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Jan Delay & Disko No. 1 (live beim Rock'n'Heim, 2014) © Achim Casper

Am neuen Album "Hammer und Michel" des lässigen Sonnenbrillenträgers aus Hamburg scheiden sich die Geister. Jan Delay und Rock - eine Kombination, die auf der Scheibe nicht wirklich überzeugt. Dass die neue Rockattitüde live trotzdem einiges taugt, beweist Jan Delay mit seiner Band Disko No.1 in Würzburg erneut mit gewohnter Coolness.

Den Einstand des Abends liefert die Urban-Brass-Band Moop Mama, deren Frontmann Keno vielleicht dem ein oder anderen Rap-Fan bekannt sein dürfte.

Die groovige Blasmusik und die zackigen Beats der achtköpfigen, komplett in Rot gekleideten Kapelle kombiniert der Sänger mit sehr schnellem Sprechgesang. Seine Hooklines sind durchaus vergleichbar mit denen von diversen anderen nationalen Rap-Größen, wenn nicht sogar um einiges niveauvoller.

"Habt ihr Liebe für mich?"

Das manifestiert sich in Songs wie "Geh mit uns" oder Liebe": Die Songtexte machen nicht nur Spaß, sondern besitzen durchaus eine politische Message: Die Liedzeilen "Denn egal ob fett und weiß oder abgemagert und schwarz, am Ende sind wir alle gleich, wie die Lieder in den Charts." könnten sich einige direkt hinter die Ohren schreiben.

Dazu geben nicht nur die neun Musiker, sondern sogar auch deren Techniker am Mischpult bewegungstechnisch Vollgas. "Habt ihr Liebe für mich?" – "Oh yeah!"

Flagge zeigen

Jan Delay und seine Band Disko No.1 schließen thematisch nahtlos daran an: Zu dem Song "Liebe" betreten zuerst die Bläser, dann die fahnenschwenkenden Background-Sängerinnen und schließlich der zum Rock konvertierte Sänger die Bühne. Neu ist der Leoparden-Look der Band, Jan Delay erscheint wie gewohnt im Blues-Brothers-Anzug.

Schon beim zweiten Lied "Klar" feiert das Publikum ordentlich mit. Auch Jan Delay entledigt sich rasch seines schwarzen Jacketts, woraufhin sein verschwitztes Hemd zum Vorschein kommt. "Ihr seid ja Hooligans!" scherzt der Sänger über die tanzwütigen Zuhörer, deren Altersdurchschnitt vermutlich jenseits der 30 liegt. Gefeiert wird zwar bis zum Äußersten, dennoch deutet dies darauf hin, dass Jan Delay mit seiner Rock-adaptierten Platte endgültig in der Mitte der Gesellschaft  angekommen ist.

Sehenswerte Lightshow

Spätestens nach "Türlich Türlich" und einem ersten Medley bekannter Rocksongs sind auch die Menschen auf den Tribünen auf den Beinen. Visuell sind die Songs erstaunlich gut in Szene gesetzt. Vier schwenkbare, an der Bühnendecke befestigte LED-Tafeln ergänzen die sehr farbenprächtige Lightshow optimal.

Besonders sehenswert ist der Tanzwettbewerb zwischen den Bläsern und den Background-Sängerinnen während des Liedes "Sie kann nicht tanzen". Die Choreografie der Instrumentalisten mutet zwar wie eine Tanzeinlage der Blue-Man-Group an, kann sich aber nach Votum des Publikums nicht gegen die Ganzkörperbewegungen der Sängerinnen durchsetzen. Schade, tanzen können sie jedenfalls alle.

Fett abbauen durch Wedeln

Nach der Adaption des Guns N'Roses-Songs "Paradise City" schlägt der Hamburger Sänger in "Dicke Kinder" erstaunlich pädagogische Töne an: "Für jede Tüte Chips kriegst du zwei Kilo Gemüse." Jan Delay als Ernährungsberater. Hätte man so nicht erwartet. Konsequenterweise fordert er die Zuschauer für "Oh Johnny" zum Wedeln von Schals bzw. Jacken über ihren Köpfen auf. Bei dieser Art von Fett-Verbrennung macht jeder in der Halle mit.

Nach kurzem Verschwinden von der Bühne kehrt die Band mit "Disko" zurück. Im sich anschließenden "Are You Gonna Go My Way" folgt das bekannte "freezen", das abrupte Innehalten in der Bewegung. Natürlich fordert die Menge auch noch eine zweite Zugabe, da nach erneutem Abgang ja schließlich noch die oberen Scheinwerfer der Bühne leuchten. Mit "Hoffnung" und "St. Pauli" bleiben dann keine Wünsche mehr offen. Der etwas fade Rock auf dem Album kehrt sich live in eine wirklich sehenswerte Performance um. Da brennt noch das Licht alter Tage.

Setlist

Liebe // Klar // Wacken // Large // Türlich Türlich // Rock Medley // Nich Eingeladen // Action // Kopfkino // Straße // Sie kann nicht tanzen // Die Sonne die scheint // Paradise City // Dicke Kinder // Oh Johnny // Encore: Disko // Are you gonna go my way // Hoffnung // St. Pauli

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