Heiß war nicht nur die Stimmung auf dem diesjährigen Happiness Festival 2015. Besonders am Samstag kam das Publikum so richtig ins Schwitzen. Das liebevoll gestaltete Festivalgelände bot aber gemütliche Schattenplätze und Acts wie Deichkind, K.I.Z, Jennifer Rostock oder Bosse brachten die Menge zum Kochen.

Seit seiner Gründung ist das Happiness Festival in Straubenhardt bei Pforzheim stetig gewachsen. Gemütlich ist es aber immer noch. Menschenmassen, überfüllte Campingplätze und lange Wege zum Festivalgelände oder Parkplatz blieben den Besuchern zum Glück erspart.

Ein ganz eigenes Publikum

Das Festival versprühte einen ganz eigenen Charme. Der Campingplatz war überschaubar, aber nicht zu klein, das Festivalgelände liebevoll gestaltet und die Besucher bildeten eine interessante Mischung aus jungen Fesivalneulingen, alten Hasen und Familien mit Kindern.

Zwischen wohlriechenden Festivalcampern, die in der Sonne dösten und überdrehten Teenagern aus der Region, die euphorisch ihr erstes Festival genossen, hüpften kleine Kinder umher begleitet von Eltern mit Kinderwagen. Was zunächst nach einem eher heterogenen Gesamtbild klingt, macht eben den besonderen Happiness-Charme aus.

Vorhang auf für die Muttersprache

Besonders deutschsprachige Bands wie Bosse, Prinz Porno, Jennifer Rostock oder Deichkind konnten von diesem Publikum profitieren. Während die Fans in den vorderen Reihen für Stimmung sorgten, besiedelten regionale Besucher den grünen Hang, der einen perfekten Blick auf das Bühnengeschehen bot.

Für andere Künstler war die Publikumsstruktur eher weniger vorteilhaft. Besonders Bands wie Deez Nuts oder Comeback Kid, die für die härteren Töne sorgten, mussten vor überraschend wenigen Zuschauern spielen. Fans und Künstler ließen sich den Spaß davon zwar keineswegs verderben, um die guten Shows war’s aber dennoch schade.

Entspannte Atmosphäre

Das Happiness Festival setzte auf Klasse statt Masse. Der Zeltplatz bot mehr als genug Platz für alle und langes Anstehen vor den Dixi-Klos oder dem Eingang zum Festivalgelände war auch kein Problem. Dazu konnten die Besucher die umfangreiche und vor allem leckere kulinarische Vielfalt und gemütlich gestaltete Chill-Out-Ecken mit Hängematten und Sonnensegeln genießen.

Bei so viel Gemütlichkeit und guter Stimmung verzeiht man den Anfahrtsstau am Freitag gerne. Das Wetter tat sein Übriges, um das Happiness Festival zu einem rundum zufriedenstellenden Erlebnis zu machen. Warm, aber nicht zu warm war es am ersten Festivaltag und so waren auch die Nachmittagskonzerte gut besucht. Bei Temperaturen, die ausgelassenes Tanzen noch zuließen, wurde zu Die Orsons oder den 257ers, die die Bühne kurzerhand zum Kinderspielplatz umfunktionierten, so richtig gefeiert.

Ein derber Freitagabend

Der Freitag stand ganz im Zeichen des deutschen Hip Hops mit kurzen Rock-Intermezzi von Adam Angst oder Jennifer Rostock. Letztere zeigten sich gewohnt provokant, Frontfrau Jennifer Weist machte wie immer nicht die Musik sondern ihren Körper zum Mittelpunkt der Show, der dank neonfarbenem Bikini und passender Beleuchtung zeitweise das einzige war, das man auf der Bühne erkennen konnte. Immerhin verzichtete sie aufs Blankziehen – ob‘s am teilweise minderjährigen Publikum lag, blieb unklar.

Mit der Rücksicht auf das Familien-Publikum war es spätestens bei K.I.Z ohnehin vorbei. Da wurden Spassten in Cordhosen besungen, Mütter gefickt und Partys auf Hurensohn-Gräbern geschmissen – Urlaub fürs Gehirn eben. Am selben Tag war das neue Album der Kannibalen, "Hurra, die Welt geht unter" erschienen, was an diesem Abend gefeiert werden sollte.

Der harte Kern freute sich über den Weltuntergang angemessen, insgesamt hätte die Releaseparty aber sicher euphorischer ausfallen können. Während K.I.Z bei Rock am Ring oder auf dem Southside Festival die Massen zum Kochen gebracht hatten, fanden sie ihr Publikum diesmal nur "gar nicht so übel".

Für alle, die nach dem letzten Act des Abends noch nicht genug hatten, gab es auf der Aftershowparty auf dem Campingplatz direkt im Anschluss noch einen K.I.Z-Verschnitt für Arme. Die Drunken Masters bekamen den Platz vorm Redbull-Bus mit ihrem DJ Set dann aber doch voll und brachten die Nachtschwärmer zum Tanzen.

Lähmende Hitzewelle

Am Samstag brannte die Sonne dann erbarmungslos vom Himmel, was zu einem rapiden Rückgang der Flunkyball-Rate und eher spärlichem Publikum bei Acts wie Schmutzki oder Itchy Poopzkid führte. Die meisten flüchteten sich bis zum frühen Abend in den Schatten. Den Platz auf den sonnigen Zeltplatz-Wegen nutze dafür eine Gruppe aufstrebender Jungrapper zum Videodreh. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Die meisten der 8.000 Besucher zeigten sich am Samstag daher erst am Abend. Prinz Porno und Bosse hatten überraschend den Platz getauscht und so konnten die angereisten Familien den seichten Deutschpop in aller Ruhe von ihren Picknickdecken aus genießen. Deichkind brachten dann schließlich doch noch ordentlich Leben in die Bude und boten einen mehr als würdigen Abschluss für das diesjährige Festival.

Finale Furioso mit Deichkind

Das gesamte Publikum hatte sich vor der Bühne versammelt, um die legendäre Liveshow mit eigenen Augen zu sehen. Von den leuchtenden Dreieckshüten, über gigantische rosa Gehirne bei "Denken Sie groß" und eine Bürostuhl-Choreographie zu "Bück dich hoch" bis hin zu dem gigantischen Fass, das zum gleichnamigen Song samt Band hereingerollt wurde, zogen die Deichkinder sämtliche Register. Zum Schluss sorgten sie noch einmal für ordentlich "Krawall und Remidemmi" und schwebten wie die dei ex machina über die Bühne.

Das Happiness Festival machte seinem Namen auch in diesem Jahr alle Ehre. Es sorgte für viel Freude, Gemütlichkeit und Musikgenuss in entspannter Atmosphäre. Dass nicht alle Acts ausreichend Publikum fanden, lag wohl am sehr heterogenen Publikum. Man darf gespannt sein, wie es nach der ausverkauften Ausgabe 2015 weitergeht.