Torch

Torch

Gestatten Sie, sein Name ist Frederik Hahn. Er ist kein herkömmlicher Rapstar, sondern Vorreiter, Galionsfigur und gutes Gewissen des deutschsprachigen Rap mit Niveau. Blau ist seine Farbe und so wurde seine Heimatstadt Heidelberg zu seinem 40. Geburtstag eine Woche lang in blauen Samt gehüllt. Höhepunkt der ereignisreichen Feierwoche bildete das Abschlusskonzert von Torch in der Halle02, für das sich allerhand Überraschungsgäste wie Jan Delay und Curse angekündigt hatten.

{image}Heidelberg ist eine Touristenstadt. Doch für diese spezielle Woche sind eine ganze Reihe von besonderen Besuchern aus ganz Deutschland und den Nachbarländern angereist: Torch, der Urvater des deutschen Rap, feierte seinen 40. Geburtstag und wiederveröffentlichte dazu seinen Meilenstein Blauer Samt. Das Szenario erinnerte an die frühen 90er Jahre, als Heidelberg sich durch am Neckar ansässige Formationen wie Advanced Chemistry, Stieber Twins, Cora E, Point Blank Breakers und The Phunk Masters zum Mekka des deutschen HipHop entwickelte und junge Künstler wie Curse, MC Rene und die Absoluten Beginner magisch anzog. Riesige Plakate, auf denen Torch als in blauem Samt gehüllter König posierte, wiesen während der Feierwochen den Weg in die Altstadt. Filmabende, HipHop-Stadtführungen und Workshops bildeten den Auftakt des dicht gestaffelten Festprogramms, ehe es am 29. September – Torchs Geburtstag – im Heidelberger Ziegler mit der ersten Party richtig losging.     

{image}Der Abend war eine Sonderausgabe von Toni-L's Partyreihe "Time Machine". Mit Hilfe einer Drehscheibe erdrehte der Funkjoker dabei per Zufall, in welches Jahrzehnt die musikalische Reise für die nächsten 20 Minuten ging. Soul, Funk und HipHop-Sound wurde dabei von passenden Videoanimationen von der Oldschool-Legende Felix Felixine begleitet. Während sich Boogie B und die Turntable-Veteranen DJ Dynamite, DJ Coolmann und DJ Stylewarz abwechselnd um das Plattenlegen kümmerten, füllte sich unterdessen das Ziegler mit prominenten Überraschungsgästen wie Jan Delay, Marteria, Pure Doze, Ebony Prince, Future Rock, Aphroe, MC Rene und Konsorten, sodass sich am Ende fast die gesamten Wegbereiter des Deutschrap auf der winzigen Bühne tummelten. Das Geburtstagskind Torch hostete den Abend über in feinem Anzug als MC. Auch wenn bis auf Marteria noch keiner der Rapper das Mikro übernahm, hatte der Abend ein besonderes familiäres Flair. Neben Torchs Kind, seiner Frau und Mutter wohnte auch seine 101-jährige Oma aus Haiti dem Spektakel bei! Erst als die Zeiger der Uhr die Drei längst überschritten hatte riss die wilde Funk-Party langsam ab – ein wenig Schlaf musste ja schließlich noch für das Konzert-Highlight am nächsten Tag getankt werden.

{image}"Aus Jux treten wir noch manchmal auf im JUZ, wenn ne andere Band nicht kann vor zwanzig Mann aber wen juckt's" rappt Torch in Wir waren mal Stars. Was sich an diesem 30. September an Menschenmassen in die Halle02 bewegte, war das größte JUZ der Welt! In Nullkommanix war das Konzert nach Bekanntgabe ausverkauft, die begehrten Karten wurden auf dem Schwarzmarkt teilweise bis zu über 150 Euro gehandelt. Allen schien bereits im Vorfeld bewusst gewesen zu sein, dass dieser Abend in die Geschichte eingehen wird. Mit großer Erwartungshaltung verfolgte die Crowd deshalb das Vorprogramm von Can la Rock. Begleitet von B-Boys und Visuals von Felix Felixine betrat Torch dann zu Heidelberg Breakdown die Bühne, um die hungrigen HipHop-Jünger endlich mit seinen Zeilen zu füttern. Gänsehaut machte sich bei den Klängen von Kapitel 29 breit und wollte auch über die ereignisreichen nächsten drei Stunden nicht mehr weichen. Für Die Welt brennt ließ Torch die komplette Halle vor sich niederknien, um mit einsetzendem Beat alle zum Springen zu bringen. Vom Ablauf her hatte er sich ein perfektes Konzept überlegt. Torch spielte einfach alle seine Songs, konnte jedoch durch das unglaubliche Repertoire an Überraschungsgästen alle Gastrapper persönlich auf die Bühne bitten. Wie im Staffellauf wurde das Mic von einem zum nächsten übergeben. Danach blieben die Gäste kurz auf der Bühne und durften einen eigenen Track performen.

