Tony Oxley
Quelle: wikipedia

Tony Oxley Quelle: wikipedia © Andy Newcombe (Farnborough, UK)

Der englische Schlagzeuger Tony Oxley gab am Freitagabend in Darmstadt eines seiner seltenen Konzerte mit seinem B.I.M.P. und zeigte sich trotz seines fortgeschrittenen Alters als unbeugsamer Abstraktionist.

{image}Tony Oxley zählt zu den einflussreichsten Musikern des Free-Jazz. Der 1938 in Sheffield geborene Oxley spielte mit einer Vielzahl europäischer und amerikanischer Avantgardisten. In den letzten Jahren, ja fast Jahrzehnten, konzentrierte er sich auf die Zusammenarbeit mit dem nicht minder bahnbrechenden Pianisten Cecil Taylor. Dem Darmstädter Jazz-Institut ist es gelungen, Oxley für einen Auftritt zu gewinnen, der am vergangenen Freitag stattfand. Anlass war die Eröffnung einer Ausstellung mit Oxleys Bildern, die noch bis zum 30. Juni in den Räumen des Institutes gezeigt wird. Nähere Informationen finden sich auf der → Homepage des Instituts. Oxleys Bilder sind eher interessant als bedeutend, wenngleich sich unter den Exponaten einige gelungene Werke finden. Sie erlauben allerdings einen weiteren Zugang zum Künstler Oxley, sind sie doch ebenso abstrakt wie seine Musik, aber weitaus farbenfroher. Abgesehen von einer kleinen Anzahl von Gesichtern und Figuren dominieren bunte, kräftige Farbenspiele. Einen Versuch, sich Tony Oxley zu nähern, unternahm auch der ehemalige WDR-Redakteur Ulrich Kurth, der in zahlreichen Gesprächen mit dem seit vielen Jahren in Viersen lebenden Oxley genug Material für eine Biographie zusammentrug, die im Januar dieses Jahres unter dem Titel "The 4th Quarter of the Triad. Tony Oxley: Fünf Jahrzehnte improvisierter Musik" erschienen ist. In der Pause des Konzerts wurden einige Passagen aus dem Buch vorgelesen, zudem beantwortete Kurth Fragen zum Entstehungsprozess des Werks, das bemerkenswerterweise auf Anregung Oxleys zustande kam. Das eigentliche Konzert bestand aus zwei Sets.

Im ersten Teil spielten Oxley, Geiger Phil Wachsman, Pianist Pat Thomas und Analog-Elektroniker Matt Wand jeweils ein unbegleitetes Soloset. Es verdeutlichte, warum Oxley diese Musiker dereinst ausgewählt hatte: Sie spielen ebenso kompromisslos abstrakt wie er. Wer in ihrer Musik nach mehr als flüchtigen Melodien, Motiven oder Harmonien sucht, der sucht vergebens. Ihr Spiel besteht aus freier Improvisation mit Geräuschen, Klängen und Tönen die keine erkennbare Struktur aufweist. Der im persönlichen Auftreten milde Oxley ist kein musikalischer Dauerfeurer wie Peter Brötzmann oder John Zorn, aber er ist nicht weniger radikal. Es ist gut möglich, dass Ulrich Kurth recht hat und dass Oxleys Vorliebe für metallische Klänge ein Ergebnis seiner Erfahrungen und Erlebnisse als Heranwachsender in Sheffield, einem der Zentren der englischen Stahl- und Rüstungsindustrie, zurückzuführen ist.

Auch im Zusammenspiel schaffen die Musiker ein weitgehend unnahbares Klanggemälde, das von wechselnder Dynamik und Intensität lebt. Trotz aller abstrakten Distanz, die diese Musik schafft, sie übt eine seltsame Faszination auf den Zuhörer auf, ergießt sie sich doch nicht im ekstatischer Strom über sie, sondern lässt sie in einer komplexen Welt punktueller musikalischer Reize zurück. Alles ist nur ein flüchtiger Moment, der vorüber ist, sobald man die Augen öffnet.