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Patti Smith (live in Karlsruhe, 2015) © Johannes Rehorst

Vor 40 Jahren erschien Patti Smiths stilprägendes Album "Horses". Bei der Gesamtaufführung beim Zeltival im ausverkauften Tollhaus in Karlsruhe zeigte sich, dass das Werk nichts an seiner poetischen Kraft verloren hat.

Wenige Alben haben die heutige populäre Musik so geprägt wie "Horses", das im Dezember 1975 auf dem Arista-Label veröffentlicht wurde. Patti Smiths androgynes Aussehen auf dem Cover war dabei ebenso bedeutsam wie die Musik, die mit ihrer sperrigen Verweigerungshaltung den Punk vorwegnahm.

40 Jahre später entfaltet "Horses" immer noch eine beeindruckende Wucht. Wer glaubt, dass das Publikum im brütend heißen Tollhaus in Karlsruhe in Bewegungsstarre verfällt, täuscht sich. Schon beim Opener "Gloria" ist die Euphorie spürbar, Zuschauer jubeln, recken ihre Arme in die Höhe, singen lauthals mit, tanzen und hüpfen. "Jesus died for somebody's sins, but not mine" zu hören, sorgt immer noch für einen überwältigenden Moment.

Umwerfende Interpretationen

Patti Smith genießt den Abend sichtbar, wirkt entschlossener, griffiger als bei ihrem Auftritt in Mainz. Es liegt sicher auch am ungezügelten Material, das sie antreibt. Den langen Text von "Birdland" muss sie ablesen, aber ansonsten wirkt die Performance, als habe sie das Album gerade gestern aufgenommen.

Nach "Free Money" kündigt sie an, das sei die erste Seite von "Horses" gewesen, jetzt folge das Wenden und das Abspielen der zweiten Seite. Die Anspielung auf die Schallplatte sorgt für lauten Jubel im Publikum.

Für die Verstorbenen

Höhepunkt reiht sich an Höhepunkt, bis alles in einer umwerfenden Interpretation von "Land" endet, in deren Verlauf Patti Smith nochmal "Gloria" aufgreift. Es ist der erste Moment, in dem das Konzert entscheidend vom Album abweicht. Ein weiterer folgt mit "Elegie", eigentlich geschrieben für Jimi Hendrix, das Smith benutzt, um an die verstorbenen Begleiter ihres Lebens wie Fred "Sonic" Smith oder Robert Mapplethorpe zu erinnern.

Wie immer spielen die Verstorbenen eine wichtige Rolle in den Konzerten von Patti Smith, aber ihr Auftritt ist durch und durch lebensbejahend: "You are free", ruft Patti Smith und die Zuschauer jubeln. "People Have the Power" passt da wie die Faust aufs Auge.

Eine kleine Prise Anarchie

Neben einem eher überflüssigen The Velvet Underground-Medley, das Smith aber eine wohlverdiente Pause verschafft, spielt sie noch "Because The Night", das sie gemeinsam mit einem Freund geschrieben habe. Bei diesem Freund handelt es sich um Bruce Springsteen, was beweist, wie kurz der Weg von New York nach New Jersey immer war.

Zum Abschluss gibt es noch eine wilde Version von "My Generation", damals die B-Seite von "Gloria", das damit endet, dass Patti Smith die Saiten ihrer Gitarre herausreißt. Das muss an Anarchie für den heutigen Abend reichen.

Setlist

Teil 1, Horses: Gloria / Redondo Beach / Birdland / Free Money / Kimberly / Break It Up / Land/Gloria / Elegie

Teil 2: Ghost Dance / Rock & Roll/Waiting for the Man/White Light/White Heat / Because the Night / People Have the Power // My Generation

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