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Converge (live in Mannheim, 2016) © Johannes Rehorst

Es wird sicherlich nicht mehr viele Chancen geben, die Hardcore-Legende Converge aus nächster Nähe und auf einer kleinen Bühne zu erleben. Wer also im JUZ Mannheim zugegen war, kann sich glücklich schätzen.

Zwar ist es im JUZ nicht unbedingt selten, dass es hier und da mal etwas eng werden kann, aber betrachtet man die Menge der Leute, die sich bereits vor der ersten Band vor und im Venue aufhalten, weiß man schon, worauf man sich eingelassen hat. Allerdings bleibt nicht viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn pünktlich auf die Minute genau um 20:30 Uhr steht die erste Band des Abends auf der Bühne.

Es ist Gold, was glänzt

Den Abend eröffnen dürfen die Niederländer Gold. Eigentlich als 70er-lastige Retro-Rockband gestartet, hat man zum zweiten Album "No Image" einen interessanten Stilwechsel vollzogen. Hier dominieren 80er-Gothic und Deathrock, wobei die Band eine eigenständige und faszinierende Atmosphäre erschafft.

So auch live. Besonders Sängerin Milena Eva wirkt beinahe wie in Trance und auch was den Rest der Show anbelangt, drängen sich Vergleiche mit den (inzwischen ja nicht mehr existenten) Landsleuten von The Devil's Blood auf; unter anderem auch, weil bei beiden Bands das Stageacting etwas durchchoreographiert wirkt. Der Vergleich liegt aber auch sonst nahe, da Gitarrist Thomas Sciarone vor der Gründung von Gold bei The Devil's Blood aktiv war.

Obwohl die Musik der jungen Band vordergründig nicht zu den beiden anderen Programmpunkten des Abends passt, ernten sie weit mehr als nur Höflichkeitsapplaus und der Raum vor der Bühne ist auch angemessen gefüllt. Zwar merkt man vielen Besuchern an, dass sie eher aus Neugierde vor Ort sind, aber die meisten werden durch die einnehmende Aura der Band schnell überzeugt. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass Songs wie "Servant" heute live etwas heftiger dargeboten werden als auf Platte. Als die Band nach einer guten halben Stunde die Bühne verlässt, kann man von einem gelungenen Auftakt des Abends sprechen.

Eigentlich ganz harmlos?

Im Anschluss ist es nach erfrischend kurzer Umbaupause Zeit für Harm's Way aus Chicago. Dass die Band hier auftritt, ist eigentlich keine große Überraschung, veröffentlichte sie doch schließlich ihr letztes Album "Rust" beim Label von Converge-Sänger Jacob Bannon. Die Straight-Edge-Band bedient (wertfrei gemeint) musikalisch doch eher die etwas stumpfe Fraktion, was aber natürlich für erhöhte Durchschlagskraft sorgt. Durchschlagskraft ist auch ein gutes Stichwort für die beeindruckende Bühnenpräsenz von Frontmann James Pligge.

Letztlich liefert die Band einen guten Auftritt, der jedoch nicht ganz das Intensitätslevel von Gold erreicht, die vermutlich einfach den Exotenbonus auf dieser Tour hatten. Allerdings wissen dennoch auch Harm's Way Teile des Publikums ordentlich zu überzeugen, das sich aber teilweise vor der Tür aufhält. Langsam wird offensichtlich, dass das alles eigentlich nur Vorgeplänkel ist.

Ein Headliner, wie man ihn sich nur wünschen kann

Was sich dann ereignet, kann man wirklich nur einen Triumphzug nennen. Converge entern mit "Dark Horse" von ihrem 2009er Album "Axe To Fall" die Bühne. Dieser Song ist für Band-Verhältnisse extrem eingängig und ein dementsprechend guter Opener. Sieht man aber die Publikumsreaktionen im Verlauf des Sets, so ist klar, dass die Band heute eigentlich gar nichts falsch machen kann. 

Die Band berücksichtigt jedes Studioalbum seit dem Genre-Klassiker "Jane Doe" von 2001, es findet sich als Zugabe sogar noch ein älterer Song in der Setlist, aber dazu mehr. Converge reihen Highlight an Highlight. Wenngleich ihr Album wie "All We Love We Leave Behind" von 2012 kaum mit den älteren Werken vergleichbar ist, wirkt alles wie aus einem Guss. Besonders in den vorderen Reihen sind die Reaktionen mit "euphorisch" beinahe noch untertrieben beschrieben, Crowdsurfer fliegen wie am laufenden Band durch die Luft.

Perfekter Auftritt in einer perfekten Location

Es ist wirklich beeindruckend. Einzelne Bandmitglieder wie Frontmann Jacob Bannon und Gitarrist Kurt Ballou sind in ihrer Bedeutung für die Szene eigentlich "Larger than life"-Persönlichkeiten. Dennoch wirkt die Atmosphäre im JUZ beinahe familiär. Das liegt auch daran, dass ein Großteil aller Musikkonsumenten die Musik von Converge als unkoordinierten Krach wahrnehmen würden, den Anwesenden das aber natürlich niemals in den Sinn käme.

Eins der unumstößlichen Highlights und aus dem Set nicht wegzudenken, ist "Concubine". Überraschenderweise folgt darauf jedoch nicht "Fault And Fracture", sondern das Quartett verlässt die Bühne. Als man etwa zwei Minuten später zurückkehrt, wird tatsächlich mit dem Publikum diskutiert, was die Zugabe sein soll. Zur Debatte steht auch der überlange Titeltrack von "Jane Doe". Als jedoch plötzlich der Uralt-Song "The Saddest Day" im Raum steht, gibt es vor der Bühne kein Halten mehr. Die Musiker geben offen zu, den Song seit Ewigkeiten nicht geprobt zu haben, nehmen es aber gelassen und vor allem mit Humor.

Als "The Saddest Day" wirklich erklingt, ist von spielerischen Problemen nichts zu spüren. Converge geben noch mal absolut alles und die Fans tun es ihnen gleich. Als dann nach einer guten Stunde der letzte Ton gespielt ist, ist niemand, aber auch wirklich niemand in irgendeiner Form unzufrieden. Converge haben einen perfekten Auftritt in der dafür perfekten Location abgeliefert.

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