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Stefan Honig © Dominik Pietsch

Stefan Honig alias Honig gehört zu den großen deutschen Songwriter-Talenten. Er supportete bereits Bands wie Kettcar, Kasabian und Thees Uhlmann. Vor kurzem veröffentlichte er sein zweites Album "Empty Orchestra". Unser Redakteur Daniel Voigt traf den sympathischen Düsseldorfer zu einem Interview in einem Berliner Café und sprach mit ihm über seine Musik, seine Metal-Vergangenheit, das Meer und oft verwendete bildliche Metaphern.

regioactive.de: Warum hast du deine Band nach deinem Nachnamen benannt?

Stefan Honig: Die Entscheidung wurde aus einer Impulshandlung geboren. Es hat sich einfach ergeben, als ich zusammen mit einem Freund darüber nachdachte.  Wenn ich Müller heißen würde, hätte ich es nicht gemacht. Aber da Honig mit positiven Assoziationen verknüpft ist, fand ich Honig als Bandnamen passend. Wobei es – um ehrlich zu sein – auch eine Zeit gab, wo ich mich fragte, ob man sich so nennen kann, wenn man englische Texte schreibt. Aber mit dem zweiten Album habe ich mich nun final dafür entschieden und so bleibt es jetzt auch.

regioactive.de: Dein Album heißt Empty Orchestra. Klingt dieser Titel nicht widersprüchlich?

Stefan: In der Tat. Übersetzt ist es nach dem japanischen Wort "Karaoke". Ich habe das in einem Artikel gelesen und es klang so schön und passte zum Album. Denn ich habe mit mir selbst ja zunächst nur ein leeres Orchester vorgefunden. Im Laufe der Albumaufnahmen füllte sich das Orchester aber mit immer mehr Freunden, die mir bei der Platte geholfen haben.

"In meinem Kopf erklang schon immer ein Orchester"

regioactive.de: Hast du den Titel auch deshalb gewählt, weil du früher oft alleine getourt bist?

Stefan: So kann man es sehen. Ich stand lange alleine auf der Bühne, doch in meinem Kopf habe ich die Songs schon immer zusammen mit einem illusionären Orchester erklingen lassen. Ich hatte bisher nur wenig Auftritte mit Band, aber ich freue mich sehr darüber.  Es ist dann doch schöner, auch mal das Schlagzeug oder den Bass in die Musik einbauen zu können. Mit den meisten Bandmitgliedern spiele ich sowieso seit fast zehn Jahren in verschiedenen Projekten zusammen – insofern sind wir gut eingespielt. Aber das Beste ist, dass die Songs auf Tour jetzt endlich genauso klingen wie auf der Platte. Zwar ist es mit dem ganzen Anhang finanziell eine völlige Katastrophe, doch dass die Konzertbesucher auf der Bühne das erleben können, was sie nach dem Hören der Platte erwarten, das war ein großes Anliegen von mir. 

regioactive.de: du hast früher viel Metal gehört. Wie fließt dieser Einfluss heute in deine Musik ein?

Stefan: Ja, früher hatte ich auch lange Haare. Mein Musikgeschmack hat sich aber ziemlich verändert. Ich kann mit Metal zwar noch was anfangen, aber ich höre es nicht mehr – auch wenn ich noch weiß, was mich daran damals begeisterte. 

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regioactive.de: Das Album hast du in Tschechien in einem alten Haus aufgenommen..

Stefan: Zumindest die meisten Songs. Es ist das alte Haus von der Tante eines guten Freundes. Sie wohnt in Tschechien und wir besuchten sie als Band schon oft, zum Proben und Songschreiben. Es ist ein wunderschönes Haus und war gut geeignet, um sich zehn Tage am Stück nur auf das Aufnehmen der Platte zu konzentrieren. Die Tante, mit der ich mich sehr gut verstehe, hat uns jeden Abend gekocht, es kamen Freunde von ihr und wir haben zusammen Lageerrfeuer gemacht. All das hat mir sehr gefallen.

regioactive.de: Bist du ein naturverbundener Mensch?

Stefan: Ich lebe zwar  in Düsseldorf und bin nicht der Typ, der jedes Wochenende wandern geht, aber in meiner Kindheit habe ich mich viel mit Biologie beschäftigt. Vielleicht wurde ich da auch von meinem Vater beeinflusst, der ein großer Reisefan war. Der Natur bediene ich mir auch in meiner Bildsprache sehr oft. Ich bin kein Songwriter, der unbedingt eine Geschichte erzählen will – bildliche Sprache ist mir wichtiger. Ich benutze sie oft auch unbewusst.

regioactive.de: Gibt es da bestimmte Metaphern?

