© Lars Griemelijkhuijsen

Die Hydra ist das Ungeheuer mit den zwei Köpfen. In Frankfurt präsentierte sich Sängerin Sharon den Adel zwar nicht mit zwei Köpfen. Dafür hinterließ sie den Eindruck, als ob sie zwei Stimmen verwendet. Ebenso durchwachsen ist der Gesamteindruck, den Within Temptation hinterlassen.

Nach einem großartigen Support durch Delain, bei dem neben harten Riffs vor allem ordentlich Haare durch die Luft fliegen, öffnet sich der Vorhang für Within Temptation. Die Bühne als Höhle des Ungeheuers Hydra (so der Titel des neuen Albums) wird auch gleich genutzt, um mit "Let Us Burn" ein erstes Feuerwerk abzubrennen.

Mit Unterstützung von Tarja Turunen, die über die Videowand in der Bühnenmitte zugespielt wird, geht es weiter ins Duett zu "Paradise (What About Us)". Danach widmen sich Within Temptation ausgiebig dem letzten Album "Unforgiving".

Mit gehemmter Stimme

Eröffnet wird der Dreierpack aus "Unforgiving" mit der Hitsingle "Faster". Highlight ist dabei das Gitarrensolo auf der ins Publikum hineinragenden Frontbühne. Danach wird es aber irgendwie seltsam: Mit "Iron" performt Sharon einen vielfach herbeigesehnten Song, aber die Performance wirkt längst nicht so kraftvoll wie auf der letzten Tour in Neu-Isenburg. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass das Lied nur bei maximaler Ausreizung der Stimme seine volle Wirkung entfaltet.

Die Stimme der Sängerin klingt diesmal gehemmt, als ob sie ihre definitiv vorhandene Stimmpower nicht voll ausreizen wollte oder konnte. Gerettet wird der Song letztlich erneut von dem grandiosen Gitarrensolo, das diesen Song so unverwechselbar gut macht.

Durchwachsene Eindrücke

Bei "In The Middle Of The Night", der stimmlich nicht ganz so anspruchsvoll ist, klingt die Sängerin besser. Aber auch bei "Angels" aus dem grandiosen Silent Force Album wirkt es so, als ob Sharon auf der Bremse steht. Nach "And We Run", dem Duett per Einspieler mit Xzibit, nimmt das Konzert dann wieder Fahrt auf.

Als Einspieler gibt es jede Menge Gehirne, Spritzen und Schläuche. Das ganze Szenario erinnert an einen alten, billig produzierten Horrorfilm. Mit "See Who I Am", einem zweiten Klassiker aus dem leider viel zu wenig gespielten "Silent Force"-Album, kommt jetzt endlich echte Within Temptation-Atmosphäre in den Saal.

Ein gutes Statement

Danach hält Sharon kurz inne und erinnert sich zurück an 2004 und stellt fest, dass sich manche Dinge leider nicht verbessert haben. Mit Blick Richtung Osten gibt es immer noch zu viele Konflikte und jede Menge Intoleranz. Schon damals war dies ein Grund, den großen Hit "Stand My Ground" zu schreiben und auch diesmal geht der Song wahrhaft unter die Haut.

Vor der Zugabe folgen als Highlights noch die Performances von "Covered By Roses" und fast wie eine Messe zelebriert wird der ganz alte Hit "Mother Earth".

Fragwürdige Songauswahl

Die Zugabe eröffnen Within Temptation mit "What Have You Done", ein Song der wohl nur von wenigen vermisst würde, wenn die Band ihn nicht gespielt hätte. Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, gleich mit dem Akustiksong "Whole World Is Watching" anzufangen, einem der emotional ergreifendsten Titel des Konzerts.

Die Coverversion von "Summertime Sadness" kommt beim Publikum gut an, vor allem wegen der kleinen Isabella aus dem Publikum, die mit Sharon auf der Bühne die Fans zum Hüpfen brachte. Den Abschluss bildet mit "Ice Queen" ein zweiter ganz alter Hit. Anschließend hätten Within Temptation jedoch einen besseren Abschluss finden können. Statt "What Have You Done" wäre "The Howling" als echter Kracher zum Ende eine bessere Wahl gewesen.

Luft nach oben

Insgesamt boten Within Temptation ein ordentliches Konzert, das im Vergleich zu Auftritten auf vergangenen Tourneen etwas abfiel. Neben der teils gehemmt klingenden Stimme von Sharon den Adel fehlten einige Songs, die das Publikum noch mehr hätten begeistern können, beispielsweise "The Howling", "Pale" und "Memories", die beste Ballade der Band.

Das Publikum sorgte zwar durchweg für gute Stimmung, aber angesichts des Potenzials von Within Temptation wäre noch mehr möglich gewesen.

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