigsten wirklich bewusst tun.

Bist Du bewusst mit Blick auf die lokale Musiker-Szene gestartet?

Da bin ich eigentlich nicht festgelegt. Im Endeffekt mache ich bei Jazz im Busch alles, was mir gefällt - vereinfacht gesagt. Natürlich will ich gerne was für die lokale Szene tun, aber wenn ich die Möglichkeit habe andere Bands dort zu präsentieren, von denen ich finde, dass sie da rein passen, dann mache ich das natürlich auch.

{image}Wie kommst du an die Bands, die bei Jazz im Busch spielen, wie wählst du aus?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen gibt es Bands, die von sich aus auf mich zugehen und gerne spielen würden. Auf der anderen Seite gehe ich natürlich auch auf Bands und Musiker zu und schaue, ob man sich einigen kann – die Konditionen, die ich bieten kann, sind ja nun nicht so gut. Da muss man einfach immer schauen, ob man sich auch einigen kann.

Die Konditionen für die Musiker sind deshalb nicht so gut, weil du das Ganze nur über Spenden finanzierst?

Im Prinzip schon deshalb, aber Jazz im Busch finanziere ich nicht ausschließlich über Spenden. Das Mannheimer Kulturamt gibt mir eine kleine Unterstützung für die Konzerte. Im vergangenen Jahr wurden 3 Events unterstützt, in diesem Jahr sind es immerhin schon 5. Das reicht aber natürlich nicht, um den Bands die Konditionen zu bieten, die ich für angebracht halten würde.

Wie ist denn bisher der Publikumszuspruch und die Spendenbereitschaft?

Der Publikumszuspruch steigt stetig, wenn man das mal über die ganzen 4 Jahre betrachtet, in denen die Reihe jetzt läuft. Das liegt sicher an der Kontinuität. Anfangs gab es Konzerte, da waren nur 3 Leute da. Inzwischen gibt es kein Konzert mehr mit weniger als 25 Besuchern und es waren in diesem Jahr auch schon bis zu 80 Leuten da. Die Spendenbereitschaft ist bei unserem Publikum ziemlich gut, muss ich sagen.

Davon finanzierst du - außer der Gage für Bands - auch Werbung wie z.B. die Flyer?

Ja klar.

Wie ist denn der Support von Seiten der regionalen Medien zu bewerten?

Das wird auch langsam besser. Im Mannheimer Morgen wird man aufmerksamer, die Unterstützung im „Mannheim Mitte“-Teil war eigentlich schon immer sehr gut, mittlerweile wird auch die Kulturredaktion aufmerksam und unterstützt das Ganze. Beim Meier gab es nun das eine oder andere Mal den „Tagestipp“, aber in den redaktionellen Teil bin ich noch nicht vorgedrungen – das kommt aber auch noch. Online rechne ich durchaus mit weiterem Support durch regioactive.de!

War der Veranstaltungsort, das Laboratorio17 mitten im Mannheimer Jungbusch, eigentlich eher Notlösung oder Idealfall?

Kein bisschen Notlösung. Dieser ehemalige Elektroladen ist einfach ein ganz besonderer Ort. Zum einen ist das Tolle, dass die Bühne im Schaufenster von dem alten Laden ist. Der Raum klingt gut und natürlich ist es wichtig, dass er mir kostenlos zur Verfügung steht. Wenn ich Miete zahlen müsste, würde das Ganze nicht funktionieren. Auf jeden Fall ist es immer ein ganz besonderes Konzerterlebnis dort – in Mannheim gibt es keine vergleichbare Location.

Gibt es noch andere Locations, bei denen es dich reizen würde, dein Veranstalter-Dasein auszubauen?

Es gibt immer wieder gute Orte, bei denen ich denke „wow, da könnte man was machen". Allerdings bin ich mit Jazz im Busch echt ausgelastet und eigentlich nicht auf der Suche nach anderen Locations.

Wie nehmen die Anwohner im Jungbusch denn die regelmäßigen Jazz-Events auf?

Gut und immer besser. Wer auf jeden Fall auch immer wieder vorbei kommt, sind die Kids aus der Nachbarschaft. Sagen wir mal, so langsam habe ich das Gefühl, dass auch mehr und mehr Jungbuschbewohner bei den Veranstaltungen vorbei kommen.

