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Eric Truffaz spielte am Samstagabend im Andreasstift © Daniel Nagel

Eine Doppelpackung französischer Jazzstars, einen der angesagtesten deutschen Jazzmusiker und ein stets verlässliches amerikanisches Power-Trio bot die Bühne im Andreasstift bei Jazz & Joy in Worms den Liebhabern der Improvisation. In ihrer Unterschiedlichkeit lieferten die vier Konzerte den Beleg für die Lebendigkeit und Vielgestaltigkeit des modernen Jazz und zogen darüber hinaus zahlreiche begeisterte Zuschauer an.

Wenn man sich daran erinnert, in welche absolute Nebenrolle der Jazz bei Jazz & Joy noch vor einigen Jahren gedrängt wurde, ist es geradezu eine Wohltat, wie selbstverständlich der künstlerische Leiter des Festivals, David Maier und sein Mitstreiter Thomas Siffling, ihm wieder seinen verdienten Platz einräumen.

Nichts verdeutlicht die Richtigkeit dieser Entscheidung mehr als der Andrang im Innenhof des prall gefüllten Andreasstifts am Samstagabend beim Auftritt des deutschen Starpianisten Michael Wollny.

Der leidenschaftliche Pianist

In Wollnys Trio ersetzte Tim Lefebvre die schwangere Eva Kruse. Seine Aufgabe erledigt er so überzeugend, dass Kruses Fehlen nicht weiter auffällt. Wollnys Konzert erweist sich schnell als einer der Höhepunkte des Wochenendes, worfür die große Leidenschaft seines Klavierspiels mitverantwortlich ist.

Wollny wirft sich mit ganzem Körpereinsatz in die Tasten, der Kopf meistens tief gesenkt, wird manchmal nach hinten geworfen, seine Füße wirbeln wild herum. Die Musik ist nur selten balladesk, sondern treibt meistens mit wilden Klavierläufe und perkussivem Hämmern heftig nach vorne.

Das Konzert bietet damit einen ganz anderen Eindruck als die lyrische Regen-Perfomance mit Heinz Sauer vor einigen Jahren an gleicher Stelle. Am Samstag erweist sich Wollny als ausgefeilter Rhythmiker, der nicht in seine Musik versunken ist, sondern sie herausfeuert. Das Publikum bejubelt Wollnys Performance dementsprechend ausgelassen.

Mediterrane Klänge am Sonntag

Kaum weniger Besucher sind gekommen, um sich den französischen Trompeter Eric Truffaz mit seinem Quartett anzuhören. Obwohl das Konzert durchaus schöne Momente lyrischen Zusammenspiels bereithält, ist die Musik doch für einen Samstagabend etwas zu zahm und spannungslos. Von der Vielseitigkeit von Truffaz erhalten die Zuschauer zudem nur einen schwachen Eindruck, denn es dominiert auch hier die Sanftheit.

Die Auftritte von Henri Texier und Medeski, Martin & Wood am Sonntag sind etwas schlechter besucht, aber musikalisch ebenso eindrucksvoll. Texier bietet sommerlichen-mediterranen Jazz mit gelegentlichen Ausschlägen nach oben, die vom Publikum umso begeisterter aufgenommen werden.

Sein "Hope Quartet" besteht aus einer verkleinerten Version seines "Strada Sextets". Besonders die Anwesenheit seines Sohns Sébastien erweist sich als Glücksfall, da er die Fähigkeit und den Willen besitzt, musikalische Grenzen im Hinblick auf Lautstärke und Kraft etwas stärker auszureizen als sein manchmal etwas zur Gemütlichkeit neigender Vater.

Während Sébastien für die lauten Töne zuständig ist, spielt Baritonsaxophonist Francois Corneloup bisweilen auch die gegenteilige Methode, um die aufmerksam lauschenden Zuschauer für sich zu gewinnen.

Das Power-Trio

Medeski, Martin & Wood sind seit den 1990ern feste Größen im Jazz-Geschäft, verfügen aber auch besonders in den USA über eine weit darüber hinausgehende Hörerschaft. Bei ihrem Auftritt in Worms zeigen sie sich von ihrer besten Power-Trio-Seite, deren Musik an Tony Williams' Lifetime und ähnliche Bands der 1970er erinnert.

John Medeski ist der heimliche Star der Band. Mit seinen zahlreichen Keyboards, vom klassischen Klavier bis zu Wurlitzer, Mellotron und Hammond-Orgel reicht die Palette seiner Instrumente, die er virtuos beherrscht. Die drei Amerikaner bieten groovigen, funkigen, manchmal verspielten Fusion-Jazz und erzeugen damit im Publikum großen Jubel, der sich in stehenden Ovationen entlädt, als das Konzert kurz nach 22 Uhr zu Ende geht.

Es ist das erklärte Ziel des künstlerischen Leiters des Festivals, David Maier, Jazz & Joy mehr als nur regionale Bedeutung zu verschaffen. Mit seiner Programmgestaltung ist er auf dem besten Weg dazu.

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