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Sunrise Avenue (live in Mannheim, 2015) © Jannik Rulitschka

Wer noch nie ein Konzert von Sunrise Avenue gesehen hat, der konnte sich für die Show auf dem Maimarktgelände in Mannheim begeistern. Wer sie allerdings in den Anfangsjahren erlebt hat, muss bedauerlicherweise feststellen, dass sie nachgelassen haben.

Auf dem weitläufigen Maimarktgelände ist rund um den direkten Bühnenbereich noch viel Platz, als Sunrise Avenue gegen 20 Uhr die Bühne betreten. Viele Zuschauer schauen durch den Zaun von außen zu und so verwundert es nicht, dass das Konzert nicht ausverkauft ist. Ein weiterer Grund könnte sein, dass Sunrise Avenue schon 2014 nicht komplett überzeugt haben. So langsam macht sich ein Abnutzungseffekt bemerkbar: die Band wirkt satt – und vielleicht auch ein wenig müde.

So kommt das Konzert nur langsam in Schwung. Nach "Funkytown" brandet zu "You Can Never Be Ready" erster Jubel hoch und die Hardcorefans singen das Intro des Songs selbst. Weiter außen reagiert das Publikum dagegen noch sehr verhalten. Erst bei "Little Bit Love", als Samu die Zuschauer beim Refrain anleitet, singen mehr Leute mit.

Die Hits der Fans

Trotz einiger Aktionen ist das Publikum bis hierhin nicht wirklich euphorisch, was sehr ungewöhnlich ist. Erst der Song "Lifesaver" lässt erahnen, was an diesem Abend alles möglich ist. Viele singen den ganzen Text laut mit und klatschen rhythmisch. Als Samu dann fragt: "Seid ihr laut heute Abend?" erhält er einen Schrei als Antwort. 

Richtig Gas geben alle bei "Out Of Tune", als Sunrise Avenue mit Rockgeballer und Lichtgewitter kurz andeuten, was sie können. Doch schon bei "Choose To Be Me" wird aus der Powershow wieder eine seichte Dudelvorstellung, die an frühere Jahre definitiv nicht rankommt. Für echte Stimmung sorgen wenigstens die Radiohits wie "Hollywood Hills". Egal wie sie diesen Song spielen, er funktioniert immer, weil das Publikum jede Zeile mitsingt und sich selbst feiert.

Kleine Steigerung am Ende

Von Topniveau kann man über die gesamte Länge des Konzerts nicht sprechen. Aber am Ende steigt der Energielevel wenigstens kurzzeitig auf ein Niveau, der Sunrise Avenue gerecht wird. Diese Power kommt aber nicht von Samu Haber, sondern es ist der Keyboarder, der zu "I Don't Dance" reinpowert und auf der Bühne endlich mal für Vollgasstimmung sorgt. Sofort überträgt sich diese Energie aufs Publikum.

Ebenso gut gelingt die Performance von "Dream Like A Child", die einen Eindruck davon vermittelt, was in früheren Jahren bei Sunrise Avenue vom Anfang bis zum Ende durchweg abgegangen ist. Das lange Keyboardintro setzt den Schlusspunkt für die Zugabe von "Fairytale Gone Bad", der ebenfalls von fast allen mitgesungen und beklatscht wird.   

Besinnung auf alte Tugenden

Wer wie ich Sunrise Avenue über viele Jahre begleitet hat, sieht ihre Entwicklung mit Sorge. Dieses Konzert war meine achte Show. Die ersten sechs Mal erlebte ich sie entweder rockig, intensiv akustisch oder sogar mit Big Band. Egal in welchem Stil sie auftraten, sie waren stets energetisch und intensiv.

Dieses Gefühl hatte ich schon 2014 beim Hessentag nicht mehr. Dass die Band etwas verloren hat, bestätigt der Auftritt in Mannheim. Irgendwie haben sie ihren Energielevel verloren, ihre gnadenlose Power, mit der sie den Fans in den Anfangsjahren mitgerissen haben. Die Gier nach Erfolg, der Wille, in jeden Song bedingungslos reinzugehen und mit purer Leidenschaft zu performen, ist einfach nicht mehr spürbar.

Man kann es an einfachen Gesten ablesen: Heute bleibt Samu Haber am Songende stehen, wo er früher auf jede Box geklettert ist und mit dem letzten Akkord fast in die Gitarre und den Boden reingesprungen ist. Sunrise Avenue sollten sich schnell auf ihre alten Tugenden besinnen und daran arbeiten, ihren Biss wiederzufinden. Mit dieser Einstellung besteht die Gefahr, dass die Band Stück für Stück den Kredit verspielt, denn sie sich über viele Jahre mühsam erarbeitet haben.

Setlist

Funkytown / You Can Never Be Ready / I Can Break Your Heart / Little Bit Love / Afraid Of The Midnight / Lifesaver / Forever Yours / Angels On A Rampage / Letters In The Sand / Out Of Tune / Choose To Be Me / Nothing Is Over / Hollywood Hills / Sweet Symphony / I Don't Dance / Welcome To My Life / Dream Like A Child // Fairytale Gone Bad

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