{image}Kürzlich fand ja auch der erste Jam im Busch statt. Was verbirgt sich dahinter?

Das ist ein neues Projekt, das versucht, noch mehr Bewohner und vor allem auch Jugendliche aus dem Jungbusch mit einzubeziehen. Da habe ich mit dem Trio 3x2 gespielt und wir haben ganz verschiedene Gäste eingeladen, z.B. Bülent Kapan, ein echtes Urgestein der türkischen Musikerszene in Mannheim oder Hasan Aran, einen ganz jungen türkischen Gitarristen. Außerdem waren Jugendliche von Lisa Massettis Creative Factory dabei, einer Theatergruppe mit Kids aus dem Busch, von denen es z.B. eine wirklich großartige Inszenierung von „Die Räuber“ u.a. bei dem Schillertagen zu sehen gab. Erst gab es Experimentaljazz mit 3x2, dann ein paar Straight Ahead Jazz-Nummern, dann ein bisschen was türkisches und plötzlich sind alle auf der Bühne gestanden und haben türkische Popmusik mit Jazzelementen gespielt - und wer grade nix zu tun hatte, hat auf Ölfässern oder Stühlen getrommelt.

Wie ist es gelaufen und wird daraus auch etwas regelmäßiges?

Es wird auf jeden Fall weitergehen. Wie und wann genau ist noch unklar, z.B. wie man es finanziert. Aber der erste Jam im Busch war ein voller Erfolg und es gibt definitiv eine Fortsetzung.

Dir liegt also schon generell etwas daran, die Frequenz der Events im Mannheimer Hot-Spot Jungbusch zu erhöhen?

Dem sind gewisse Grenzen gesetzt. Ich verdiene mit dem Projekt ja keinen Pfennig Geld und mache noch eine Menge andere Sachen. Da muss man immer genau schauen und ich denke nicht, dass ich in absehbarer mehr als die bisherigen 8x Jazz im Busch pro Jahr - plus den Jam - machen kann.

Du hast ja auch die Diskussion um das Amt des Musikbeauftragten in Mannheim verfolgt und dich in unserem Meinungs-Artikel dazu geäußert. Gerade von den Jazzern wurde auch der Wunsch formuliert, die verschiedenen Strömungen und Grüppchen in Mannheim besser zu vereinen. Wie ist deine Sichtweise dazu, als jemand, der sich als Musiker und Veranstalter zwischen Rock, Pop, Indie und Jazz bewegt?

 

Ich bin ja nicht der Einzige, der in verschiedenen Welten zu Hause ist. Da gibt es ganz unterschiedliche Leute, denen es genau so geht. Ich persönlich nehme da nicht so eine strenge Unterscheidung vor. Generell habe ich den Eindruck, dass es in Mannheim viele interessante Musiker gibt, dass aber viele nur in ihrem eigenen kleinen Kreis vor sich hinwurschteln. Da wären mehr Berührungspunkte einfach schon wünschenswert, und so was hätte bestimmt sehr positive Auswirkungen für die hiesige Musikszene.

Du hattest generell auch das Thema Proberäume und Live-Events angesprochen.

Ja, denn es wäre schön, wenn es noch bessere Arbeitsbedingungen für Bands gäbe. Die Proberäume, die es bisher so gibt, sind meistens zu teuer und/oder in miserablem Zustand. Was die Konzertsituation angeht sind wir zwar weit entfernt davon, dass es genug gibt. Aber es gibt gute Orte und bestimmt auch Leute mit Ideen. Allerdings ist es ein zähes Geschäft, so was auf die Beine zu stellen und es ist immer auch ein bisschen Glück dabei, ob das ganze dann im Endeffekt läuft. Von daher wäre es einfach hilfreich und würde die Leute auch motivieren, wenn solche Veranstaltungen besser unterstützt würden. Das muss in erster Linie gar nicht durch Geld geschehen, aber z.B. gerade was Werbung anbetrifft, wäre Unterstützung wertvoll.

Wir danken dir für das Gespräch, Steffen!

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