Stefan: Eigentlich nicht, aber wenn du mich so fragst, dann glaube ich, dass das Meer bei mir am häufigsten eine Rolle spielt. Ich dachte mal über eine Trilogie über das Meer nach, doch am Ende wurden es nur zwei Songs und dann habe ich diesen Gedanken wieder verworfen.

regioactive.de: Ich finde, das Hoffnungsvolle deiner Musik passt auf eine gewisse Weise auch zum Freiheitsgefühl, welches das Meer verkörpert...

Stefan: Die Metapher des Meeres kann man auf vielen Ebenen einsetzen. Das Meer macht das Unendliche und Mysteriöse aus. Da das Meer das einzige Stück Erde ist, das noch nicht vollends erforscht wurde, bietet es so viele Interpretationsmöglichkeiten. In einer meiner Songs heißt es deshalb:  "Warum willst du zu den Sternen, wenn du noch nicht einmal weißt, wie hier alles funktioniert".

regioactive.de: Der Entdeckerinstinkt scheint bei geweckt. Dazu passt, dass du im Video zu deinem Song For Those Lost And Sea in See stichst..

Stefan: In dem Song finden mich die Meerjungfrauen in der Rakete auf dem Grund des Meeres mit einem Sternen-Bild in meiner Hand. Die Figur versucht zu den Sternen zu kommen, aber stürzt stattdessen im Meer ab.

regioactive.de: Auf dem Meer ist man für sich allein und mit sich selbst konfrontiert. Was bedeutet Alleinsein für dich und wie viel Zeit benötigst du für dich persönlich?

Stefan: Ich kann glücklicherweise für mich persönlich sagen, dass ich mich sehr selten einsam fühle. Einsamkeit klingt, als würde einem etwas fehlen. Aber ich mag es, einfach nur für mich zu sein und meine eigenen Dinge zu tun. Prinzipiell bin ich jedoch ein sozialer Mensch und froh, dass ich meine Freunde und meine Freundin habe. Ich würde sagen, dass ich manchmal einfach nur eine Auszeit brauche.

"Ich brauche nicht viel Sicherheit im Leben"

regioactive.de: Deine Musik klingt nach Aufbruchsstimmung.  Betrittst du auch persönlich gerne neue Ufer?

Stefan: Mein letzter Schritt, den ich in dieser Hinsicht gemacht habe, war mein Job zu kündigen und mein Leben nur noch mit Musik und meinen Konzerten zu finanzieren. Ich bin kein Mensch, der viel Sicherheit im Leben braucht oder einen  Job haben muss, der mir eine feste Rente zusichert. Ich will die Dinge lieber auf mich zukommen lassen und es einfach probieren – auch wenn immer die Gefahr besteht, dass etwas schiefläuft. Ich mache mir immer erst Gedanken über Probleme, wenn sie da sind. Meine Freundin macht sich dagegen schon vorher diese "Was-wäre-wenn-Gedanken". Wir lachen uns manchmal über unsere Verschiedenheit in diesem Punkt kaputt.

regioactive.de: Einer deiner Songs heißt Hometown. Was bedeutet Heimat für dich?

Stefan: Ich lebe in Düsseldorf, komme aber aus einem kleinen Dorf am Niederrhein. Den Song habe ich genau aufgrund dieser Frage geschrieben: Ein Freund hat damals ein Film für die Uni gemacht und gefragt, ob ich nicht in die Kamera ein Statement abgeben kann, was Heimat für mich bedeutet. Heimat betrachte ich nicht unbedingt als Ort, sondern als Gefühl, also als das, wo ich mich wohl fühle. Das hängt mehr mit den Leuten zusammen, mit denen ich unterwegs bin, als dass ich mein Zuhause vermisse, wenn ich weg bin. Orte, die mit Personen in Verbindung stehen, sind mir wichtiger als der traditionelle Begriff von "Heimat". Ich weiß zwar noch, in welchem Haus ich als Kind aufwuchs, doch eine emotionale Verbindung an dieses Haus habe ich nicht mehr.

regioactive.de: Viele Freunde halfen dir beim Produzieren des Albums. Wie haben sie dich inspiriert?

Stefan: Ich habe bewusst Leute gefragt, die verstehen, was ich mit der Platte machen möchte. Ich habe einigen davon meine Ideen vorab geschickt und sie haben ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge dann wiederum an mich zurückgeschickt – das war inspirierend. Wichtig war mir, dass ich Feedback von anderen bekam und Freunde drüber hörten, bevor ich meine Musik veröffentlicht habe. Wenn man nicht im Austausch steht, neigt man zu einem Tunnelblick. Mir war zwar wichtig, dass ich die Platte nach meinen Vorstellungen mache, aber ich habe ja auch nur das als Veränderung zugelassen, was ich positiv empfand und auf die ich nicht selbst gekommen wäre.

Vielen Dank für dieses Interview!

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