{image}Zusammen mit D-Flame und DJ Stylewarz gab es demnach Raw und Heiss wie Feuer, Future Rock gab Hilfestellung bei Exodus (Kapitel 8), Toni-L erschien für Wir waren mal Stars, die Hommage an Heidelberg und feuerte gleich noch Der Zug rollt hinterher. Zu einem besonderen Zusammentreffen nach dem Advanced Chemistry Oldschool-Track Chemischer Niederschlag kam es dann bei Return of HipHop. Mit MC Rene stand nun nämlich Torchs ehemaliger Rap-Schüler auf der Bühne. Fünf Minuten Rampensau-Rene und sensationelle Freestyles brachten die Menge zum Kochen. Rotes Licht leitete gleich zum nächsten Höhepunkt über: Rote Wellen. "Rote Wellen? Bene!", neben Ebony Prince war sogar Esa aus Italien angereist, um das Feature zu komplettieren. Pure Doze, der leider ohne seinen Too-Strong-Partner Der Lange aus Dortmund angereist war, ließ die Lichter anschließend für die Rabenschwarze Nacht restlos dimmen. Als DJ Special-T das 360°-Gespann Step und Soundtrax an den Plattentellern ablöste war bereits klar, dass die Stieber Twins gleich übernehmen werden. Schon lief die Bassline zu Fenster zum Hof ein und die Feuerzeuge gingen in die Luft. Seltsamerweise haben die Stieber Twins bisher noch keinen gemeinsamen Titel mit ihren Heidelberger Rap-Kollegen von Advanced Chemistry aufgenommen. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr, wenn die Stieber Twins zusammen 80 werden. Der nächste sensationelle Coup deutete sich dann bei der anschließenden Performance der 10 Rap Gesetze von Curse an: Deutschlands einzige HipHop-Supergroup La Familia gemeinsam auf der Bühne! Auch wenn STF und Tatwaffe fehlten, gaben sich die Stiebers, Curse und Aphroe gemeinsam die Ehre auf Harte Zeiten.

{image}Plötzlich gab es weiteren Zulauf auf der Bühne: Jan Delay, Denyo, DJ Mad, Marteria und Max Herre betraten das Szenario! Auch wenn Marteria als einziger Rap-Gast aus der nächsten Reimgeneration stammt, begeisterte er mit Endboss die tobende Meute. Und die Party mit den Greatest Hits des Deutschrap nahm immer noch kein Ende. Esperanto, Wenn der Vorhang fällt von Freundeskreis, Danke und Rock On von den Absoluten Beginnern, Sorry, das D-Flame zusammen mit Jan Delay präsentierte, oder Malaria mit den Stieber Twins und Max Herre brachten die Halle02 zum Beben. So ein Line-Up kann man mit Geld allein nicht aufbieten, das schafft nur Torch, die blau leuchtende Fackel am Deutschrap-Firmament. Zum krönenden Abschluss der dreistündigen Powershow übernahm Torch noch einmal das Mikro und beendete den geschichtsträchtigen Abend mit Kapitel 1, dem Song, mit dem 1993 alles begann. Unglaubliche Energieströme schwebten durch den Raum. Immer noch mit Gänsehaut besät und sichtlich erschöpft verlagerte sich der Partypulk nun zur großen Aftershow-Party 40+ in die Halle03, bei der auch die vor der Halle stehenden Massen noch nachrücken konnten. Eine sensationelle Veranstaltung, bei der nicht nur die Protagonisten auf der Bühne ihren Spaß hatten, sondern von der ersten Reihe bis zur Bar mitgewippt, genickt und gesprungen wurde. Alles Gute zum Geburtstag Frederik Hahn, auf die nächsten 40!