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Bülent Ceylan (live in Mannheim, 2014) © Rudi Brand

An manchen Abenden spielen einem Künstler sämtliche Umstände perfekt in die Karten. Genau das geschah Bülent Ceylan bei der ersten von drei Open Air Shows, bei der nicht nur das Wetter mitspielte, sondern auch das Publikum perfekte Vorlagen lieferte.

Bei strahlendem Sonnenschein betritt Bülent Ceylan die Open Air Bühne im Ehrenhof des Mannheimer Schlosses. Auffällig ist der luftige Schottenrock, mit dem er die Show beginnt. Es wird ein Abend werden, an dem Bülent Ceylan von seinem üblichen Showkonzept abweicht. Denn die Figuren, die er bei früheren Tourneen wesentlich zahlreicher verkörpert hat, kommen diesmal deutlich weniger zum Einsatz.

Eine echte Wurst

Stattdessen wird es ein Abend, der mehr von Improvisation und Spiel mit dem Publikum lebt. Der erste große Lacher kommt auf, als er auf die häufig gestellte Frage: "Sind Sie die Schwester von Conchita Wurst?" antwortet: "Nein, ich habe eine echte Wurst!"

Es folgt die große Begrüßungsrunde für alle Zuschauer aus seiner Stadt Mannheim und aus Ludwigshafen. Die Heidelberger werden besonders vornehm empfangen, die Ossis mit sächsischem Unterton geherzt und natürlich auch alle Türken sowie die Griechen, die sich jetzt endlich den Eintritt wieder leisten können.

Kinder und Kumpel

Ganz besonders angetan ist Bülent Ceylan wie immer von den Kindern im Publikum. Die Stars des Abends werden Connor und Taifun, dessen Mama Bülent "gut" kennt: "Ich bin nicht dein Onkel." Dieser Taifun könnte tatsächlich der Sohn von Bülent sein, denn als er lacht, klingt er wie Bülents Kunstfigur Anneliese. Dieses Lachen begleitet die Zuschauer durch die gesamte Show.

Neu eingebaut in die Show wird sein Kumpel Ali. Der glatzköpfige Libanese mit dem Alligator-Shirt steht grinsend neben der Bühne, während Bülent seinen Namen für zahlreiche Wortwitze verwurstet. So wollte Bülent schon immer mal Ali-Inklusive verreisen und falls er mal auf die Fresse bekommt, ist er ja Ali-anz Versichert.

Harald und Hakan

Als erster "Gast" darf Harald auf die Bühne. Der arme Kerl ist auf der Suche nach Liebe und würde sogar ein Blind Date machen, aber die Vermittlerin meint nur: "So dunkel kann es nicht werden." Dann schlägt er dem TV-Sender RTL eine neue Show vor mit dem Titel: "Mannemer sucht Frau". Die aber sagen: "Wir haben schon Bauer sucht Frau, noch primitiver gehts nicht."

Der türkische Macho Hakan ist da wesentlich kompromissloser. Zum Thema Frauen sagt er: "Frau muss gute Charakter haben, alles andere kann man operieren." Ebenso klar ist er beim Multitasking: "Wenn ihr Frauen das könnt, warum könnt ihr dann nicht Sex und Kopfweh gleichzeitig."

Heikle Themen von eklig bis anzüglich

Nach der Pause braucht Bülent vor lauter Improvisation mit dem Publikum fast 15 Minuten, um wieder in die Spur zu finden. Diese Spur wird jedoch schnell abschüssig, denn jetzt befasst sich Bülent mit Themen, über die sonst vornehm geschwiegen wird. Es geht ums Brunsen (Pinkeln), um Menschen, die in der Nase bohren oder Fingernägel kauen. Bizarr sind die Schilderungen von Frauen, die Kaugummi kauen und den dann ihrem Freund in den Mund schieben als eine Art Liebesbeweis.

Unterhaltsamer sind dagegen die Beobachtungen über das Nachtprogramm im Fernsehen. Dort spielen manchmal weiße und schwarze Frauen Nacktschach. Nach der französischen Eröffnung steht der Turm von allein und am Ende landen alle auf dem Läufer, also auf dem Teppich. Solche Themen sind unschicklich für die Kunstfigur Anneliese, die doch angeblich früher so scharf unterwegs war, dass aus der Liesel schnell eine "Liesel Weapon" geworden ist.

Der sensible Manfred

Der deutsche Hausmeister und seine Ehefrau Waltraud kämpfen sich durch den Dschungel ihrer Ehe. Über seine Frau sagt er: "Wenn Du sie frägst, was los ist und sie antwortet "Nix", dann renn!" Ihre Heulkrämpfe sind fast so schlimm wie die der Brasilianer nach dem 7:1 und er setzt gleich noch einen drauf, als er mit Adolfstimme ruft: 1:0 Götze.

Die Verkleidung von Manfred geht kurz an die beiden Kinderstars zur Aufbewahrung, während Bülent anfängt zu singen. Später holt er Manfred zurück für die große Zugabe. Als Manfred springt er über die Absperrung und geht ins Publikum zur Hauptkamera. Über das Objektiv schwenkt er hoch in die Muppetshow auf die hintere Tribüne und entdeckt dort lustige Gesichter und sogar seinen Urologen.

Improvisation als Chance und Gefahr

Der große Abschluss eines sehr unterhaltsamen Abends ist dann ein Statement gegen Nazis als Song mit dem Publikum, bevor die Show mit einem gigantischen Feuerwerk über dem Mannheimer Schloss zu Ende geht.

Von seinem früheren Konzept, beim vorgefertigten Programm oft von Figur zu Figur mit kurzen Zwischenstatements zu springen, ist Bülent Ceylan bei der ersten der drei Open Air-Shows abgewichen. Sein noch stärkeres Spiel mit dem Publikum war sehr unterhaltsam und macht so jede Show noch individueller als früher. Gefährlich wird es dann, wenn ein Thema zu dominant wird. Das "Brunsen" stand gegen Ende der Show zu sehr im Mittelpunkt, was die Gefahr birgt, dass alles andere dahinter verblasst.

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