Der 1. Mannheimer Brückenaward findet am 28.08.2010 unterhalb der Eisenbahnbrücke hinter der Jungbuschbrücke in Mannheim-Neckarstadt statt. Fotostrecke starten

Der 1. Mannheimer Brückenaward findet am 28.08.2010 unterhalb der Eisenbahnbrücke hinter der Jungbuschbrücke in Mannheim-Neckarstadt statt.

Was genau es mit dem zu vergebenden Award auf sich hat, kursiert bisher nur im Dunkeln. Sicher ist, dass Energie und Spannung des Festivals unter der Eisenbahnbrücke den darüber vorbeizischenden Hochgeschwindigkeitszügen in nichts nachstehen werden. Fünf ungeschliffene Rohdiamanten wurden zu diesem Anlass aus dem Untergrund der verwässerten Ablagerungen des Rhein-Neckar-Deltas herauf gespült: Rome Asleep, SuperPancho, Madventure, Buddha Sentenza und Mondo Guzzi.

Wie kam es zu der Idee ein kleines Festival zu machen?

Martin: Joachim (SuperPancho) und ich (Madventure) haben uns im Mai zusammengesetzt, um die Backline für ein gemeinsames Konzert im 7er zu besprechen und dabei gemerkt, dass wir beide Lust hatten, etwas auf die Beine zu stellen. Ich hatte ähnliches schon einmal geplant, dann aber zu große Schwierigkeiten mit der Finanzierung. Joachim hatte die Idee das Event unter der Eisenbahnbrücke zu machen, wodurch größere Mietkosten wegfallen.

Wer hat sich neben euch beiden noch zusammengefunden, um das zu organisieren?

Martin: Da wir das Ganze sehr spontan gemacht haben, waren wir gleich um jede Hilfe dankbar und so ist noch Christian Bethge dazugestoßen, der immer über ausgezeichnete Kontakte verfügt. Es gab auch weitere Leute, die sich sofort dazu entschlossen haben beim Festival mitzuhelfen: Für Flyer und Poster der Sebastian Kranz, für die Homepage Matey Kieres. Von ganz vielen – auch teils unerwarteten Seiten – kam umgehend das Angebot der Mithilfe.

Gibt es irgendeine Verbindung zum Sulphur Sonic Festival, das an derselben Stelle stattfand?

Martin: Nope, ich wollte mich jedoch mal bei Norbert Schwefel melden und ihn einladen. Wegen etwaiger hilfreicher Vorerfahrungen hätte man das eventuell auch mal früher machen können...

Christian: Ich denke, wenn es zwischen Sulphur Sonic und uns eine Verbindung gibt, dann eher im Bezug auf die eigentliche Idee. Norbert Schwefel agiert auch gerne unabhängig von irgendwelchen Apparaten und macht einfach sein Ding – so sollte es eben auch sein. Ich würde mich jedenfalls über seinen Besuch freuen.

Welche Bands treten auf und was kann man von ihnen erwarten?

Martin: Buddha Sentenza, Rome Asleep, Madventure, Mondo Guzzi und SuperPancho. Wir haben uns auf rein regionale Bands festgelegt, die aber alle eine große Qualität haben. Rockmusik, die eben nicht auf dem Stadtfest zu finden ist. Vom Stoner über Progressive und Post-Punk ist alles geboten. Langweilig wird’s sicher nicht!

Christian: …und das ist auch gut so. Meiner Meinung nach wird man in Mannheim zu oft dem gleichen musikalischen Programm ausgesetzt, weil viele Veranstalter immer auf den gleichen Pool an Bands zurückgreifen. Ich persönlich mag es, wenn man als Hörer auch mal etwas gefordert bzw. überrascht wird und die ein oder andere Band neu für sich entdecken kann. Unsere Stadt hat tatsächlich einiges zu bieten und wir möchten das einfach mal an die Oberfläche bringen.

Was müssen die Bands tun, um sich den Award zu verdienen? Gibt es den überhaupt? Ich verstehe das eher als Anspielung auf die Mannheimer Szene und die "Mannheim Music Awards", die es vor einigen Jahren gab.

Martin: Ja, hmm. So genau steht das noch nicht fest. Wir saßen zusammen, haben nach einem Namen gebrainstormed, den man auch mehrmals verwenden kann. Es sollte nichts direkt abgrenzendes sein, wie beispielsweise "Welcome to the Underground" oder ähnliches. Irgendwie hab ich dann "Der erste Mannheimer Brückenaward" ausgesprochen und wir lagen alle unterm Tisch vor lachen.

Christian: Ein Moment, an dem ich leider abwesend war… (lacht)

Martin: Der Gedanke, das Bands gegeneinander antreten zum "Battle of the Bands" ist mir generell zuwider. In der regionalen Szene wird da versucht abzuwägen, welche Band besser ist, obwohl es gerade hier darum gehen sollte gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen und so etwas wie eine Live-Szene heranzuzüchten. Überregional ist sowas natürlich auch der Überquatsch, wie die Jägermeister-Rock:Liga, wo Oceansize gegen irgendwelche Pop-Sternchen antreten. Der Mannheimer Newcomer-Award war ja eine nette Geschichte, aber leider nicht nachhaltig genug. Ganz junge Bands können da mal 25 Minuten spielen und das war's. Besser wäre es einen kleineren Live-Club zu haben, wo Bands aus der Region regelmäßig, z.B. mindestens einmal die Woche, aufspielen könnten. Oder in der Feuerwache und dem Café Central ein fester Support-Block für eine regionale Band eingeführen, um allen Konzertbesuchern zu zeigen: Leute hier geht was!

