SuperHeavy

SuperHeavy © Frank W. Ockenfels

SuperHeavy, die Supergruppe um Mick Jagger, Dave Stewart, Joss Stone, Damian Marley und A.R. Rahman, bringt großes Potential und viele Stilelemente zusammen. Das kann eine große Chance oder auch ein großes Problem sein - was man dem Album anmerkt.

{image}Eine Band, die sich SuperHeavy nennt, hat kaum vor kleine Brötchen zu backen. Geht man die Liste ihrer Mitglieder durch, verfliegt diese Sorge auch unmittelbar: Mick Jagger war in den letzten 50 Jahren nur in einer anderen Band. Diese trägt allerdings Schuhe, auf denen "The greatest Rock'n'Roll band in the world" steht, und sie passen nach wie vor. Dave Stewart war der Kopf der Eurythmics und ist als Produzent von Mick Jagger, Tom Petty, Bon Jovi, Stevie Nicks, Brian Ferry und vielen mehr auch alles andere als ein Leichtgewicht. Joss Stone ist in den letzten 10 Jahren als Soul-Wunderkind bekannt geworden, Damian Marley ist der jüngste Sohn von Bob Marley und der Inder A.R. Rahman hat als Komponist für Filmmusik sage und schreibe 300 Millionen Platten verkauft, ein Drittel mehr als "Jaggers andere Band", um das ganze einmal ins Verhältnis zu setzen. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Und so klingt das gleichnamige Debütalbum dann auch.

{image}"Super 'eavy, super 'eavy" tönt es in dem ebenfalls SuperHeavy betitelten Opener aus dem Hals von Marley, der auf der Platte konsequent den Bandnamen im Rastaslang ausspricht bzw. toastet. Die Musik folgt weitestgehend der Formel Raggabeat+Indiapercussion+grooviger Bass+dezente Rockgitarren mit Marley's Getoaste, Stone's Souleinwürfen und einem Mick Jagger, der dann alle wegjaggert. Die 68-jährige Rocklegende will es noch einmal allen zeigen und zieht dabei sämtliche Register auf. Alle Manierismen, die Jagger in seiner Karriere stimmlich schon gezeigt hat, sind hier noch einmal versammelt. Etwas weniger wäre da sicherlich mehr gewesen, aber um Bescheidenheit geht es bei SuperHeavy nicht. Auch Marleys fast ausschließliche Beschränkung auf ein Zwei-Ton-Toasten wirkt nicht bescheiden, sondern an vielen Stellen eher aufdringlich. Ihre beiden Stimmen dominieren das Album, wobei letztendlich Jagger die größten Anteile an den Gesangsparts hat. Joss Stone findet da eher am Rande statt. Sie hat zwar immer ihre Einwürfe und kurze Passagen, aber es gibt kein Lied, das man als "ihr" Lied ausmachen könnte – letztendlich macht die Platte den Eindruck einer Jagger-Soloplatte mit Dauergästen. Und trotzdem sind die Momente, in denen sich SuperHeavy am weitesten in Richtung Rock bewegen (Energy, I Can't Take It No More), die schwächsten.

Seine stärksten Momente hat das Album in der zweiten Hälfte. Davor kann die Single Miracle Worker einigermaßen gefallen und das Keyboardsolo in Satyameva Jayathe lässt in dem ansonsten als belanglose Bollywood-Nummer daher plätschernden Song auf einmal die Sonne aufgehen. Aber dann kommt One Day One Night, und Jagger schafft es auf einmal eine Spannung aufzubauen, die durch die zitternden Tremolo-Gitarren unterstützt wird. Anstatt, wie von den bisherigen Songs erwartet, loszutoasten, singt Marley dann auch richtig, klingt auf einmal ansprechend differenziert, und dann passt auch das indische Interludium, bevor der Song auf einen Klimax mit Jagger und Stone im Duett hinsteuert. Die folgende Ballade Never Gonna Change hätte auch im Stones-Kontext funktioniert und zeigt Jagger in einem countryhaften Umfeld. Danach hat Joss Stone mit Beautiful People einen Song, bei dem sie etwas mehr Anteile bekommt, aber auch ständig bejaggert wird.

{image}Bei Rock Me Gently steigt Marley mit brüchiger Stimme ein, ganz als ob er den Track nach einer langen Nacht eingesungen hat, und klingt tatsächlich seinem Vater ein wenig ähnlich. Jagger hält sich bei der Nummer ein wenig zurück, und das tut dem Ohr, das bis dato sehr viel Jagger in sehr intensiver Dosis gehört hat, gut. Bei I Don't Mind kann Jagger dagegen wieder überzeugen, Marleys Part in dem Song gerät gar in Ansätzen morrisseyesk und Joss Stone bringt die Nummer sicher nach Hause. Das finale World Keeps Turning lädt von seinem Arrangements dazu ein, den Song zum epischen Ausklang auszudehnen, eine Versuchung, der SuperHeavy dankenswerterweise widerstanden und noch eine weitgehend geschmackvolle Kurve bekommen haben.

Das Album ist auch in einer Deluxe Edition erschienen, die vier weitere Titel enthält, von denen die letzten beiden Common Ground und Hey Captain noch überzeugen können. Insgesamt scheint das Album über weite Strecken unter seinem Konzept, diese unterschiedlichen Einflüsse und Stile zusammen bringen zu müssen, zu leiden. Vielfach werden interessante Ansätze durch die gewollten Brüche im Stil unnötig wie von Gewichten unter Wasser gezogen – ob es je einen Nachfolger geben wird, steht in den Sternen. SuperHeavy, indeed.

Wertung: ++½ (von +++++)