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Dead Can Dance (2012) © Sacks & Co.

Mit einem fast perfekten Auftritt verzauberten Dead Can Dance das Publikum in der ausverkauften Alten Oper in Frankfurt. Die erstklassige Inszenierung vermochte allerdings nicht die offenkundige Distanz zwischen Lisa Gerrard und Brendan Perry zu verdecken.

Für viele Fans ist der Auftritt von Dead Can Dance in der Alten Oper in Frankfurt ein besonderes Ereignis, denn nie zuvor hatten sie die Gelegenheit, Lisa Gerrard und Brendan Perry gemeinsam auf einer Bühne zu erleben. Sieben Jahre nach den letzten Konzerten bot sich nun die Chance, Versäumtes nachzuholen und das Zusammenspiel zweier unvergleichlicher Stimmen live zu erleben.

Dead Can Dance repräsentieren das Zusammentreffen oftmals als unvereinbar betrachteter musikalischer Genre: In der mediterran-orientalischen Musik des Duos vereinigen sich arabische, europäische und afrikanische Traditionen der letzten tausend Jahre zu einem ganz eigenen Stil. Dieser wird mit einer im Rahmen der Popmusik unüblichen Vielfalt an Instrumenten aus allen Teilen der Welt präsentiert. Das Ergebnis ist eine perfekte Inszenierung eines ausgefeilten Gesamtklanges, der in der hervorragenden Akustik der Alten Oper problemlos die höchsten Ränge erreicht.

Faszination der Gegensätzlichkeit

Kein geringer Teil der Faszination, die die Musik von Dead Can Dance bis heute ausübt, speist sich aus der Gegensätzlichkeit von Perry und Gerrard. Während Perrys Bariton klar und erdig erhallt, scheint Gerrards durchdringend intensive Stimme in ungreifbaren Sphären zu schweben. Der Engländer Perry legt großen Wert auf die Geschichte und Herkunft seiner Lieder, beispielsweise des andalusisch-arabischen Klagelieds Lamma Bada, während die Australierin Gerrard in ihrer eigenen Sprache singt, losgelöst von jeder offenkundigen Bedeutung und Tradition.

Wie ihr aktuelles Album Anastasis, das Dead Can Dance im Verlauf des Abends komplett spielen, besteht das Konzert eigentlich aus zwei getrennten Konzerten, deren Gemeinsamkeit vornehmlich darin besteht, dass sie am gleichen Ort stattfinden. Häufig zieht sich Gerrard zurück, wenn Brendan Perry singt und auch Perry spielt in denen von Gerrard gesungenen Liedern nur selten eine nennenswerte musikalische Rolle. Es scheint so, als bewegten sich die beiden in musikalischen Parallelwelten, die nur selten zusammenfinden, so im kurzen Nierika und im heftig umjubelten Klassiker The Host Of Seraphim, die von beiden gemeinsam gesungen werden.

Offenkundige Distanz

Lisa Gerrard hat die unterschiedliche musikalische Entwicklung beider Musiker als Grund für ihre nur noch sporadische Zusammenarbeit beschrieben – und an diesem Abend kann man die offenkundige Distanz mit eigenen Augen sehen. Beide würdigen sich keines Blickes, selbst als Perry ausnahmsweise mal Gerrard am Yangquin, einem chinesischen Saiteninstrument dem deutschen Hackbrett vergleichbar, begleitet, hält er respektvollen Abstand. 

Da diese Gegensätzlichkeit in der Musik von Dead Can Dance schon immer existierte, ja ihre Musik zu etwas besonderem machte, leidet das Konzert keineswegs unter dieser strikten Trennung. Im Gegenteil, über weite Strecken ist es ein wunderbares Erlebnis. Gerade die Songs von Anastasis scheinen mit der Unterstützung der hervorragenden Band, in der sich die Schlagzeuger/Perkussionisten David Kuckhermann und Dan Gresson besondere Erwähnung verdienen, besonders gut zu funktionieren.

Perfektion und Brüche

Zu den Highlights zählen unter anderem Opium und das auf Platte eher unscheinbare All In Good Time, das einen perfekten Abschluss des regulären Sets bildet. Auf der Seite von Gerrard überzeugen besonders die Solokompositionen Senvean und Now We Are Free. Es bleibt allerdings die Frage, wie lange es gut gehen kann, dass Lisa Gerrard die letzte Zugabe alleine mit dem von ihr liebkosten Keyboarder Jules Maxwell bestreitet, während sich Perry schon zurückgezogen hat. Wenn man herausfände, dass beide getrennt reisten oder die Setlist mit Hilfe ihrer Anwälte ausarbeiten ließen, es würde nicht überraschen. 

Das Publikum kennt derlei Gedanken nicht und bejubelt den mehr als zweistündigen Auftritt von Dead Can Dance mit Standing Ovations. Und auch das ist keine Überraschung: Das Konzert bot eine dermaßen täuschend echte Illusion musikalischer Perfektion, dass man die Brüche und Sprünge im Gesamtbild leicht übersehen oder ignorieren konnte.

Setlist

Children Of The Sun | Anabasis | Rakim | Kiko | Lamma Bada | Agape | Amnesia | Sanvean | Nierika | Opium | The Host Of Seraphim | Ime Prezakias | Now We Are Free | All In Good Time

Zugabe: The Ubiquitous Mr. Lovegrove | Dreams Made Flesh | Song to the Siren | Return of the She-King | Rising of the Moon