Christian: Ich finde dieses merkwürdige Battle-Ding auch ganz seltsam. Die Ellenbogen kann man Montags im Büro, der Fabrik oder in der Schlange beim Bäcker ausfahren, aber doch nicht bei so einer Veranstaltung. Ein kleiner Live-Club würde Mannheim wirklich gut tun! Da sieht es ja momentan eher mager aus, denn selbst die offenbar unabhängigen Institutionen halten verbissen an ihren Strukturen fest und öffnen sicher eher ungern für Strömungen von außen. Man braucht eben nur eine nette Platform und ein paar Leute, die Bock darauf haben, wirklich etwas zu reißen. Ich bin selbst davon überrascht wie gut die Organisation des 1. Brückenawards bisher läuft und es ist echt super, wie alle Beteiligten – das gilt auch für die Bands – mit anpacken.

Gibt es Unterstützung von Seiten der Stadt, dem Popkulturbeauftragten?

Martin: Ja. Ich war relativ früh bei Sebastian Dresel, der sich um die Anmietung der Fläche kümmert, denn auch die kaputte Wiese unter der Eisenbahnbrücke muss man mieten. Über ihn eine Bühne zu bekommen hat leider nicht geklappt. Aber der Kontakt war wirklich sehr nett und man hat gemerkt, dass er sich gefreut hat, dass da jemand zu ihm kommt und etwas machen will. Um das Ganze beim Kulturamt anzumelden waren wir leider zu spät.

Christian: Die Bühne haben wir dann zu einem tollen Preis von Lite-Tech aus Mannheim bekommen, die uns durch diese Aktion unter die Arme greifen! Selbst diese Jungs waren von der Idee begeistert und es hat kaum Überzeugungskraft benötigt.

Es wird oft genörgelt, dass in Mannheim wenig geht, und selbst wenn man was macht, nur wenige Leute kommen – was vielen den Mut nimmt, überhaupt Dinge in Angriff zu nehmen. Wie seht ihr das?

Martin: Es könnte sicher mehr gehen, wie ich bereits erwähnt habe. Jedoch von nix kommt halt auch nix. Wenn es eine Band nicht schafft fünf Leute zu überzeugen zu ihrem Konzert zu kommen, oder nach Jahren des Biertrinkens im Proberaum mal auf irgendeine Bühne steigt und sich wundert, dass ihr nicht tausende Hände Beifall klatschen, dann sollte sich jeder Musiker mal an die eigene Nase fassen, oder mit dem, was man hat, zufrieden sein. Selbst Dinge organisieren und in die Hand nehmen, sich mit anderen Gleichgesinnten zusammentun, bei Problemen den Musikbeauftragten kontaktieren und vor allem mal selbst den Hintern hochbekommen und auf Konzerte gehen. Mindestens ¾ der Musiker in Mannheim, die ich kenne, gehen nur auf ihre eigenen Gigs und wundern sich, dass da dann meistens recht wenig los ist.

Christian: Eine Welle der Prokrastination (Anm.d.Red.: wikipedia hilft hier weiter) scheint durch Mannheim zu rollen (lacht). Viele Bands gehen wohl davon aus, dass man eben irgendwann "entdeckt" wird, oder dass andere etwas organisieren, um dann auf diesen Zug aufzuspringen. Oft machen die dann selbst viel zu wenig Wallung bei ihren Freunden und Bekannten oder rechnen schon vorher mit der Abwesenheit der Gäste. Als Veranstalter braucht man eben etwas Biss, ein gutes Konzept und lustige Ideen – der Rest kommt von selbst.

Von fehlenden Eigeninitiativen mal abgesehen: Was fehlt der Mannheimer Szene in euren Augen noch und ist euer Festival ein Beitrag, daran etwas zu ändern?

Martin: Mehr Regelmäßigkeit. Einfach, dass an einem bestimmten Ort immer regionale Bands – am besten für umsonst – spielen, was sich dann als Treffpunkt für Mannheimer Rockmusiker etabliert. Ein Festival kann nur ein kleines Stückchen von einer wirklichen Szene sein. Aber Joachim und ich haben schon neue Ideen, die nach dem Festival anzugehen sind. Der Brückenaward soll jedoch ein kleiner Startschuss sein.

Der Eintritt ist frei – wie organisiert ihr das Ganze, so dass kein Minus entsteht?

Martin: Spenden. Wir werden einige aufdringliche Damen mit Spendenkassen durch das Publikum schicken. Außerdem gibt’s eine Salatbar, wo man sich gegen eine Spende bedienen kann. Die Fixkosten werden um die 350-400€ liegen.

Christian: Das sind überschaubare Kosten, die man zu dritt auch bei einem ordentlichen Junggesellenabschied hat, nur wird unser Brückenaward viel mehr Spaß machen.

Womit lockt ihr die Leute neben der guten Musik und dem freien Eintritt? Gibt's ein paar Specials, die ihr regioactive.de exklusiv verraten wollt?

Martin: Hey, ein Festival wo ich meine eigenen Getränke bitte mitbringen soll! Außerdem muss ja dann doch gelüftet werden, was sich hinter dem Award verbirgt und wer awarded wird (lacht).

Christian: Natürlich haben wir neben den Bands auch noch tolle DJs am Start. Gestern hat Mischa K (popklub.de, Atomic! Party, Soho) sein Interesse bekundet und wir beide werden uns sicher ordentlich die Hits um die Ohren feuern.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem Brückenaward!

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