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Impressionen (Time Warp, 2014) © Johannes Kraemer

Es ist atemberaubend, wohin sich die Time Warp in den letzten zwanzig Jahren entwickelt hat. Das gilt nicht nur für die Dimensionen der Floors und die Zuschauermassen, sondern noch mehr für die visuellen Effekte. So wurde die Time Warp auch 2014 zu einem Erlebnis.

Das erste Staunen beim zwanzigjährigen Jubiläum erfasst die Besucher der Time Warp direkt beim Betreten der beiden Hauptbühnen Floor 1 und Floor 2. Denn im Vergleich zu 2013 sind die Installationen noch einmal stylischer geworden.

Futuristisch

Die visuellen Effekte von Floor 1 sind mit den vielen oft roten Farbeffekten wirklich so etwas wie der Blick in den Abgrund. Floor 1 verfügt über gigantische Laseranimationen und Lichtprojektionen an der Decke, die kaum futuristischer sein könnten und in seiner Gesamtheit eine Form von moderner Kunst darstellt.

Floor 2 wurde dagegen tatsächlich in eine Grotte verwandelt. Hier sind die visuellen Akzente nicht so gewaltig, sondern eher fein akzentuiert. Es ist ein anderes Licht- und Raumkonzept, aber kein bisschen weniger eindrucksvoll.

Blick in die Vergangenheit

Einen echten Blick in die Vergangenheit gibt es auf Floor 6, denn dieser wird zeitweise mit Schwarzlicht beleuchtet. So könnten die Anfänge der Time Warp Mitte der 1990er Jahre ausgesehen haben.

Die Organisation vor Ort könnte insgesamt kaum besser sein. Neben dem Supersound, der grandiosen Optik funktioniert auch der schnelle Reparaturdienst. So wurde der sich ablösende Teppich im dunklen Bereich der Chill Out Area, der schnell zur üblen Stolperfalle werden könnte, mit Klebeband und Tacker wieder sicher befestigt.

Trends und Accessoires

Nachdem 2013 besondere Outfits wie die Matrosenanzüge dominierten, waren es 2014 die weißen Überziehmasken fürs Gesicht. Zu sehen gab es ganz weiße Masken oder die Guy Fawkes-Maske aus dem Film "V wie Vendetta", die auch zum Symbol der Anonymous-Bewegung geworden ist.

Die bunten Farbenspiele haben sich auf die Finger verlagert als blinkende Überzieher für alle fünf Finger mit ständig wechselnden Farben. 

Die Wanderung vor Mitternacht

Während im vergangenen Jahr einiges Floors schon ab 22 Uhr richtig voll waren, hatte man 2014 den Eindruck, dass viele Tanzwütige nicht recht wussten, wohin sie gehen sollten. Viele Floors waren nur mäßig gefüllt und es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Der beste Sound kommt zu Anfang vom Floor 6 von Sasch BBC, der unter die Beats viele afrikanisch klingende Klänge mischt und sich so aus der Masse wohltuend abhebt.

Um 23 Uhr wird Ben Klock zum ersten großen Anlaufpunkt. Die oft düster klingenden Beats baut er häufig auf wie die Dramaturgie eines Krimis. So hält er die Spannung hoch in der düsteren Grotte von Floor 2. Aber ab Mitternacht passiert sonst nicht wirklich viel. Auch wenn die Beats aus allen Ecken kommen, so richtig euphorisch wird die Stimmung nicht. Alle scheinen auf die absoluten Stars zu warten.

Der erste Run 

Mit dem Auftritt von Monika Kruse kommt es erstmals zu Sperrungen eines Floors. Denn der relativ kleine Floor 5 kann die nun wirklich strömenden Massen nicht annähernd bewältigen. Nur in kleinen Schüben kommen die Tanzhungrigen vorwärts, schon in der Warteschlange getrieben von den harten Powerbeats.

Hier wurde ein wenig Potential verschenkt, denn Monika Kruse hätte eine Stunde früher auf einem größeren Floor wahrscheinlich eine noch größere Wirkung entfacht. Das gefühlte Loch im Timetable zwischen 0 Uhr und 1 Uhr wäre wohl auch nicht entstanden. So liefen viele schon nach rund 30 bis 40 Minuten wieder weg, denn um 2 Uhr wollten sehr viele den Auftritt von Carl Cox sehen.

