Amplifier

Amplifier

Seit ihrer letzten Veröffentlichung im Jahre 2006 ist es recht still um das britische Trio Amplifier geworden. Anfang 2011 meldeten sich die Ausnahmemusiker jedoch mit "The Octopus" zurück, einem in Eigenregie entstandenen Doppelalbum. Das knapp zweistündige Werk ist mitnichten leichte Kost. Wir haben uns für euch in die Arme des Kraken begeben und im Karlsruher Substage live erlebt, wie "The Octopus" auf der Bühne umgesetzt wird.

{image}Bereits mit seinem Debüt Amplifier, das 2004 erschien, hatte das Trio aus Manchester mit positiven Pressestimmen auf sich aufmerksam gemacht. Der selbstbetitelte Silberling kam gut an, der Weg für eine internationale Karriere wurde geebnet – so schien es. Doch schleppende Verkaufszahlen bremsten die Musiker schnell wieder aus. Als sich die Situation auch 2006 mit dem Zweitling Insider nicht verbesserte, trennten sich Amplifier von ihrer Plattenfirma und gründeten ihr eigenes Label AmpCorp. Vier Jahre feilten die Herren also ohne Label-Unterstützung im Rücken an dem mächtigen Konzeptalbum The Octopus, das im Januar 2011 veröffentlicht wurde. War Insider noch als recht leichte Kost zu verstehen, haben Sel Balamir (Gitarre und Vocals), Neil Mahony (Bass) und Matt Brobin (Drums) mit The Octopus einen wahrlich schwer verdaulichen Brocken aufgetischt. Man muss dem Werk schon ein paar Durchläufe gönnen, bis man zu den vertrackten Arrangements und ausgefeilten Songstrukturen Zugang findet. Den durchkommerzialisierten Standards im Musikbusiness streckt es somit einen deutlichen Mittelfinger entgegen. Amplifier haben mit The Octopus eine achtarmige Bestie erschaffen, die ihre Zuhörer langsam, bedächtig und doch unaufhaltsam mit wabernden progressiven und psychedelischen Klangwelten umschlingt. Doch ist es möglich, diese Energie auch live zu transportieren? Im Karlsruher Substage begaben wir uns in die Arme des Kraken und ließen uns in ungewisse Tiefen ziehen.

{image}Für das Aufwärmprogramm in der Substage zeichneten sich die Heppenheimer Prog-Rocker Pennyfly Suitcase verantwortlich, die mit melancholischen Texten, post-rockigen Arrangements und reichlich Effekten aufwarteten. Dabei orientiert sich die Truppe, die mit drei Gitarristen agiert, an großen Vorbildern, die sich in der Musik deutlich niederschlagen. Man denke hierbei an Tool, Long Distance Calling und den Hauptact des Abends selbst. Entsprechend groß sind die Fußstapfen, in die sie dabei treten, doch auch wenn der eine oder andere Ton noch nicht perfekt saß, rockten sich die Jungs ambitioniert durch ihr etwa 45-minütiges Set.

Nach der Umbaupause betraten die in schwarzen Hemden uniformierten Amplifier die Bühne. Auch das neueste Gimmick aus dem Merchandise-Schränkchen der Band durfte dabei nicht fehlen: Die original Octopus-Krawatte. Ohne viele Worte zu verlieren, rangen die Mancunians ihren Instrumenten sogleich die ersten Takte von The Wave ab, einer der rockigen Kracher allererster Güte des neuen Albums. Der Song gab die Marschrichtung des Abends an: "Into another dimension".

{image}Unaufhaltsam nahm der Trip in die Arme des Oktopus so seinen Lauf. Schrammelnd, frickelnd und stets mit sichtlich viel Spielfreude gaben sich Amplifier publikumsnah und euphorisch. Unterstützt von Steve Durose (Ex-Oceansize) an der zweiten Gitarre boten Amplifier nach anfänglichen kleineren technischen Problemen an Sels Gitarre einen glasklaren Sound und eine mitreißende Show. In der ersten Hälfte des Sets gaben die Engländer ausschließlich Octopus-Stücke zum Besten, die stets riff-orientiert, mal brachial wummernd und spacig-hypnotisch die Gäste verzauberten. Vertrackte und verstörende progressive Rock-Elemente wechselten sich mit sphärischen Klängen ab. Gepaart mit Sel Belamirs gefühlvollem Gesang und zahlreichen Effekten entstand ein fließender atmosphärischer Sog, der alle Zuschauer mit sich reißen konnte. Ob der überraschend umwälzende Song Fall of the Empire (der auf Platte nur halb so gut zündet) oder das ruhig treibende und intergalaktische UFOs, an diesem Abend wurde die gesamte vielseitige Amplifier-Bandbreite dargeboten, auch wenn Material des zweiten Albums Insider leider gänzlich fehlte. Und auch die Lichtshow, die einen mächtigen Beitrag zu dem Auftritt leistete, ist an dieser Stelle zu erwähnen. Farbenprächtige prismatische Explosionen wechselten sich mit einheitlichen und schlichten Farbkompositionen ab. Das Spiel der Scheinwerfer fügte sich perfekt in die Soundstrukturen ein und rückte die Klänge der Band ins rechte Licht.

Alles in allem war der Auftritt von Amplifier im Substage ein voller Erfolg. Die Band gut gelaunt, die Show perfekt über die Bühne gebracht, die Menge am Feiern, besser kann ein Gig nicht verlaufen. Nach knapp zwei Stunden Spielzeit und einer mit Leidenschaft durchtränkten Show befreiten Amplifier das Karlsruher Publikum mit Airborne aus den Armen des Kraken und verabschiedeten sich in die Nacht. Der Oktopus ist ein hungriges Biest und Amplifier machen Appetit auf mehr.

Setlist: Amplifier im Substage Karlsruhe

The Wave | Interglacial Spell | Planet of Insects | The Octopus | Interstellar | The Emperor | Fall of the Empire | Trading Dark Matter on the Stock Exchange

Zugabe: Continuum | MotorHead | UFOs | Airborne

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