Noel Gallagher (2014)

Noel Gallagher (2014) © Schoneberg Konzertbüro

Trotz einer durch eine Erkältung angegriffenen Stimme zieht Noel Gallagher tapfer seine Europatournee zur Veröffentlichung seines neuen Albums "Chasing Yesterday" durch. Mit einem deutlich rockigeren Set als auf seiner ersten Solotour sorgt er für gute Konzertstimmung, wobei die großen Momente weiterhin durch die Oasis-Klassiker geprägt werden.

Zehn vor neun signalisiert ein seltsam trötendes Geräusch dem Publikum in der mit 5.000 Zuschauern gut gefüllten Mitsubishi Electric Halle, dass der Auftritt von Noel Gallagher bald beginnen wird. Während man noch überlegt, woher man diesen eigenartigen Sound kennt, fällt es plötzlich wie Schuppen von den Augen – Vuvuzelas, diese dämlichen Plastikfanfaren, die man auf ewig mit der WM 2010 verbinden wird.

B-Seiten im Rampenlicht

Ausgerechnet die benutzt Gallagher, um sein Konzert einzutröten. Das konnte ja nur besser werden. Wird es auch. Mit der rockigen B-Seite der ersten Single des neuen Albums, "Do The Damage" geht es los. Ein Anfang, der gut in das zum Vergleich zur letzten Tour deutlich rockigere Set führt.

Dennoch wäre die andere Flipside, "Revolution Song", die bessere Wahl gewesen, aber geschenkt – schön ist und bleibt, dass solche Nummern bei ihm immer auch ihre Bedeutung haben. Es wird auch eine B-Seite sein, die dieses Konzert beendet, doch die stammt aus dem Jahr 1995 und war damals eine Zugabe zu einem Song namens "Wonderwall".

Cool, trotz Erkältung

Es geht weiter mit "(Stranded On) The Wrong Beach" von seinem Debütalbum, eine weitere Aufwärmnummer, bevor dann bei "Everybody's On The Run" ein merkbarer Ruck durch die Halle geht – die Fans sind gekommen um zu feiern und auf einmal sind die Arme oben und es wird mitgesungen. Noel, cool wie immer, beginnt kraftvoll doch gegen Ende des Songs merkt man, dass die Erkältung, die er auf dieser Tour mit sich herumschleppt, ihm einiges abverlangt.

Die Gesangslinien am Ende des Songs bekommt er nur unter Anstrengungen hin, er trifft die Töne, aber es kostet ihn Kraft. Der Rest der High Flying Birds, die für die Tour um drei Bläser erweitert sind, spielt routiniert und souverän.

Drummer Jeremy Stacey, der auf der letzten Tour mit Bowler und weißem Overall so aussah, wie John Bonham 1975, sieht jetzt mit Weste und Schiebermütze eher aus wie Mick Fleetwood 1987. Gitarrist Tim Smith sieht aus wie der um zwanzig Jahre jüngere Bruder von Mick Taylor. Keyboarder Mickey Rowe sieht immer noch so aus, als spiele er eigentlich bei Wilco und Bassist Russell Pritchard immer noch so wie der Bassist der Zutons.

Den weiten Weg aus Indien

Es folgt "Fade Away", der erste von fünf Oasis-Songs, begleitet von einer Dia-Show mit Bildern aus vergangenen Jahrzehnten, die unbekannte Personen zeigen. Dass Noel mit einer Ausnahme komplett andere Oasis-Nummern spielt als auf der letzten Tour, kommt dem Set zugute. Erneut "Half The World Away" oder "It's Good To Be Free" zu hören, hätte keinen gekickt. "Talk Tonight" wünscht sich ein Zuschauer – "Vielleicht nächstes Mal", vertröstet ihn Noel.

Ansonsten sind es wieder die angereisten Engländer, die ihn zu Reaktionen bzw. Antworten treiben. An die deutschen Fans wendet er sich nicht explizit, dafür freut er sich, dann anscheinend jemand aus Indien extra (?) für das Konzert eingeflogen ist – na, denn.

Nicht nur Höhepunkte

Die hohen Töne von "The Death Of You And Me" bereiten ihm dann wieder Probleme, "Champagne Supernova" gerät majestätisch, "Digsy's Diner" lässt die Band wie eine junge Garagenband klingen und an der Umsetzung von "Riverman" scheitern sie trotz Bläsern – die Coolness der Produktion auf der Platte will ihnen in der Liveumsetzung nicht gelingen.

Dass sie das feine "The Girl With X-Ray Eyes" weglassen, aber stattdessen das öde "The Mexican" spielen ist die einzige echte Kritik an der Setlist, die ansonsten beweist, dass Gallagher mit seinen zwei Solo-LPs über eine gute und vom Publikum auch gut angenommene Basis verfügt, die ihn als Solointerpret trägt.

Begeisterung für Oasis-Klassiker

Allerdings wird auch deutlich, dass der Turbo dann angeschaltet wird, wenn ein Oasis-Klassiker ertönt. "Don't Look Back In Anger" war auch schon auf der letzten Tour dabei, aber jetzt spielt er wieder ein etwas ruhigeres Arrangement, das den Song aber auch gut transportiert.

Als letzte Zugabe gibt es dann die bereits erwähnte Wonderwall-B-Seite "The Masterplan", die bereits 1998 auch zum Titelsong der Oasis-Flipside-Compilation wurde. Ein würdiger Abschluss eines Konzertes, mit dem Gallagher selbst, wie er später im Netz kommentiert, nicht allzu glücklich war. Aus Publikumssicht kann man jedoch sagen, dass sich der Abend gelohnt hat. Selbst an schwachen Tagen vermag er zu überzeugen. Und das ist vielleicht der Unterschied zu anderen Acts.

Setlist

Do The damage / (Stranded On) The Wrong Beach / Everybody's On The Run / Fade Away / In The Heat Of The Moment / Lock All The Doors / Riverman / The Death Of You And Me / You Know We Can't Go Back / Champagne Supernova / Ballad Of The Mighty I / Dream On / The Dying Of The Light / The Mexican / Aka... Broken Arrow / Digsy's Dinner / If I Had A Gun... // Don't look back in anger / Aka... What A Life! / The Masterplan

Alles zum Thema:

noel gallagher