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Madonna (live in Mannheim 2015) © Rudi Brand

Madonna präsentiert mit ihrer Rebel-Heart-Tour in der SAP Arena in Mannheim ein gewaltiges, bis ins kleinste Detail choreographiertes Spektakel, das aber bisweilen steril wirkt und die Zuschauer erst ganz zum Schluss mitreißt.

Madonna hat die Popmusik von den 1980ern bis in die Gegenwart so geprägt wie keine andere Frau. Ihr Einfluss auf junge Sängerinnen von Miley Cyrus über Katy Perry zu Taylor Swift ist unbestreitbar und ihre großen Hits seit Jahrzehnten Dauerbrenner auf allen Frequenzen.

Eine Geduldsprobe

Kein Wunder, dass ihr Auftritt in der SAP Arena in Mannheim mit Spannung erwartet wurde. Bis ihre Fans Madonna aber zu Gesicht bekommen, vergeht viel Zeit.

Seit einigen Tagen war bekannt, dass aufgrund der komplexen Aufgabe, den Aufbau in der SAP Arena binnen eines Tages zu bewerkstelligen, ihr Konzert erst gegen 22:15 beginnen würde. Am Ende dauert es bis kurz vor 23:00 Uhr bis es losgeht, so dass der Auftritt erst gegen 1 Uhr in der Nacht zu Ende geht.

Sekundengenaue Taktung

In vielerlei Hinsicht bietet das Konzert genau das, was die Zuschauer erwarten: jede Menge spektakuläre Bühnenaufbauten, komplexe Tanzchoreographien, aufwändige Licht- und Videoinstallationen, extravagante Kostüme und bisweilen sogar akrobatische Einlagen. Man kann sich der Bewunderung für die minutiös geplante Show nicht entziehen, vor allem wenn man bedenkt, dass hier hunderte, ja tausende Handgriffe sekundengenau geplant wurden. 

Das bezieht sich nicht nur auf die Tänzer- und Tänzerinnen, für die ein falscher Schritt auf der durchaus schmalen Herz-Pfeil-Bühne ins Verderben führen kann, sondern auch die Bühnenbauer. Während ein Showelement die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zieht, wird beispielsweise ein Altar aufgebaut, eine Wendeltreppe von der Decke abgesenkt oder Kreuze auf der Bühne errichtet (und wieder abgebaut).

Erotik und Religion

Besonders der erste Teil der Show steht ganz im Zeichen von Madonnas liebstem Stilmittel: der Verquickung von Religion und Erotik. Leicht bekleidete Tänzerinnen im angedeuteten Nonnengewand, erotische Tänze auf eilens errichteten Kreuzen, ein Altar, der nicht für eine heilige Messe, sondern eine wilde Orgie benutzt wird – man möchte das bei Madonna fast schon Routine nennen.

Ganz und gar keine Routine ist die Auswahl der Songs, die ganz im Zeichen des neuen Albums steht. Nicht weniger als neun der zwanzig gespielten Lieder stammen von ihrer neuen Platte. Nicht alle haben so viel Aufmerksamkeit verdient, aber "Holy Water" und "Devil Pray" besitzen zumindest ein wenig der klassischen Popelemente, die Madonna berühmt gemacht haben.

Verhaltene Publikumsreaktionen

Einerseits ist es bewundernswert, dass Madonna entschlossen ist, nicht das übliche Greatest Hits-Spektakel zu bieten und auch ihre größten Hits in neuen Arrangements zu präsentieren, die weitgehend dem Stil ihrer aktuellen Musik angepasst sind. Das ist aber nicht immer eine glückliche Entscheidung. Die harten Beats laden weniger zum Tanzen ein, als dass sie die Zuschauer auf ihren Sitzen festzuhämmern scheinen.

Am vorbildlichen Sound in der SAP Arena und der fortgeschrittenen Uhrzeit liegt es sicher nicht, dass die Reaktionen des Publikums über weite Teile des Abends erstaunlich verhalten ausfallen. Bis zur Zugabe steht auf den Oberrängen kaum jemand, im Unterrang erheben sich nur vereinzelt Besucher von ihren Plätzen. Echte Euphorie herrscht bestenfalls im Innenraum direkt an der Bühne.

Späte Euphorie

Bisweilen wirkt die Show, als betrachteten die Besucher einen aufwändig inszenierten Konzertfilm. Dass Madonnas Gesang gerade bei den neuen Liedern stark von Autotune unterstützt wird, trägt noch weiter zum distanzierten Gefühl bei. Am ehesten gelingt es ihr noch bei den langsamen Songs Intimität und Nähe zu erzeugen. Das neue Lied "HeartBreakCity" gelingt ebenso eindrucksvoll wie der Klassiker "Who's That Girl" und Edith Piafs "La Vie En Rose". Stattdessen werden herbeigesehnte Songs wie "La Isla Bonita" und ganz besonders "Like A Virgin" zerstückelt und nicht sonderlich überzeugend neu konfiguriert.

Erst, als man es eigentlich gar nicht mehr erwartet, bricht doch noch echte Euphorie los. Das beginnt damit, dass Madonna von ihren fehlgeschlagenen Ehen erzählt und einen Brautstrauß ins Publikum wirft, um sich einen neuen Gatten zu suchen. Ihr Blick fällt auf einen großen, gutaussehenden Mann aus Karlsruhe, dem sie charmanterweise den Spitznamen "Schnitzel" verpasst. Er darf nach einigem Schäkern mit ihr bei "Unapologetic Bitch" gemeinsam auf die Bühne und mit ihr und den Tänzern tanzen. Das gelingt.

Endlich ein spontaner Moment

Als der sie bei weitem überragende Mann neben ihr auf der Bühne steht, bemerkt Madonna, dass er ein T-Shirt mit der Aufschrift "Madonna made me gay" trägt. Auf Nachfrage bekundet er auch weiterhin sein Interesse an Männern. Das kann sie natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Sie erklärt, ihn wieder "straight" zu machen. Die gesamte Inszenierung ist natürlich geplant, die zufällige Auswahl des Mannes, der sich kurz darauf in den Boden verabschiedet, aber nicht.

Für das abschließende "Holiday" hat sich Madonna eine Deutschlandflagge um die Hüften gebunden und endlich (aber nicht deshalb!) steht die ganze Halle und feiert eines ihrer luftigsten, eingängigsten Lieder. Erst dann realisiert man, was dem Auftritt vorher gefehlt hat: Leichtigkeit.

Setlist

Iconic / Bitch I'm Madonna / Burning Up / Holy Water->Vogue / Devil Pray / Messiah (Video) / Body Shop / True Blue / Deeper and Deeper / HeartBreakCity->Love Don't Live Here Anymore / Like a Virgin / S.E.X. (Video) / Living for Love / La Isla Bonita / Who's That Girl / Rebel Heart / Illuminati (Video) / Music / Candy Shop / Material Girl / La vie en rose (Édith Piaf) / Unapologetic Bitch // Holiday

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