© Simon Fessler

Am 23. Januar 2015 veröffentlicht Perry O'Parson-Frontmann Marcel Gein sein Solo-Debüt "Passanten", auf dem er erstmals auf deutsch singt. Wir haben dem Sänger einige Fragen zum Album und der Zusammenarbeit mit Tapete Records gestellt.

regioactive.de: Marcel, wie bist du bei Tapete Records gelandet?

Marcel Gein: Nachdem ich im Sommer 2013 die Uni in Mannheim beendet hatte, wollte ich gerne für eine bestimmte Zeit nach Hamburg gehen. In die Stadt habe ich mich bei meinem ersten Besuch 2009 sofort verliebt, so dass es klar war, dass ich früher oder später mal dort landen werde. Tapete Records war für mich, seitdem ich Folk- und Singer/Songwriter-Musik mache, immer schon das Aushängeschild für diese Art von Musik in Deutschland. Also habe ich mich für ein Praktikum beworben und bin schließlich dort im Booking gelandet. Ein paar Erfahrungen im Medienbereich hatte ich schon gesammelt, und da ich mich ja auch schon seit 10 Jahren um mein eigenes Booking kümmere, hat das sehr gut gepasst. 

regioactive.de: Wie ist es dir ergangen?

Marcel Gein: Ich hatte eine ganz großartige Zeit, habe viel Neues gelernt und gute Freunde gefunden. Dass ich selbst Musik mache, haben die lieben Kollegen von Tapete schnell mitbekommen. Und da es Hamburg sehr gut mit mir meinte, spielte ich gleich nach meiner Ankunft in der Hansestadt viele Konzerte in ganz wundervollen Läden wie dem Molotow, Knust oder dem Haus73. Am Ende meines Praktikums haben wir beschlossen, dass ich ein Album bei Tapete veröffentlichen werde, allerdings ein deutsches.

Neues Album in der Muttersprache

regioactive.de: Wie kam es zum Entschluss, auf dem neuen Album auf Deutsch zu singen?

Marcel Gein: Grundsätzlich ist es natürlich sehr schwierig, als Deutscher, der englisch singt, einen Plattenvertrag zu bekommen. Als Deutscher, der auch auf Deutsch singt, hat man es leichter. Gründe gibt es sicher einige, auch wenn die englische Songqualität deutscher Musiker – wie ich finde – längst auf einem sehr hohen Niveau ist und bestens mit Künstlern aus z.B. Skandinavien mithalten kann. Auf Deutsch zu singen, hat einige Vorteile: Es gibt weniger Konkurrenz und es wirkt authentischer: die Leute können die Texte schneller verstehen und sich besser damit identifizieren. Das ist allerdings gleichzeitig auch die größte Herausforderung der deutschen Musik: So zu texten, dass es nicht gleich schnulzig wirkt und so klingt wie 98% des Radiotrashs.

regioactive.de: Das klingt nach einer echten Herausforderung.

Marcel Gein: Es war für mich einfach absolutes Neuland, das ich sehr gerne nach 10 Jahren des englischen Liedermachens erkunden wollte. Ein Gebiet, in dem ich mich so gut wie gar nicht auskannte, da ich bis auf wenige Ausnahmen auch selbst kaum deutsche Musik höre. Sprich, klassische Vorbilder in der deutschen Musik gab es eben auch keine. Ich habe also das Angebot bekommen, eine deutsche Platte aufzunehmen und dachte mir "Hootenanny, warum denn eigentlich nicht!". Zumal es ja im Prinzip nicht "das neue" Album ist, sondern eben "das erste" Album. Perry O’Parson gibt es ja in ähnlichen Ausmaß weiterhin, nur ist eben jetzt noch ein neues, deutschsprachiges, Projekt dazugekommen.

Im zweiten Teil spricht Marcel Gein über ausnahmsweise entspannte Aufnahmesessions, seine Leidenschaft für amerikanischen Folk und verrät die Zukunft von Perry O'Parson. Und Tourdaten gibt es auch noch.

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Aufnahmen daheim und unterwegs

regioactive.de: Wie funktioniert die Zusammenarbeit beispielsweise was die Produktion angeht?

Marcel Gein: Die Zusammenarbeit bei der Produktion verlief super und war ungewohnt entspannt. Studio ist für mich eigentlich immer die Hölle. Der Druck, dass man einen ordentlichen Take abliefert und die Stimme auch richtig sitzt war für mich jedes Mal eine wirklich große Belastung. Zeit, Geld, Leistung...Es gibt so vieles was einem während den Aufnahmen im Kopf herumschwirrt, dass es wirklich eher unentspannt zugeht.

regioactive.de: Und das war bei der neuen Platte anders?

