The Twiolins

The Twiolins © The Twiolins

Das Violin-Duo The Twiolins feierte am Donnerstagabend beim Jetztmusik Festival die Releaseparty ihres neuen Albums "Sunfire". Dementsprechend führte die musikalische Reise nicht nur in andere Länder bzw. Kontinente und Kulturkreise, sondern auch in ferne Galaxien. Die beiden Musiker verstanden es, mit ihrer vielseitigen Musik die rund 100 Zuschauer in ungeahnte Atmosphären eintauchen zu lassen. Grund dafür waren sicherlich auch die stilistisch sehr vielfältigen Kompositionen, die von Preisträgern des Crossover Compositions Award 2012 beigesteuert wurden.

Die an die Bühnenwand des Kinosaals im Reiss-Engelhorn Museums projizierten Bilder vermitteln mit ihren Gelb- und Rottönen den Eindruck, als würde man der kurz bevorstehenden Explosion einer Sonne beiwohnen. Passend dazu beginnen die Geschwister Marie-Luise und Christoph Dingler als The Twiolins ihr Releasekonzert im Reiss-Engelhorn-Museum mit dem gleichnamigen Stück "Sunfire".

Als die beiden das sehr dialoghaft angelegte Stück anspielen, wird sofort klar, weshalb sie selbst ihre Musik als "Progressive classical music" bezeichnen: In Sekundenschnelle wechseln die Beiden jeweils zwischen führender und begleitender Stimme. Durch das sehr rasche Allegro des Stücks kommt man da als Zuschauer fast nicht hinterher.

Zwillinge im Geiste

"Falls später die Frage aufkommen sollte: Nein, wir sind keine Zwillinge. Ich bin die große Schwester." Marie im ausgefallenen lilanen Kleid und Christoph im schlichten schwarzen Anzug agieren als vollkommen aufeinander abgestimmtes Duo, das durch sehr intensiven Blickkontakt auf den Punkt genau spielt.

So auch im zweiten Stück "Schienen-Kapriolen", das eine Dampflok imitieren soll. Hier steigern sich anfänglich einzelne Geigenstriche im pianissimo zu einem immer schneller werdenden Feuerwerk im forte, bevor es mit kaum noch vernehmbaren Tönen endet. Den Geschwistern gelingt es dennoch, exakt simultan zu spielen. Die spannungsvolle Stille im Publikum ist greifbar.

Spielen mit Fliegenklatsche

Im Anschluss an das dreiteilige "Doch Laub & Wolken unter Nacht", das mit dem Mittelteil sicherlich für einen der schönsten Ohrwürmer des Abends sorgt, folgt ein Stück, das sich dem Leben einer Fliege widmet. Beide steigern das dialoghafte Spielen durch sehr schnelle Läufe, das dem Surren eines Fluginsekts recht nahe kommt, beinahe zu einem Streitgespräch.

Beim sehr leisen Schluss halten beide Spieler in einer Generalpause kurz inne, wobei Christoph fix in seine rechte Gesäßtasche fasst und kurzerhand eine Fliegenklatsche in der Hand hält. Mit diesem setzt er dem Leben der Fliege durch einen kurzen Schlag auf das Griffbrett der Geige ein symbolisches Ende und kassiert dafür zahlreiche Lacher im Publikum.

Geigenspielen wie ein Rockstar

Ein Höhenpunkt des ersten Teils ist sicherlich das "Sonnet ^5", in dem das Duo Shakespeare-Rap mit Mittelalter-Klängen und Heavy-Metal kombiniert. So nehmen die Geschwister im Mittelteil ihre Geigen in Gitarrenhaltung vor ihren Körper, während sie dazu diverse Gedichte des englischen Schriftstellers in lautem Sprechgesang zum Besten geben.

Umrahmt wird das Ganze von sehr zackigen schnellen Läufen, die stark an die Metal-Größen erinnern. Eine sehr mutige und außergewöhnliche Komposition, die dem Publikum den ein oder anderen Lacher entlockt, aber trotzdem ehrliche Annerkennung findet.

Reise in unbekannte Gefilde

Eingeleitet wird der zweite Teil durch "Maha Nada", übersetzt "der große Klang", das durch zahlreiche Glissandi und simultanem Spielen die indische Tonsprache adaptiert. Bei "Peesh moosh", einem vom Samba angehauchten Stück, bezieht Christoph das Publikum mit ein: Er klopft in der Mitte des Stücks auf einer vor ihm liegenden schwarzen Decke mit seinem Fuß im Takt und fordert die Zuschauer auf, mitzuklatschen. Keine schlechte Idee, dennoch geht dabei die schöne Melodie durch das laute Klatschen unter.

Südamerikanisch geht es auch mit dem "Five Two Tango" weiter: Vor dem inneren Auge sieht man zwei Tänzer in einem ekstatischen Kampf tanzen, bis sie sich in einem sich steigernden Finale davon lösen. Galaktisch wird es dann mit "Gemini", das durch sehr leise Klänge die mystische Atmosphäre des Universums erzeugt.

Anspruchsvolles Finale

Das letzte Stück im Programm verlangt den beiden Musikhochschul-Absolventen nochmal so einiges ab: Neben virtuosen Pizzicati und sehr raschen Flageolettönen verstimmt Christoph innerhalb einer Sekunde seine tiefste Saite so, dass die beiden untersten Saiten im Abstand einer Oktave erklingen und so der Eindruck eines orientalischen Schlangenbeschwörers erweckt wird.

Als Zugabe folgen eine Komposition namens "Invasion der Ameisenbären", die ein Zitat des Trauermarsches von Chopin enthält, und eine irische Volksweise, bei der die Aufforderung zum Mitklatschen deutlich besser zum Tragen kommt.

Im Ganzen hält das Konzert der Twiolins durch seine abwechslungsreiche Kompositionen nicht nur für Klassik-Fans einiges bereit. Das vom Altersdurchschnitt her recht ausgewogene Publikum feiert das Duo dementsprechend und angesichts des versierten und virtuosen Geigenspiels vollkommen zu recht.