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Bruce Springsteen (live in Berlin, 2016) © Peter H. Bauer

Bruce Springsteen ist nicht umsonst einer der berühmtesten Live-Künstler der Rockgeschichte. Im Berliner Olympiastadion beweist er erneut seine Fähigkeit, das Publikum in Ekstase zu versetzen.

Wenn jemand für Stadionkonzerte erschaffen wurde, dann Bruce Springsteen. Wie oft man es auch erlebt hat, es ist immer wieder beeindruckend zu beobachten, wie Springsteen die Zuschauer einbindet, wie häufig er sich unter die treuen Fans im Bereich direkt vor der Bühne mischt und immer wieder Zuschauer auf die Bühne holt. Ein kleiner Junge darf den Refrain von "Waitin' For A Sunny Day" singen – und wird vom Publikum heftig bejubelt. Junge Frauen, männliche Fans mittleren Alters, hier kommen alle zu ihrem Recht.

Darüber hinaus ist Springsteen nicht nur in stimmlich guter Verfassung, sondern vermittelt auch den Eindruck, dass er wirklich Spaß daran hat, vor zehntausenden Zuschauern auf der Bühne zu stehen. Sein Enthusiasmus steckt an, da er echt wirkt.

Gekommen, um zu feiern

Natürlich sind viele Zuschauer gekommen, um Springsteen mächtig zu feiern, aber was sich im Verlauf des Konzertes abspielt, ist dennoch beeindruckend. Episches Mitsingen (und Mitgröhlen), Euphorie, sich rhythmisch bewegende Hände, Mitklatschen und sich eine im Verlauf des Abends immer weiter steigende Stimmung. Das Konzert ähnelt in der Tat einer überdimensionierten Familienfeier.

Viele halten Schilder mit Songwünschen in die Höhe, die (auch das ziemlich einmalig) vom Boss ausgewählt und teilweise erfüllt werden. Den Vogel schießt ein Fan ab, der seine Interpretation von "Candy's Room" gebaut hat, die von Springsteen prompt entdeckt und auf die Bühne geholt wird.

Zu lang gibt es nicht

Dreieinhalb Stunden – das muss schon so sein. Wer ins Stadion in der Hoffnung gekommen ist, dass die Sache nach zwei Stunden rum ist, wird enttäuscht. Wäre das Konzert nach der Hälfte der Zeit vorbei, wäre es nicht halb so gut. In der ersten Hälfte läuft nicht alles glatt. Es gibt zwar tolle Versionen von "Badlands" und "Out In The Street", aber "My Lucky Day" will nicht zünden und auch mit der Wahl der Schilder, auf denen Songwünsche stehen, hat Springsteen an diesem Abend nicht die glücklichste Hand: "Night" und "It's Hard To Be A Saint In The City" gelingen eher mittelmäßig.

Dann kommt die Band aber immer besser in Schwung. Über so verlässliche Songs wie "Spirit In The Night", "Candy's Room" und "She's The One" findet die Band endgültig ihren Rhythmus. Wirklich großartig gelingen dann die ruhigeren Songs "My Hometown" und "The River", gefolgt von dem beschwörenden "American Skin". Eine lange, eindrucksvolle Version von "The Promised Land" schließt den nachdenklichen Teil ab. Die Party kann beginnen.

Mentor und Freund

"Working On A Highway", "Darlington County" und "Waitin' For A Sunny Day" heizen die Stimmung noch weiter an, bevor die Zuschauer dann bei "Because The Night" komplett ausrasten. Das Lied, häufig als Coverversion von Patti Smith bezeichnet, ist ein Springsteen-Song, den Patti Smith zu dem weltweit populären Hit formte. Patti Smith selbst erkennt die wichtige Rolle, die Springsteen beim Schreiben dieses Liedes spielte, explizit an, beispielsweise nahm sie letzes Jahr bei ihrem Konzert in Karlsruhe darauf Bezug.

Anschließend sorgen "The Rising" und das in den letzten Jahren immer weiter perfektionierte "Land Of Hopes And Dreams" für einen grandiosen Abschluss des regulären Sets. Die folgende Zugabe besteht nur aus Highlights: Ein langes "Backstreets" baut Spannung auf, bevor Klassiker wie "Born In The U.S.A." und "Born To Run" alle zum Mitsingen animieren. "Tenth Avenue Freeze-Out" benutzt Springsteen, um an den verstorbenen "Big Man" Clarence Clemons zu erinnern. Zwei gut gewählte Cover treiben die Zuschauer zum großen Finale an. Wildes Tanzen im Innenraum – soweit der Platz es zulässt – und dann natürlich die Verbeugung der gesamten Band.

Mehr ist mehr

Zum Abschluss steht Springsteen dann alleine auf der Bühne und spielt "Thunder Road" als traurige Ballade. Die leisen Töne stehen Springsteen meistens gut und der eigentlich jugendlich trotzige Song verwandelt sich in einen leisen, ergreifenden Abschied.

Viele Momente des Konzerts im Berliner Olympiastadion werden in Erinnerung bleiben. Die dramaturgisch perfekte zweite Hälfte des Konzerts beispielsweise, Springsteens ansteckende Euphorie, aber besonders bemerkenswert ist doch, dass die Band in ihrer aktuellen Besetzung völlig ausreicht: Weitere Musiker sind eigentlich nicht nötig. Und angesichts der Brillanz von "Thunder Road" drängt sich ein zweiter Gedanke auf: Wie wäre es eigentlich mal wieder mit einer Solotour?

Setlist

Adam Raised A Cain / Badlands / Out In The Street / Sherry Darling / My Lucky Day / Wrecking Ball / Night / It's Hard To Be A Saint In The City / Spirit In The Night / Candy's Room / She's The One / Hungry Heart / You Can Look (But You Better Not Touch) / Death To My Hometown / My Hometown / The River / American Skin (41 Shots) / The Promised Land / Working On The Highway / Darlington County / Waitin' On A Sunny Day / I'm On Fire / Because The Night / The Rising / Land Of Hope And Dreams // Backstreets / Born In The USA / Born To Run / Seven Nigths To Rock / Dancing In The Dark / Tenth Avenue Freeze-Out / Shout / Thunder Road

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