Pixies (live beim Southside Festival 2014) Fotostrecke starten

Pixies (live beim Southside Festival 2014) © Achim Casper

Seit 2004 gibt es die Pixies wieder, seit 2014 veröffentlichen sie auch neue Musik, verloren auf dem Weg dorthin aber Gründungsmitglied Kim Deal. Mit neuem Album und nicht mehr ganz so neuer Bassistin führte es die Band nun an einem milden Novemberabend vor ein begeistertes Publikum nach Köln.

Bevor die Indie-Rock-Legende die Bühne im gut gefüllten Palladium betritt, ist Lärm angesagt. FEWS machen Noise-inspirierten Post-Punk, schichten dabei Gitarren auf Gitarren und Effekte auf Effekte.

Das Ergebnis ist eine eindrucksvolle Klangwand, die von den Songs allerdings nicht immer mitgetragen wird. Dennoch: Der Sound ist mitreißend, das Publikum geht schnell mit, nur die übertriebenen Posen des Sängers/Gitarristen muten etwas peinlich an.

Den größten Hit zu Beginn

Der hätte sich in puncto Bühnenauftreten eine Scheibe vom Hauptact abschneiden können: Die Pixies wahren sich darin eine Eleganz, die man im Indie Rock nicht häufig antrifft. Bis auf Drummer David Lovering schick komplett in schwarz gekleidet, betreten sie die Bühne und lassen erst mal eine Weile den Applaus auf sich einwirken. Dass das ein dramaturgischer Kniff ist, eine Art stummer Trommelwirbel, wird klar, als sie schließlich beginnen: Gleich als erstes spielen sie "Where Is My Mind?" – die Show startet mit einem Gänsehautmoment.

Dementsprechend – und hier profitiert die Band auch davon, dass der Support gut ankam – ist das Publikum auch sofort mitgerissen. Von Anfang bis Ende wird in den ersten Reihen ausgelassen herumgepogt, wann immer es die Geschwindigkeit der Songs zulässt. Besonders bei "Crackity Jones" gibt es kein Halten.

Klassiker über Klassiker

Mit dem größten Hit anzufangen, kann man sich aber natürlich auch nur dann leisten, wenn der Backingkatalog noch mehr Publikumslieblinge ähnlichen Kalibers hat, doch da brauchen sich die Pixies keine Gedanken machen: Sie spielen "Vamos", "Gouge Away", "Bone Machine", erstaunlicherweise aber nicht "Monkey Gone to Heaven", "Here Comes Your Man" und "Velouria".

Einerseits zeugt es oft von einem Luxusproblem, wenn solche Klassiker unter den Tisch fallen. Andererseits war es neben den ersten beiden LPs "Surfer Rosa" und "Doolittle" natürlich vor allem das aktuelle Album "Head Carrier", das die Songs im Set stellte. Besagtes Album hat zwar seine vereinzelten Höhepunkte, die sich auch gut ins Set eingliedern – "Classic Masher" zum Beispiel – doch auch genug Songs, die eher den lauwarmen Aufguss alter Großtaten bedienen, den man bei solchen Reunion-Platten oft befürchtet.

Die Band als Einheit

Es sind dann auch die schwächeren Songs von diesem Album, die die Stimmung immer wieder mal abkühlen lassen. Die mit dem Album einhergehende Befürchtung, die Show würde zur uninspirierten Retro-Show verkommen, erweist sich hingegen als falsch. Das Auftreten der Band hat zwar Routine, aber das liegt an Professionalität im besseren Sinne: Die vier Bandmitglieder sind hervorragend eingespielt, auch der Sound ist gut, die Songs folgen aufeinander ohne Punkt und Komma. Ansagen gibt es keine, nur als "Debaser" wegen technischer Probleme abgebrochen werden muss, spricht Frank Black ein paar Worte ins Mikro.

Das neueste Mitglied, Bassistin und Zweitsängerin Paz Lenchantin, hat zwar große Fußstapfen zu füllen, doch sie ersetzt Kim Deal so gut, wie man das eben tun kann. Sie gliedert sich in die Show ein, gibt dem ganzen eine feminine Note, die die Pixies schon immer als i-Tüpfelchen für den Sprung von der guten Band zur großartigen brauchten. Ebenso wie sie drängen sich auch die anderen Bandmitglieder nie in den Mittelpunkt, den Pixies geht es um die Band als ganzes und die lässt wiederum die Songs sprechen.

Verspielt und elegant

Diese Eleganz ist – neben der Tatsache, wie verflucht gut der Output ihres Original Runs war – der Schlüssel zur Klasse ihrer Performance. Die Pixies sind ja eigentlich eine, nunja, durchgeknallte Band. Frank Black singt, krächzt, schreit surreale Texte, doch das oft genug auch mit viel Humor, der eine geradezu kindliche Note besitzt. Das ist ja auch gerade das, was sie aus der Gruppe von Bands, die heute als Vorläufer dessen, was man nun wahlweise Indie oder Alternative Rock nennt, hervorstechen lässt: Sie sind weird, ohne darauf herumzureiten, verspielt statt in-your-face.

Diese Sonderheiten live immer wieder zu betonen, könnte daher leicht anstrengend werden und den auf ihren Alben noch verhinderten Fehler in die Live-Show importieren: Die Band würde sich auf ein Gimmick reduzieren. Doch stattdessen bleiben sie cool, zurückgezogen, zeigen, dass sie es nicht nötig haben, auf ihren Eigenarten herumzureiten.

Kim Shattuck, die Kim Deal noch vor Lenchantin ein Jahr lang am Bass ersetzt hatte, vermutete ja, sie sei aufgrund eines Stagedivings gefeuert worden. "The Pixies don’t do that", hatte man ihr gesagt. Es ist wohl etwas harsch, jemanden deswegen sofort zu feuern, doch nachdem man ein Konzert besucht hat, macht es zumindest Sinn. The Pixies don’t do that.

Alles zum Thema:

pixies