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Mark Knopfler (live in Mannheim 2015) © Rudi Brand

Auf seiner Europatournee anlässlich seiner neuen Platte "Tracker" gastierte Mark Knopfler in der gut gefüllten SAP Arena in Mannheim. Das Konzert überzeugte mit der routiniert-tiefenentspannter Vorstellung seines Solo-Œuvres und begeisterte mit einer erlesenen Auswahl einiger Dire Straits-Klassiker.

Es war ein weiter Weg von der spätsiebziger Pubrockszene des Londoner Portobello-Viertels über den Millionenseller "Brothers in Arms" 1985, der beiläufig auf mehreren Ebenen die vorläufige Machtübernahme des digitalen Zeitalters einläutete bis hin zur letzten großen Abschiedstournee der Dire Straits, die am Ende 1992 unter dem Motto "On Every Street" das Ende der Band bedeutete.

Bewusste Verkleinerung

"Übergroß und furchtbar erdrückend" waren die Dire Straits geworden, erzählte Mark Knopfler kürzlich der Welt im Interview. Eine Bürde die er als Frontman wider  Willen nicht länger tragen  wollte. Seit Mitte der Neunziger ist Mark Knopfler solo unterwegs und erweitert die alte Dire Straits-Magie stetig um Blues, Country, Traditionals und vor allem Folk. Dies manifestiert sich auf bereits acht Studioalbum und unzähligen Soundtracks sowie etlichen Kollaborationen mit Größen des Musikgeschäfts.

Pünktlich um 20 Uhr und ohne Vorband tritt ein fülligerer Knopfler Look-Alike in einem Union-Jacket Mantel auf die Bühne und kündigt den 65-Jährigen ehemaligen Englischlehrer lauthals an. Es sollte der einzige Show-Moment des Abends bleiben, denn danach betritt Knopfler unprätentiös wie eh und je die Bühne um sich zwei Stunden lang auf seine Gitarre, etwas Gesang und vor allem seine sieben Mitmusiker zu konzentrieren, die ihn kongenial unterstützen werden.

Folklastiger Beginn

Mit dem Funky-Shuffle "Broken Bones" vom neuen Album "Tracker" legt die Kombo zügig, aber unaufgeregt los, gefolgt von "Corned Beef City" und "Privateering", beides rootslastige Stücke vom gleichnamigen 2012er Erfolgsalbum, das eine noch stärkere Rückbesinnung auf Knopflers Folkwurzeln bedeutete.

Dabei bauen drei Gitarristen und John McCusker an der Mandoline enorme Dichte auf. "Father & Son" und "Hillfarmers" sind ebenfalls Folk in Reinform. Es kommen Tin-Whistles, Geigen und Flöten zum Einsatz. Neben McCusker ist es hier vor allem Mike McGoldrick als zweiter "Folkmusiker", der den Sound prägt. Knopfler fühlt sich sichtlich wohl im Kreise seiner Band und verspricht bei seinen kurzen und eher wortkargen Ansagen: "We are probably digging out some historical items tonight".

Dire Straits Songs begeistert gefeiert

Die Dire-Straits-Songs hat der geborene Glasgower dann taktisch klug im Mittelteil, als Setcloser und Zugabe in sein Programm eingebaut. Als Knopfler seine "National Style O" aus dem Jahr 1937 umhängt brandet frenetischer Jubel durch die mit rund 8.000 Leuten gut gefüllter SAP-Arena. Bereits die ersten Gitarrenanschläge von "Romeo und Juliet", der zu tränenrührenden Liebesgeschichte ohne die kein Dire Straits Konzert komplett war bringen dieses besondere Gefühl zurück.

Dire Straits waren mehr als Mark Knopfler mit Stirnband und so ist es ein nostalgischer Moment, da hier wirklich lediglich 5 Musiker das Stück spielen, wie es einst Dire Straits taten. Schlagzeug, Bass, Rhythmusgitarre, zwei Keyboarder und Knopfler mit Gitarre und Gesang. Knopfler legt nach und spielt seinen wohl größten Hit "Sultans Of Swing" in der klassischen Viererbesetzung der Spätsiebzieger, wie dieser damals mit seinem Bruder David, John Illsley am Bass und Pick Withers am Schlagzeug erdacht war.

Die Begeisterung kennt keine Grenzen. Viele der Zuschauer sind in Knopflers Alter und werden gerade von den frühen, unverwüstlichen Dire Straits Alben schon lange begleitet. Auch wenn Knopfler beim Gesang etwas schludert, seine Fender Stratocaster scheint sich beim nicht enden wollenden Soli zu verselbständigen und davonzufliegen. Offener Szeneapplaus für den Song, der ihn unsterblich gemacht hat!