The same procedure...

Wie schon letztes Jahr ist der Floor 1 beim Auftritt von Carl Cox brechend voll. Als der große Star ans Pult tritt, werden hunderte Handys in die Höhe gereckt. Es geht los im Gewitter einer gigantischen Lasershow, die nochmal eine Stufe beeindruckender ist als 2013.

Diesmal jedoch leuchtet im Background nicht das rote Licht von KITT. Stattdessen erinnert das runde Pulsarlicht eher an den Bordcomputer Hal 9000 aus dem Science Fiction Klassiker 2001: Odyssee im Weltraum. Die Show, wieder ein absolutes Highlight, endet nach zwei Stunden mit einer Explosion im Glitterregen und Standing Ovations. Danach leert sich wie letztes Jahr der Floor merklich.

Magie und Vibration

Nur kurz nach Carl Cox startet parallel der große Soundmagier Sven Väth in der Grotte von Floor 2 seine Megaperformance von 4 1/2 Stunden. Der Opener als Videosequenz im Background erinnert tatsächlich an die Ankunft eines Magiers, der sich unter seiner Kapuze verbirgt.

Schnell wird klar, dass Sven Väth vorhat, die Eingeweide seiner Fangemeinde mit Powervibrationen durchzuschütteln. Diese Vibrationen sind während des gesamten Sets spürbar. Am Ende wird der Time Warp-Veteran mit Riesenapplaus und einer ebenso grandiosen Explosionsshow wie bei Carl Cox verabschiedet.

Harte Schläge

Zur gleichen Zeit wird Floor 3 zur Bühne der hammerharten Beats. Den Auftakt macht ab 2 Uhr Ricardo Villalobos. Ab 4 Uhr übernimmt Luciano das Pult und deckt in einem erst gelb-blauen Sonnen- und Sternenszenario und später einer grünen Baumverästelung auf dem Videoschirm die Fans mit Donnerschlägen ein.

Getreu dem Motto: "Hart, Härter, Luciano" lässt er der Masse keine Pause, sondern jagt sie von einer Powereinlage in die nächste. Damit schafft er einen der besten Auftritte der Time Warp 2014.

Auch Loco Dice lässt sich nicht lange bitten und setzt diese harten Beats gandenlos fort. Auf den weiteren Floors wird Adam Beyer sozusagen zum Vibrator Nr. 2, während Altmeister Laurent Garnier seine Beats mit sphärischen Einlagen garniert.

Das zweite Loch im Programm

Ab 6 Uhr entsteht wieder ein kleines Loch im Programm. Bei vielen Tänzern scheint die Luft ein wenig raus zu sein. Es fehlt aber auch der Anziehungspunkt, der für Motivation sorgt. Erst um 7 Uhr wird es wieder richtig voll.

Denn jetzt feuert Seth Troxler auf dem bisher eher unscheinbaren Floor 4 eine weitere gewaltige Ladung Sound ab. Die Mischung aus Beats und Soundeinlagen heizt allen so ein, dass auch die müden Tänzer wieder zu Höchstform auflaufen.

Er bildet den Auftakt des Schlussakkords mit weiteren großen Stars der Technoszene wie Richie Hawtin oder Chris Liebing, die die Fans des Time Warp in den Morgen tragen.

Weltklasse mit leichten Abstrichen

Die einzigen kleineren Mankos der Jubiläumsausgabe waren die etwas unglücklich geplanten Auftritte zwischen 0 und 1 Uhr sowie zwischen 6 und 7 Uhr. Hier wäre es vielleicht besser gewesen, Monika Kruse auf einem größeren Floor auf 0 Uhr vorzuziehen. Außerdem hätte man Seth Troxler eine Stunde auf 6 Uhr vorziehen können. Das hätte den Timetable etwas kompakter gemacht.

Das ändert aber nichts daran, dass die Time Warp in den vergangenen Jahren ein unglaubliches Niveau in allen Beziehungen erreicht hat. Das Lineup, der Sound und die visuellen Effekte sind überragend. Die Jubiläumsausgabe bewies erneut, warum sich das Festival zu einem zentralen Treffpunkt der gesamten Szene entwickelt hat. Stets gibt es Veränderungen, die das Interesse aufs Neue wecken und die Time Warp zum Erlebnis machen.

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