Marcel Gein: Komplett anders. Nachdem ich den Plattenvertrag bekommen habe, sagte ich zu Gunther Buskies, Chef von Tapete Records, dass ich jede Woche ein neues deutsches Lied aufnehmen und ihm zuschicken werde. Das habe ich auch gemacht, fünfzehn Wochen lang, wovon 12 Stücke auf dem Album gelandet sind. Die Stücke habe ich so gut es geht auch schon arrangiert und mit einem programmierten Drum-Beat aufgenommen. Auf Click (digitales Metronom; Anm. d. Red.) zu spielen war nie so meins, so dass das programmierte Schlagzeug wahre Wunder bewirkte.

regioactive.de: Du hast ja auch mit sehr erfahrenen Musikern und Produzenten zusammengearbeitet.

Marcel Gein: Das ist ein anderer Grund, warum die Produktion so glatt verlief, da mit Gunther und Zwanie zwei ordentliche Profis an Bord waren. Gunther ist ein unglaublich guter Bass-, Klavier- & Synthesizer-Spieler und auch selbst musikalisch bei Die Liga der gewöhnlichen Gentleman aktiv. Zwanie, der früher u.a. bei Fanta4 und Fettes Brot getrommelt hat, ist entsprechend ein sehr guter Schlagzeuger und ein hervorragender Produzent. So saßen wir also zu dritt im Studiokeller, haben Instrumente eingespielt und gerne mal ein Bier getrunken.

Wider den Metalcore

regioactive.de: Uns ist aufgefallen, dass auf den Samples vom neuen Album mehr Band zu hören ist und die Musik ein kleines bisschen poppiger ist. Ist das der Unterschied zwischen der Musik von Perry O'Parson und Marcel Gein?

Marcel Gein: Tatsächlich gibt es kein Stück auf der Platte, das nur aus Akustikgitarre und Gesang besteht. Wir haben sehr darauf geachtet, dass die Stücke ausgebaut werden und eben nicht nur nach klassischem Singer-Songwriter klingen. Die Instrumentierung unterscheidet sich daher von den Perry O’Parson-Alben. Es gibt sehr viele Synthesizer ebenso wie Chöre, E-Gitarren oder Drum-Computer. Die Perry-Alben waren ja meist puristischer und auf das Wesentliche konzentriert.

regioactive.de: Wie hast du eigentlich gelernt, wie ein amerikanischer Folk-Sänger zu klingen?

Marcel Gein: Vielen Dank für das Kompliment. Ich fasse es mal als solches auf. Das ist eine gute Frage und ich weiß gar nicht, ob man so etwas lernt. Vor ca. 10 Jahren habe ich mit drei Freunden Perry O’Parson ins Leben gerufen. Damals fingen wir an uns für die Beatles, Bob Dylan oder Simon & Garfunkel zu interessierten. Danach haben wir festgestellt, dass es ja auch junge Leute gibt, die diese "alte" Musik spielen. Rocky Votolato, Kevin Devine, Denison Wittmer usw. Das war damals alles andere als angesagt. Zu der Zeit waren die Leute bzw. die Kids enorm auf dem Metalcore-Trip. Es gab fernab dieses Genres eigentlich kaum etwas anderes in der Gegend, in der wir aufgewachsen sind.

regioactive.de:  Das hat euch aber offensichtlich nicht abgehalten.

Marcel Gein: Nein! Wir sind zu dieser Zeit alle vier in diese Art von Musik eingetaucht, haben uns sehr viel damit beschäftigt und ganz genau geschaut, wie man denn solche Musik überhaupt macht. Es war irgendwie genau unser Ding. Daraus entwickelten sich die Songs, sie wuchsen, klangen authentisch und irgendwie nach amerikanischem Folk. Heute ist es so, dass ich wirklich sehr, sehr lange an den Liedern herumschraube. Die Perry-Alben hatten immer ein Zeitrahmen von ca. zwei Jahren. Bis ich ein Stück live spiele, existiert es meist schon 18 Monate. Ich nehme mir für die Musik sehr viel Zeit. Vielleicht klingt es ja deshalb so, wie es klingt.

Aussichten & Ausblicke

regioactive.de: Wie geht es mit Perry O'Parson weiter?

Marcel Gein: Perry O’Parson wird es natürlich noch weiterhin geben. Jetzt stehen zwar erst einmal ein paar Konzerte von diesem deutschen Typen an, dann wird jedoch wieder Perry aus dem Schrank geholt, denn die zwei Projekte laufen parallel. Ich bin schon seit dem Spätjahr dran, Demos für das neue Album auszuarbeiten und weiter aufzunehmen. Denn das habe ich bei dem deutschen Album gelernt, wenn man sich gut für das Studio vorbereitet, kann man die Nächte davor auch beruhigt schlafen.

regioactive.de: Du warst ja dieses Jahr schon auf ausgedehnter Tour und gibst auch im Dezember einige Konzerte? Ist schon etwas für 2015 in Planung?

Marcel Gein: Ja, absolut! Anfang Dezember habe ich ein sehr schönes Musikvideo mit den Mannheimern Simon & Paul aufgenommen. Auf diese Veröffentlichung freue ich mich schon sehr. Dann gibt’s ja Ende Januar endlich das Album auf dem Markt, worauf natürlich auch ein paar Konzerte folgen. Sprich, im März wird es eine schöne Tour geben!

Marcel Gein live 2015

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