Im zweiten Teil, ein neues Album, die Freuden einer Band, Höhepunkte und Finale

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Ausgangspunkt der Tournee ist "Tracker", das im Frühjahr veröffentlichte achte Soloalbum  des Schotten. Richard Ford bringt seine Sicht zu "Tracker" in wunderbaren, der LP beigefügten Sleeve Notes auf den Punkt: Wie in einer großen Erzählung, für die Pulitzer-Preisträger Ford glaubwürdig wie nur wenige steht, füge Knopfler vermeintlich zusammenhanglose Geschichten, Orte, Menschen und deren Nöte und Eigenarten meisterhaft zu einer funkelnden und klugen Erkenntnis zusammen. "Getrackt" wird in 11 nostalgischen Episoden Knopflers Blick auf sein Leben und Schaffen. Das Album bleibt zwar erwartungsgemäß weitgehend frei von Überraschungen und mag in Sachen Routine eine Einheit mit dem heutigen Live-Knopfler bilden

Diese Vielfalt prägt "Tracker" wie kein Knopfler-Album zuvor. Zwar dominieren Blues und Folkballaden sein achtes Studiowerk, andererseits verarbeitet Knopfler mit Zither und Flöten etwa auch keltische Einflüsse. Knopfler bemüht sich lange nicht mehr um roten Faden und Übergänge, sondern pflegt die genannte, nicht erst seit "Privateering" herrschende Stil- und Instrumentenvielfalt. Das Album bedient teilweise auch die Erinnerung an den alten Dire Straits Sound, vor allem natürlich in der unverkennbaren Gitarrenarbeit.

Verraucht-stimmungsvoll brilliert in der Liveversion der an Dave Brubecks (bzw. Paul Desmonds) "Take Five" angelehnte, jazzige Opener "Laughs & Jokes & Drinks & Smokes". Er huldigt den rauchigen Herrenabenden im Pubs und der guten alten Zeit: "Wir waren jung, so jung und immer pleite, aber wir haben uns nicht darum geschert“. Ein Höhepunkt des Konzerts. Ansonsten sticht "Skydiver" als vielschichtige und groovende Nummer heraus, die auch den Beatles gut gestanden hätte.

Die Freuden einer Band

Daher überrascht es nicht, dass Knopfler größte Freude bei der Vorstellung seiner "Band" hat, wofür er sich lange und ausgiebig Zeit nimmt. Von jedem Bandmitglied ist er begeistert. Egal ob Studiocrack Richard Bennet (Gitarre), die Veteranen Ian Thomas (Schlagzeug), Jim Cox (Piano) oder seiner Nashville-Entdeckung Glenn Worf (Bass), alle haben größte Bedeutung im aktuellen Knopfler-Soundkosmos und seine Wertschätzung.

Dazu passend stehen alle Musiker nicht selten während der zwei Stunden in einem geschlossenen Kreis oder schauen sich gegenseitig wertschätzend beim Spielen zu. Die Zuschauer der nicht gerade intimen SAP-Arena sind dabei Zaungäste, nicht unbedingt integraler Teil der "privaten" Session von Knopfler und seinen Musikern. Knopfler strahlt dabei die gönnerhafte Altersweisheit aus, die man ihm schon in jüngeren Jahren angedichtet hat.

Starkes Finale

Im letzten Teil des Sets bietet Knopfler mit "Postcards from Paraguay" Exotik vom "Shangri-La"-Album und mit "Speedway at Nazareth" einen begeistert aufgenommen Klassiker aus seinem zweiten Soloalbum "Sailing to Philadelphia", bevor  beim Schlusssong die alten Dire Straits-Fans ihre Sitzplätze verlassen und an den Bühnenrand stürmen.

"Telegraph Road", das epische Stück vom 82er Album "Love over Gold", das die Hinwendung zum massenkompatibleren Stadionrocksound und Keyboards einläutete. Faszinierend wie Knopfler und Band hier zwischen laut, leise, intensiv und energisch wechseln und große Spannungsbögen aufbauen.

Zugaben

Als obligatorische Zugabe packt Knopfler noch den Klassiker "So Far Away“ aus und die komplette Halle singt den Refrain mit während die Band tatsächlich "schwooft". Dabei wirkt Knopfler trotzdem von den nun am Bühnenrand stehenden Fans eher in seiner Ruhe gestört, tritt zwei Schritte zurück und spielt zeitweise sogar mit dem Rücken zum Publikum.

Statt des lauthals geforderten und auf der Tour schon gespielten "Brothers In Arms", das sich sehr gut in den momentanen Folkkontext des Meisters einbetten würde, spielt er das geschmackvoll, passende "Piper To The End", den Rausschmeißer seines 2009er Albums "Get Lucky". Danach ist Schluss. Mark Knopfler, der mit seiner einstigen Band alles erreicht hat, muss sich im Alter nichts mehr beweisen und überzeugt auch in einer großen Arena, schlicht durch die Zeitlosigkeit seiner Kompositionen. Für Unterhaltung und Budenzauber sind in der Musikbranche definitiv andere zuständig.

Setlist

Broken Bones / Corned Beef City / Privateering / Father & Son / Hillfarmers / Skydiver / Laugh & Jokes & Drinks & Smokes / Romeo And Juliet / Sultans Of Swing / Haul Away / Postcards From Paraguay / Marbletown / Speedway / Telegraph Road / So far away / Piper To The End  

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